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"Ökotest"-Analyse Spuren von Unkrautvernichter Glyphosat im Beck's nachgewiesen

Die Zeitschrift "Ökotest" hat bei einer Analyse im Beck's geringe Spuren von Glyphosat entdeckt. In welchen anderen Premiumbieren die Tester ebenso den Unkrautvernichter aufgespürt haben.
31.05.2022, 17:44 Uhr
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Spuren von Unkrautvernichter Glyphosat im Beck's nachgewiesen
Von Florian Schwiegershausen

Das Deutsche Reinheitsgebot von 1516 besagt, dass Bier nur aus vier Rohstoffen bestehen darf: Das sind Malz, Hopfen, Hefe und Wasser. Von Unkrautvernichter war damals vor mehr als 500 Jahren nicht die Rede. Doch eben den hat das Frankfurter Magazin „Ökotest“ bei seiner aktuellen Bieranalyse in Beck’s-Bier gefunden. Darin seien Spuren des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat festzustellen gewesen, so die Tester. Wie hoch genau die Konzentration ist, wollten die Magazin-Redakteure dem WESER-KURIER auf Nachfrage nicht sagen. Auf alle Fälle liege die gemessene Menge ganz deutlich unterhalb des erlaubten Grenzwerts.

Brauerei spricht von "Abdrift"

Doch wie ist das Glyphosat ins Beck’s gekommen? Für den Sprecher von AB Inbev Deutschland, Fried Allers, steht außer Frage: „Mit Glyphosat behandeltes Getreide darf nicht zur Herstellung von Bier verwendet werden, und daran halten wir uns.“ Alle Produkte werden laut Allers hinsichtlich ihrer Qualität regelmäßig von unabhängigen Instituten getestet. Warum dennoch Spuren von Glyphosat gefunden wurden, könnte Allers zufolge so erklärbar sein: „Aktuell gehen wir davon aus, dass es durch sogenannten Abdrift zu geringsten Einträgen in das Getreide kommt, das später zu Malz verarbeitet wird.“ Mit Abdrift ist gemeint, dass Wind den Unkrautvernichter in kleinen Mengen von Nachbarfeldern herübergeweht haben könnte.

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Allers betont, dass die Menge weit unter den gesetzlich erlaubten Grenzwerten liege. „Dennoch arbeiten wir hart daran, den Wert noch weiter zu senken.“ Die Ergebnisse von "Ökotest" werde das Unternehmen „trotz der kaum nachweisbaren Menge“ genau untersuchen.

Glyphosat auch im Jever und Flensburger

Beck’s ist nicht das einzige Bier, in dem die "Ökotest"-Redakteure Spuren von Glyphosat finden konnten. Auch in Bier der Marken Jever, Flensburger, Holsten oder auch Krombacher entdeckten die Tester geringste Mengen des Unkrautvernichters. Insgesamt waren es zwölf der 50 überprüften Biere, in denen sich Glyphosat nachweisen ließ. In Hasseröder und im Pilsner Urquell, das ebenfalls zu AB Inbev gehört, wurde dagegen kein Unkrautvernichtungsmittel gefunden, ebenso wenig in Bitburger oder auch Schulten Bräu, einer Eigenmarke eines führenden Discounters, das den Spitznamen „Aldis Rache“ trägt.

Katja Tölle, stellvertretende Chefredakteurin von „Ökotest“, sagt über den Test: „Glyphosat ist zwar nachweisbar, allerdings durch die Hauptzutat Wasser so sehr verdünnt, dass es eher als Umweltproblem im Anbau denn als akutes gesundheitliches Problem zu bewerten ist.“ Im Test wurde jedes Bier mit Glyphosat eine Note schlechter bewertet. Tölle stellt fest: „Dennoch sind auch solche Spuren aus unserer Sicht natürlich nicht wünschenswert, zum einen, weil wir tagtäglich aus vielen verschiedenen Quellen Pestizide aufnehmen und die Wirkungen an sich wenig, aber vor allem die Bedeutung von Kreuzkontaminationen völlig unklar ist.“ Zum anderen stehe Glyphosat im Verdacht, krebserzeugend zu sein, weshalb es aus Sicht von "Ökostest" überhaupt nichts in Lebensmitteln zu suchen hat. „Die Mehrzahl der Biere schafft das ja auch“, gibt die Journalistin zu bedenken.

