Herr Pepa, wann haben Sie Ihr erstes Haake-Beck Maibock getrunken?
Wir haben ja nicht nur Haake-Beck Maibock. Und ehrlich gesprochen sagt mir das Haake-Beck Kräusen etwas mehr zu – oder jetzt das Beck’s Unfiltered, das dem Kräusen ähnlich ist. Als ich damals zum ersten Mal an der Schlachte ein Haake-Beck Kräusen getrunken habe, war ich davon sehr angetan und bin es heute noch.
Was ist der Grund dafür, dass Sie wieder Maibock brauen, nachdem es letztes Jahr vor dem Aus stand?
Das ist der Strategie geschuldet, die ich hier in Deutschland verfolge. Es ist so: Es gibt einige Marken, die sind von nationaler Bedeutung. Gleichzeitig sind da die regionalen Marken. Sich nur auf die nationalen Marken zu fokussieren und dabei die regionalen Marken zu vernachlässigen, ist kein guter Weg nach vorn. Da braucht es eine gute Balance und den Blick, was wir in der Vergangenheit gut gemacht haben. Und Haake-Beck ist für den Norden einfach eine gute Marke. Wenn wir also bei Haake-Beck einen Rückgang verzeichnen, ist das für uns von großer Bedeutung. Und so folge ich auch dem Vertriebsteam, wenn es mir sagt, dass wir wieder Haake-Beck Maibock brauen sollen.
Inwiefern ist das ein Wechsel in der Strategie von AB InBev global oder für den europäischen Markt?
Seit 2019 ist seitens AB InBev der Wille vorhanden, auf dem deutschen Markt wieder zu wachsen. Dazu gehört als Ziel eine gute Balance zwischen regionalen und nationalen Marken. Das ist der Grund, weshalb wir hier in Deutschland auch investieren. Dafür haben wir auch unsere Strukturen regionaler gefasst. Wir investieren wieder ins Marketing – auch mit einer neuen Werbekampagne im Fernsehen. Immerhin ist Deutschland der drittgrößte Biermarkt weltweit.
Im Geschäftsbericht von AB InBev 2020 ist zu lesen, dass Beck’s erfolgreich in den Markt von Ecuador eingeführt wurde. So mancher Biertrinker sagt sich da, dass man dabei den Markt hier vor Ort nicht vergessen darf, wo das Bier letztendlich gebraut wird.
Das ist natürlich wahr. Aber im Jahresbericht konnte man auch lesen, dass wir im deutschen Markt zum ersten Mal seit Jahren endlich wieder Marktanteile gewinnen konnten. Das ist ein positives Signal für uns.
Um welche Summen geht es, die Sie ins Marketing investieren wollen?
Verglichen mit 2019 werden wir die Summe für dieses Jahr verdoppeln.
Und so wollen Sie wieder mehr Emotionen zurückbringen, oder was ist das Ziel?
Wir wollen mehr Bewusstsein rund um unsere Innovationen schaffen wie beispielsweise das Beck’s Unfiltered. Wir wollen dabei auch wieder an die Bilder anknüpfen, die die Konsumenten bereits früher damit verbunden haben: Sie haben immer noch das Bild von der Alexander von Humboldt im Kopf mit der Musik „Sail away“ dazu. Daran wollen wir anknüpfen mit dem Gedanken der „Freiheit von Beck’s“.
Zurück zu den Wurzeln.
Da wollen wir Beständigkeit zeigen, auch wenn wir damit mehrere Jahre nicht präsent waren. Aber nun sind wir damit zurück. Das musste ich, ehrlich gesagt, auch lernen, als ich von Belgien nach Bremen kam, dass so viele Menschen die Alexander von Humboldt II mit Beck’s in Verbindung bringen.
Aber es sind auch Investitionen in die Brauerei in Bremen notwendig. Denn so manche Technik stammt aus den 1970er Jahren und braucht dringend Erneuerung.
Die Produktion des Beck’s Unfiltered hat auch Investitionen in die Brauerei erforderlich gemacht, weil es zusätzliche Technik erfordert. Wir reden hier über eine beachtliche Summe, die wir hier am Standort investieren. Ansonsten läuft alles noch. Wir müssen also die Technik hier nicht komplett erneuern, aber eben nach und nach. In jedem Fall werden wir die Investitionen in die Brauerei erhöhen.
Für Ihre Beschäftigten hier am Standort aber auch für die Stadt Bremen erscheint das als eine wichtige Botschaft, die man gern hört.
Wenn man mit unseren Beschäftigten spricht, merkt man die Faszination, die sie für Bier haben. So sagte mir eine Reihe von ihnen, dass wir dringend wieder Maibock brauen müssen, weil es für die Menschen hier vor Ort von Bedeutung ist. Diese große Identifikation mit den Marken haben wir aber auch genauso an den anderen Standorten in Deutschland – beispielsweise auch mit unserem Hasseröder.
