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Made in Bremen Mit „Murphys Gesetz“ fing alles an

Der Computerspiele-Entwickler King Art Games arbeitet mit insgesamt 40 Mitarbeitern und verwendet Methoden wie Crowdfunding für das neue Projekt
30.06.2018, 20:15 Uhr
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Von York Schaefer

Wenn man von jemandem ernsthaft behaupten kann, das Hobby, oder besser die schon in der Kindheit entwickelte Leidenschaft, zum Beruf gemacht zu haben, dann sind das Jan Theysen und Marc König, die Gründer des Computerspiele-Entwicklers King Art Games. Theysen kommt aus Grolland, König aus Stuhr, beide sind 1979 geboren, seit der dritten Klasse sind sie zusammen zur Schule gegangen. Schon etwa Mitte der 80er-Jahre – weit früher als es damals üblich war – hatten sie über ihre Eltern Zugang zu Computern.

„Wir waren schon zu Schulzeiten die Go-to-guys, die man fragte, wenn es um Computer und Videospiele ging“, erzählt Theysen, in dessen Wohnung in der Bremer Neustadt er und sein Kompagnon das Unternehmen King Art Games im Jahr 2000 gründeten – vorerst nur als kleine Klitsche für Webdesign und Multimedia-Anwendungen. Startkapital damals: 800 Mark und zwei Rechner.

Heute sitzt das Entwicklungsstudio im Dettmer-Haus an der Tiefer, man hat 40 Mitarbeiter, der Jahresumsatz 2015 lag bei gut 1,76 Millionen Euro. Jüngst hat man über eine Crowd-funding-Kampagne gut 1,5 Millionen Dollar für die Entwicklung des neues Spiels „Iron Harvest“ generiert, so viel Geld wie noch nie zuvor im Spielebereich in Deutschland.

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Auf dem Flur von King Art Games stehen Figuren der dort entwickelten Fantasy-PC-Spiele wie „The Book of Unwritten Tales“, in einer Ecke hängt eine Plastik-Axt. Über dem Schreibtisch von Jan Theysen klärt ein Plakat den Betrachter über die grenzenlose Begeisterungsfähigkeit von Nerds auf.

Diese Art von gesteigertem Interesse war gerade damals, in Prä-Internetzeiten, auch notwendig, wenn man nicht nur spielen, sondern auch dahinter kommen wollte, wie PC-Spiele funktionieren, wie sie aufgebaut und programmiert sind. „Es gab ungefähr ein Buch über die Programmiersprache Turbo Pascal, die wir anfangs benutzt haben“, erinnert sich Theysen an die schwierigen Startbedingungen. Zudem war Deutschland zu dieser Zeit Entwicklungsland in Sachen Spieleentwicklung. Studiengänge wie Game Design, in Ländern wie den USA und England schon damals längst etabliert, gibt es hierzulande erst seit etwa zehn Jahren.

Erstes großes Spiel war "The Book of Unwritten Tales"

Also hieß es für Marc König und Jan Theysen, viel selber auszuprobieren. Learning by doing, die beiden Firmengründer orientierten sich bei ihrer Arbeit an erfolgreichen Adventure-Spielen wie „Indiana Jones“. Ihr erstes eigenes Spiel, ein sogenanntes Browsergame, entwickelten sie ohne Auftrag und Bezahlung. In „Murphys Gesetz“ geht es um einen Familienvater, der von einer Katastrophe in die nächste stolpert.

„Dabei ging es vor allem darum zu zeigen, dass wir Spiele entwickeln können“, erklärt Marc König, studierter Betriebswirt und heute Mann der Zahlen im Unternehmen, in dem sich Jan Theysen mehr um den kreativen Part kümmert. Murphys Gesetz kam gut an, neun Jahre lang entwickelte King Art Games in der Folge unter anderem Sportspiele für die Internetpräsenz von Fernsehsendern wie RTL und Sport 1.

Ihr erstes großes Spiel für den Verkauf als CD-Rom war 2009 „The Book of Unwritten Tales“. Inhaltlich zwar ein Erfolg, aber als der Publisher, also die Vertriebsfirma, Pleite machte, war auch King Art Games in seiner Existenz bedroht. „Die Spielebranche ist eine Hit-getriebene Branche, ein oft schwer zu kalkulierendes Geschäft“, weiß Jan Theysen. „Mit einem Spiel verdient man viel Geld, wenn dann aber die nächsten ein, zwei Projekte nicht erfolgreich sind, gerät man schnell in Schieflage“.

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Die Umsätze in der Branche sind allerdings bedeutsam. Mehr als 3,3 Milliarden Euro wurden laut Game, dem Verband der deutschen Spiele-Branche, 2017 im gesamten Videospielmarkt in Deutschland erzielt. Aber nur sechs Prozent des Umsatzes würden von deutschen Entwicklern erwirtschaftet, sagte jüngst Verbandschef Felix Falk dem WESER-KURIER.

Seit dem Missgeschick mit dem Spiel „The Book of Unwritten Tales“ hat sich King Art Games breiter aufgestellt. „Wir arbeiten seitdem eigentlich immer an drei Spielen parallel, die auf verschiedenen Plattformen erhältlich sind. Also in physischer Form und digital, für PC und Konsolen und für verschiedene Zielgruppen“, erläutert Firmenchef Marc König.

Ein größeres Spiel bringt das Unternehmen pro Jahr heraus, für die Entwicklung vergehen oft zwei Jahre. Bei „Iron Harvest“ („Eiserne Ernte“), dem bisher ambitioniertesten Projekt der Bremer Entwickler, werden es um die vier Jahre sein, Gesamtkosten um die fünf Millionen Euro. Zum Vergleich: Große, internationale Entwicklungsfirmen geben auch mal 50 Millionen Dollar für ein Spiel aus.

Gute Verhandlungsposition

Durch die erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne hat King Art Games eine gute Verhandlungsposition bei künftigen Partnern. „Neben dem Geld zeigt eine solche Kampagne, dass ein Spiel bei den Leuten ankommt. Es entsteht bereits eine Community, die uns Feedback für unsere Entwicklungsarbeit geben kann“, erklärt Marc König den mehrfach positiven Effekt.

Die Inspiration zu „Iron Harvest“, einem Echtzeitstrategie-Spiel in düsterer, retro-futuristischer Optik, kommt von den Bildern des polnischen Künstlers Jakub Różalski. „Es geht mehr um strategisches Geschick und Planung, weniger um Action“, erklärt Jan Theysen. Ende 2019 soll das Spiel fertig sein. Bei Hunderten neuer Spiele, die jedes Jahr auf den deutschen Markt kommen, ist dann die Vermarktung die große Herausforderung für King Art Games.

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