Eines von 50 Bieren mit Note "Ungenügend"

Insgesamt bekam Beck’s - wie 16 andere Biere auch – letztlich das Prädikat "Gut". Mit „Sehr gut“ wurden 28 Biere bewertet. Wobei für die Geschmacksbeurteilung geschulte Sensoriker hinzugezogen worden seien, heißt es bei "Ökotest". Als einziges Pils erhielt das Pinkus aus Münster ein „Ungenügend“. Die Tester fanden zwar kein Glyphosat in der Flasche, dafür aber Pediokokken. Dabei handelt es sich um Milchsäurebakterien, die laut „Ökotest“ für den Menschen zwar nicht schädlich, für den Geschmack aber abträglich sind. Im Pils nach deutscher Brauart führten sie zu einem unerwünschten buttrigen Fehlgeschmack. In anderen Lebensmitteln wie beispielsweise Sauerkraut oder Joghurt erfüllten die Bakterien dagegen wichtige Aufgaben, so "Ökotest". Beim Bier bedeuteten sie jedoch eine „erhebliche Qualitätsminderung“, weshalb Pinkus am Ende die schlechteste Note von allen 50 verglichenen Bieren bekommen hat.

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Ein „Mangelhaft“ gab es für das Kaiserkrone Pils – eine  Eigenmarke des Discounters Norma, der vor allem Filialen außerhalb des Weser-Ems-Gebiets betreibt. Hier kritisierten die Tester, dass auf der Flasche die Angabe des Brennwerts fehlt, also die Kalorienangabe. Abzug gab es auch dafür, dass die PET-Einwegpfandflasche aus weniger als 50 Prozent recyceltem Plastik hergestellt wurde. Denn auch darauf hatten die Tester ein Auge. Sie orientierten sich insgesamt an den Richtwerten, wie sie der Verband Private Brauereien festlegt, wenn es um die Verbrauchererwartungen an ein Pils geht.

Beck's nun auf das Unkraut im Garten kippen?

Beck’s ist den Angaben zufolge trotz des Glyphosatfunds also auch weiterhin trinkbar. Wer jetzt auf die Idee kommen sollte, das Bier stattdessen im Garten oder auf der Parzelle auf Quecken oder Giersch zu kippen, darf sich wegen der geringen Schadstoffmengen allerdings kaum Hoffnung auf eine durchschlagende Wirkung machen.

Zur Sache

Bayer drohen Millionenklagen wegen Glyphosat

Wegen des Unkrautvernichters Glyphosat muss der Chemiekonzern Bayer in den USA weiterhin mit Millionenklagen rechnen. Denn die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation stuft das Mittel seit 2015 als "wahrscheinlich krebserregend" für Menschen ein. 2019 hatte ein US-Gericht einem Bürger, der an Krebs erkrankt war, in den USA 25 Millionen US-Dollar Schadenersatz zugesprochen. Bayer lässt die Entscheidung nun vor dem höchsten US-Gericht, dem Supreme Court, überprüfen. Sollt das Gericht gegen Bayer entscheiden, hat der Konzern inzwischen Rückstellungen in Höhe von 4,5 Milliarden US-Dollar gebildet für weitere Klagen in den kommenden Jahren.

Ursprünglich stammt Glyphosat vom US-Riesen Monsanto. Doch 2018 übernahm Bayer die Konkurrenz für 60 Milliarden Dollar. Durch die Übernahme hat sich Bayer nun auch mit den Klagen auf Schadenersatz auseinander zu setzen.

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