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Zugfusion Neue Zugverbindung

Freie Fahrt für das Zugbündnis: Siemens und Alstom haben für eine deutsch-französische Zugfusion zueinander gefunden. Die Bundesregierung hat die geplante Zusammenlegung des Bahngeschäfts begrüßt.
27.09.2017, 21:44 Uhr
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Von Christine Schultze und Sebastian Kunigkeit

Im zweiten Anlauf haben Siemens und Alstom doch noch zueinandergefunden. Mit ihrer deutsch-französischen Zugfusion treiben die Unternehmen die lange erwartete Konsolidierung in der Branche voran. Im Himmel wird die Hochzeit nicht geschlossen – dafür ist das Wettbewerbsumfeld mit dem neuen Riesen-Konkurrenten CRRC aus China zu hart.

Und vor allem in Frankreich gibt es auch Zweifel, ob Alstom mit seinem Aushängeschild – dem Hochgeschwindigkeitszug TGV – nicht unter die Räder kommt. Trotzdem wird der Zusammenschluss als vernünftig gelobt und hat den Segen beider Regierungen. Siemens-Chef Joe Kaeser aber weiß, dass gerade in Frankreich bei so einem Projekt auch politisches Fingerspitzengefühl gefragt ist.

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Bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Alstom-Chef Henri Poupart-Lafarge beschwört er die Vorteile für beide Partner und hebt Verbindendes hervor. Das ganze Konstrukt – von der ganz knappen Mehrheit für Siemens über den Firmensitz und die Börsennotierung in Frankreich bis hin zur operativen Führung für die Franzosen – ist fein austariert.

Schließlich soll es eine „Fusion unter Gleichen“ sein. Abseits der Macht- und Mehrheitsverhältnisse aber geht es dann doch vor allem ums Geschäft, lässt Kaeser wissen. Denn ausschlaggebend sei allein der Erfolg bei den Kunden. Seit Jahren schon hatte der Siemens-Chef auf die Notwendigkeit von Zusammenschlüssen in der Branche hingewiesen.

Auf Dauer allein aufgeschmissen

Bereits 2014, beim Übernahmepoker um Alstom gegen den US-Rivalen General Electric, war eine Zug-Fusion mit den Franzosen im Gespräch. Damals sahen Arbeitnehmervertreter den Plan noch kritisch. Doch heute zeichnet sich deutlich ab, dass die drei europäischen Hersteller Siemens, Alstom und Bombardier auf Dauer allein aufgeschmissen wären gegen die Wettbewerber aus Fernost.

Selbst der Kunde Deutsche Bahn streckt schon die Fühler nach günstigen Komponenten der Chinesen aus. In den Verhandlungen haben sich Unternehmens- und Arbeitnehmervertreter auf einen Kompromiss geeinigt, der nicht nur die Mitbestimmung in der fusionierten Firma absichern soll, sondern auch vierjährige Standort- und Beschäftigungsgarantien enthält.

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Dass man danach um gewisse Einschnitte wohl kaum herumkommen wird, ist auch den Arbeitnehmern klar. Alstom und Siemens mit zusammen weltweit rund 60 300 Beschäftigten in dem Geschäft sind in ähnlichen Märkten unterwegs – und haben bei ihren Produkten sowohl Überschneidungen als auch Ergänzungen. Einsparpotenziale könnten sowohl im Einkauf als auch im Vertrieb und Projektmanagement zu heben sein.

Das könnte nach dem Ende der Beschäftigungsgarantien auch einen Stellenabbau nach sich ziehen – schon kursieren erste Schätzungen von 3000 Jobs, die dann ins Wanken kommen könnten. Siemens beschäftigt in Deutschland rund 13.500 Menschen im Zuggeschäft, vor allem an den Standorten Krefeld und Braunschweig sowie unter anderem in München-Allach, Erlangen und Berlin. Bei Alstom sind es in Deutschland 3000 Beschäftigte.

Kooperationsprojekt von europäischem und globalem Rang

Bei der Gewerkschaft IG Metall hebt man dennoch die Chancen hervor. Angesichts des schärferen Wettbewerbs und des Umbruchs in der Branche müsse sich die europäische und deutsche Bahnindustrie neu aufstellen, erklärte IG-Metall-Vorstandsmitglied und Siemens-Aufsichtsrat Jürgen Kerner nach der Bekanntgabe der Fusionsentscheidung: „Der Zusammenschluss von Siemens und Alstom kann ein Schritt in diese Richtung werden.“

Die Bundesregierung hat die geplante Zusammenlegung des Bahngeschäfts begrüßt. Dies sei ein Kooperationsprojekt von europäischem und globalem Rang, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Die Entscheidung sei ein klares Signal, dass der europäische Binnenmarkt auch in der Realität der Unternehmen zusammenwachse. Positiv sei auch, dass bei der Entscheidung Arbeitnehmervertreter und Management von Siemens abgestimmt vorgehen.

Zu begrüßen sei, dass es an den wichtigen Standorten beider Unternehmen in Deutschland und Frankreich „gleichgerichtete Zusagen“ zum Erhalt der Beschäftigung gebe. „Wir sehen bei beiden Partnern ein hohes Innovationspotenzial“, sagte Seibert weiter. Die Bahnindustrie in Deutschland und Europa sei ein wichtiger Wirtschaftszweig und ein Motor der Innovation für die Mobilität der Zukunft.

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