Die Bremer Handelskammer will am Ausbildungspakt, auch „Bremer Vereinbarung“ genannt, festhalten. Das sagte Kammer-Hauptgeschäftsführer Matthias Fonger bei der Präsentation des statistischen Jahresberichts für das vergangene Jahr. Die langjährige und vertrauensvolle Zusammenarbeit der Partner im Ausbildungspakt müsse auch in Zukunft fortgesetzt werden. Als einen der ganz pragmatischen Gründe dafür nannte Fonger: „Ob Auszubildende, Studienabsolventen oder qualifizierte Fachleute: Viele Unternehmen finden keine geeigneten Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, ist Bildung eines der großen Zukunftsthemen für den Wirtschaftsstandort Bremen."
Allerdings bräuchten die Berufsschulen eine gute personelle und sachliche Ausstattung und Investitionen in die Gebäude. Und die Attraktivität der dualen Ausbildung müsse erhöht werden durch eine umfassende, gezielte und individuelle Berufsorientierung an den allgemeinbildenden Schulen.
Die Bremer Vereinbarung, die Politik, Gewerkschaft und Wirtschaft im Jahre 2014 geschlossen hatten, sah vor, spätestens 2017 insgesamt 7800 Ausbildungsstellen anzubieten. Diese Zahl wurde im abgelaufenen Jahr nicht erreicht. Seitens der Unternehmen hieß es, dass sie keine geeigneten Bewerber finden würden. Seitens des Wirtschaftssenators wurde dagegen über eine Ausbildungsumlage nachgedacht: Unternehmen, die nicht ausbilden, sollen stattdessen zahlen. Das gab Unfrieden zwischen den Partnern.
Gespräche dauern an
Inzwischen sitzen alle Akteure der Bremer Vereinbarung aber seit Monaten an einem Tisch, um einen neuen Ausbildungspakt auf den Weg zu bringen. „Das wird wohl nach der Sommerpause irgendwann im Frühherbst so weit sein“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Bremer Handelskammer. Wie der sich ausgestalten wird, also ob es dann wieder wie schon 2014 eine bestimmte Zahl geben soll, oder eher einen Zahlenkorridor, oder auch qualitative Ziele für die Ausbildung, darüber war nichts zu erfahren. Im Rahmen der Vereinbarung könne man auch verfolgen, wie es damit läuft, Flüchtlinge in eine Ausbildung zu bringen. Fonger sagte zum Thema Flüchtlinge und Ausbildung: „Ich glaube, das ist für das nächste Jahr eine Aufgabe – einfach mal ein Zwischenfazit oder eine Zwischenevaluierung ziehen.“ Die Einrichtung der Jugendberufsagentur sieht Fonger ebenso als richtigen Schritt, „sie erzielt bisher aber noch nicht die richtige Wirkung.“ Dies gelte es, zu verbessern.
Handelskammer-Präses Harald Emigholz lobte die Entwicklung der bremischen Wirtschaft. Die Kammer gab das Wirtschaftswachstum im Lande Bremen für 2017 preisbereinigt mit 3,3 Prozent an gegenüber dem Vorjahr – das war das höchste Wirtschaftswachstum aller Bundesländer, das im Bundesdurchschnitt bei 2,2 Prozent lag. Die Wirtschaft sei auch weiterhin auf Wachstumskurs, wenn es auch zunehmende Risiken gebe.
Positive Stimmung seitens der Bremer Unternehmer
Emigholz sagte: "Die bremische Wirtschaft kann auf eine starke konjunkturelle Entwicklung des vergangenen Jahres zurückblicken. Der Aufschwung wurde von einer starken Binnennachfrage getrieben. Hohe Beschäftigungszahlen sowie steigende Löhne und Gehälter befeuerten die private Konsumnachfrage." Der Handelskammer-Konjunkturindikator für das Land Bremen lag zum Jahresende 2017 auf dem höchsten Niveau seit 2011. Die bremischen Unternehmen meldeten im Jahresverlauf eine zunehmende Bereitschaft für Investitionen.
Auch für 2018 zeichne sich eine positive wirtschaftliche Entwicklung ab, wenn auch nicht ganz so gut wie noch zum Jahreswechsel prognostiziert wurde. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat seine Wachstumsprognose kürzlich von plus 2,7 auf plus 2,2 Prozent gesenkt. Die bremischen Unternehmen wollen laut der Handelskammer-Konjunkturumfrage weiter verstärkt investieren und zusätzliches Personal einstellen.
Mehr Einpendler in Bremen
Allerdings ist auch die Einpendlerquote leicht gestiegen – also die Quote derer, die in der Stadt Bremen arbeiten und im niedersächsischen Umland wohnen. Diese Quote ist laut Handelskammer gegenüber dem Vorjahr um einen Prozentpunkt auf 43 Prozent gestiegen. In Bremerhaven lag die Einpendlerquote bei 45 Prozent. Daher ist es laut Emigholz notwendig, im Sinne einer wachsenden Stadt für ausreichenden Wohnungsbau zu sorgen. Dazu müssten dauerhaft 2500 Wohneinheiten pro Jahr entstehen, darunter auch ausreichend Einfamilienhäuser. Laut Emigholz sollte eine Wohnbebauung in der Osterholzer Feldmark und in Brokhuchting kein Tabu mehr sein.
Abschließend bleiben für die stark exportorientierte Wirtschaft im Land Bremen die außenwirtschaftlichen Risiken, die durch den Handelskonflikt mit den USA und die politische Lage in Italien aktuell noch zugenommen haben, weiterhin relevant. Zudem droht die angespannte Fachkräftesituation zur Wachstumsbremse zu werden. „Zwei Drittel der Jobs in der Industrieproduktion im Lande Bremen hängen vom Export ab“, ergänzte Hauptgeschäftsführer Fonger. Er kritisierte diejenigen, die populistisch sagen: "Wir wollen keine Globalisierung, wir wollen zurück zur Nationalisierung." Dieser Protektionismus sei der falsche Weg, so Fonger: "Wenn man den Freihandel infrage stellt, dann sind es die Jobs unser Bremer und Bremerhavener, die auf dem Spiel stehen."