Damit haben Sie eine Marke im Portfolio, um im Supermarkt im niedrigeren Preissegment angreifen zu können.
Wir versuchen, in den verschiedenen Segmenten des Biermarkts vertreten zu sein. Schließlich gibt es eine große Gruppe an Konsumenten, die im Supermarkt für eine Kiste Bier zwischen sieben und zehn Euro ausgeben. Da gibt es dann eben Marken von uns, die in diesem Segment ihre Rolle haben. Genauso, wie andere Marken eben in einem höheren Preissegment ihre Funktion haben. In Ostdeutschland sind die Menschen beispielsweise sehr viel sensibler, was den Preis angeht. Das ist dort dann von größerer Bedeutung als in manchen Ecken im Westen Deutschlands – und da ist Hasseröder eben von Bedeutung. Hasseröder ist, völlig unabhängig vom Preissegment, ein Pils von höchster Qualität: Es wurde in diesem Jahr und in den vergangenen Jahren mit der Goldmedaille der DLG prämiert.
Wenn wir irgendwann am Ende dieser Pandemie sind, wie wollen Sie es dann schaffen, dass der Preis für eine Kiste Ihrer Premiummarke Beck’s im Supermarkt wieder über zehn Euro hinausgeht?
Es ist ja der Handel, der die Preise macht. Wir nehmen hierauf keinen Einfluss. Für mich ist Beck’s allerdings eine Premiummarke und keine Volumenmarke, die man zu einem billigen Preis verkauft. Deshalb wollen wir hier Werte schaffen und in die Marke investieren. Wir wollen Werte schaffen, statt Werte zu zerstören. Aber das können wir nicht von jetzt auf gleich erreichen. Ich nehme da als Vergleich ein großes Containerschiff, das nicht sofort seine Richtung ändern kann.
Die Preiserhöhung müssen dann auch die Mitbewerber mitmachen. Auf der anderen Seite steigen kontinuierlich die Preise für die Rohstoffe.
Die Verkaufspreise werden durch den Handel festgelegt. Wir können hier aus wettbewerbsrechtlichen Gründen keinen Einfluss nehmen. Für uns ist es wichtig, Werte zu schaffen, und dann muss das Containerschiff seine Richtung finden.
Das Beck’s Unfiltered, also das naturtrübe Beck’s, haben Sie Anfang Februar eingeführt. Wie sieht hier die Entwicklung der ersten zwei Monate aus?
Von den Kunden erhalten wir positive Rückmeldungen. Wir haben in diesem Monat auch die Werbekampagne dazu gestartet. Uns war es wichtig, dass das Bier schon im Handel erhältlich ist, bevor die Werbekampagne startet. Momentan kann ich noch nicht sagen, ob es ein großer Erfolg wie Beck’s Gold wird. Denn das war 2003/2004 eine wirklich gute Innovation. Für ein Resümee ist es jetzt noch zu früh. Dazu muss man immer einen Sommer abwarten, um entsprechende Aussagen machen zu können. Es ist nicht repräsentativ, aber als ich neulich einen Spaziergang entlang der Weser gemacht habe, sah ich bereits einige Menschen mit Beck’s Unfiltered in der Hand.
Ist der Februar also der beste Monat, um ein neues Bier in den Markt einzuführen?
Das ist so – möglichst zu Beginn eines Jahres. Damit ist es auf dem Markt, wenn die Osterferien beginnen, wo die Menschen vielleicht auch schon wieder den Grill anmachen, zusammen mit der Familie und mit Freunden. Und da müssen wir dann längst auf dem Markt sein mit neuen Produkten. Je eher man sie also einführt, desto größer sind die Chancen für die Verbreitung. Dazu kommt, dass der deutsche Biermarkt ein sehr komplexer Biermarkt ist. Vielleicht ist es der komplexeste Biermarkt Europas.
Die letzte große Markteinführung von Beck’s war das Lemon Brew im Juli 2019. Das bedeutet also, dass das zu spät war, um den Sommer noch mitnehmen zu können?
Ja, das ist so. Neue Produkte für den Biermarkt sollte man am besten im ersten Quartal auf den Markt bringen, damit sie sich zum Sommer hin herumgesprochen haben und überall erhältlich sind.
Kommen wir auf die Veranstaltungen. Was würde es für AB InBev Deutschland bedeuten, wenn das Oktoberfest auch in diesem Jahr abgesagt wird?
Oberste Priorität hat natürlich die Sicherheit für die Menschen. Das Oktoberfest ist voller Tradition und hat auch eine emotionale Bedeutung. In den 16 Tagen Oktoberfest setzen wir mit unseren Marken mehr als 25.000 Hektoliter um – allen voran mit unserer Marke Spaten. Das ist ordentlich. Gleichzeitig darf man auch nicht die ganzen Festivals vergessen, die bereits für diesen Sommer wieder abgesagt sind. Auch da spielt eine sehr emotionale Komponente mit hinein.
