Die Handelskammer Bremen will gerichtlich gegen die Ausbildungsabgabe vorgehen. Das hat das Gremium am Freitag mitgeteilt, nachdem das Gesetz dazu am Donnerstag in der Bremischen Bürgerschaft mit den Stimmen der Regierungsparteien beschlossen wurde. Die Handelskammer will nun den Antrag auf ein sogenanntes Normenkontrollverfahren einleiten. Womöglich werden sich weitere Kammern dem Antrag anschließen.
Vor der Abstimmung in der Bürgerschaft hatte die Handelskammer ein Gutachten vorgelegt, in dem der Verfassungsrechtler Christian Waldhoff von der Berliner Humboldt-Universität schwerwiegende Bedenken geäußert hatte. Auch wenn das Gesetz zum Ausbildungsfonds in modifizierter Form verabschiedet wurde, bleiben laut Waldhoff Bedenken bestehen. Die Handelskammer hatte in ihren Gremien entschieden, rechtliche Schritte einzuleiten, sollte das Gesetz trotz der Bedenken und des massiven Protestes von mehr als 30 Kammern und Verbänden verabschiedet werden.
Staatsgerichtshof soll prüfen
Handelskammer-Präses Eduard Dubbers-Albrecht sagte, dass die Wirtschaft in Bremen und Bremerhaven weiterhin geschlossen das Gesetz ablehnen: „Gegen jede Vernunft hat die Bürgerschaft den Ausbildungsfonds gestern beschlossen und missachtet die gutachterlich bestätigten verfassungsrechtlichen Bedenken und den massiven Protest der Wirtschaft." Der Präses befürchtet, dass der Fonds die Arbeitskosten im kleinsten Bundesland erhöhen, den Standort schwächen und nicht zur Verbesserung auf dem Ausbildungsmarkt beitragen wird. Deshalb werde die Handelskammer eine Klage im Rahmen eines Normenkontrollantrages beim Staatsgerichtshof einreichen, um die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes mit der Bremer Landesverfassung überprüfen zu lassen. Bei der Debatte in der Bremischen Bürgerschaft zur Ausbildungsabgabe sagte aus den Reihen der Regierungsparteien Robert Bücking als wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen: "Ich glaube, wir haben uns da verbastelt." Er zweifelte auch daran, ob dieser Fonds die Ausbildungszahlen verbessern werde.
Verfassungsrechtler Waldhoff sieht weiterhin Probleme, zum Beispiel bei der fehlenden Finanzierungsverantwortung: Sind es die Unternehmen, die die Verantwortung dafür haben und die Kosten tragen sollen, dass Jugendliche nicht ausbildungsfähig sind? Als Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) die Pläne für den Fonds präsentierte, antwortete er auf die Frage, was ihn so sicher mache, dass Bremen da seine Gesetzgebungskompetenzen nicht überschreite: "Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand."
Das Gesetz zum Ausbildungsfonds sieht vor: Betriebe ab fünf Beschäftigten aufwärts sollen 0,3 Prozent ihrer Bruttolohnsumme in den Fonds einzahlen. Für jeden Azubi erhalten sie im Gegenzug pro Jahr 2500 Euro. Die Mittel aus dem Fonds sollen außerdem dazu dienen, zum Beispiel pädagogische Unterstützung für lernschwächere Azubis zu finanzieren. Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Volker Stahmann, sagte am Donnerstag bei der Debatte in der Bürgerschaft, dass es sich hier nicht um ein starres Konstrukt handeln solle: "Der Fonds soll kein Dogma sein." Der Fonds mit seiner Ausbildungsabgabe solle sich über die Jahre weiterentwickeln: "Und dafür braucht man auch die Unterstützung der Handelskammer und der Handwerkskammer." Handelskammer Präses Dubbers-Albrecht sagte dem WESER-KURIER abschließen: "Der Ausbildungsfonds ist einfach eine sinnlose Methode, um die Ziele zu erreichen, nämlich junge Menschen in Ausbildung zu bekommen. Bei dem Ziel liegen wir ja nicht weit auseinander, denn wir wollen ja auch junge Menschen in Ausbildung bringen."