Aber der Freimarkt könnte dieses Jahr stattfinden, und da müssen Sie ja beim Fassanstich helfen.
Im Oktober 2019 war ich ja bereits in Bremen und war auch auf dem Freimarkt. Auch der ist letztes Jahr leider ausgefallen. Umso mehr hoffe ich, dass es dieses Jahr etwas mit dem Freimarkt wird – und auch im kommenden Jahr mit den Sixdays, die für uns auch von Bedeutung sind. Das war 2020 noch die letzte große Veranstaltung, die vor dem Corona-Lockdown stattgefunden hat. Wir haben ja ein spezielles Team für solche Events, und wir hoffen, dass das bald wieder viel zu tun hat.
Wann kommen Sie an einen Punkt, an dem der Abbau von Arbeitsplätzen nicht zu verhindern ist?
Im Augenblick sehe ich diese Situation nicht. Wer von der aktuellen Corona-Situation stark betroffen ist, ist unser Gastronomieteam. Da ist es wohl noch eine Frage von Monaten, bis das wieder voll zu tun haben wird. Und dann brauchen wir dieses Team dringend. Mit dem finanziellen Rückgrat von AB InBev werden wir diese Zeit überstehen können.
Nebenher stellten Sie im vergangenen Jahr Desinfektionsmittel her und schafften es damit sogar in die Tagesthemen. Wollen Sie das fortsetzen?
Das war letztes Jahr im März zu Beginn der Covid-Pandemie hier in Deutschland. Damals war Desinfektionsmittel Mangelware. Also stellten wir es nicht nur für uns her, sondern auch für verschiedene Einrichtungen hier in Bremen. Sollte es irgendwann wieder die Situation geben, dass davon nicht genug zur Verfügung steht, würden wir dies sofort wiederholen, um so zur Sicherheit unserer Mitarbeiter, aber auch zur Sicherheit aller Menschen hier in der Stadt beizutragen. Ansonsten hat das bei uns nicht so die große Priorität.
Nun sind Sie seit gut eineinhalb Jahren hier in Bremen. Was war Ihr erster Eindruck von dieser Stadt, als Sie hierher kamen?
Ich mag an der Stadt die Weser und die Natur. Es ist eine Stadt mit viel Grün. Ich mag es, an der Weser spazieren zu gehen, und so habe ich auch eine Wohnung, die nah an der Weser liegt. Für mich war es auch neu, dass die Menschen im Park sitzen und dabei ein Bier trinken. Das hat man in Belgien seltener so. Ich mag auch gern die Schlachte, allerdings gab es im letzten Jahr aus bekannten Gründen nur wenig Zeit, auch mal einen Streifzug durch Bremens Nachtleben zu machen.
Und sonst?
Mir ist auch aufgefallen, wie stolz die Bremer auf ihre Stadt sind – auch auf Haake-Beck als Bier und auch auf Werder Bremen. Das ist eine sehr emotionale Verbindung.
Das Sponsoring von AB InBev bei Werder erscheint gerade jetzt wichtiger denn je.
Das haben wir in diesem Jahr erneuert und führen es fort. Denn auch das hat für uns eine wichtige Bedeutung.
Und was ist für Sie etwas speziell in dieser Stadt?
Ehrlich gesagt könnte die Flugverbindung von Bremen nach Brüssel etwas besser sein. Ich muss viel reisen, und so verbringe ich derzeit viele Stunden im Zug von Bremen nach Belgien. Und ansonsten kann das Wetter manchmal etwas besser sein, als es jetzt ist.
In den fast 20 Jahren, in denen Beck’s Teil von AB InBev ist, gab es hier zwölf Chefs. Wie lange wollen Sie hier in Bremen bleiben?
Ich möchte hierbleiben, so lang es möglich ist. Diese Frage hängt aber auch von meinen Vorgesetzen von AB InBev Global ab. Ich mag Deutschland, und gleichzeitig ist der deutsche Biermarkt sehr speziell. Deshalb will ich noch besser Deutsch lernen, um näher an unseren Kunden dran zu sein.
Auf der anderen Seite: Sie sind noch recht jung, und wer verstanden hat, wie der deutsche Biermarkt funktioniert, der sollte danach in den Märkten anderer Länder keine Probleme haben.
Ja, in der Tat. In anderen Ländern ist es einfacher mit dem Biermarkt, aber ich mag eben auch diese Herausforderung hier in Deutschland – wenn eben alles nicht so einfach geht.
Das Interview führte F. Schwiegershausen.
Michel Pepa (31)
ist seit eineinhalb Jahren der Chef von AB InBev Deutschland. Der Belgier ist seit mehr als acht Jahren im Unternehmen tätig und begann seine Karriere damals im belgischen Leuven. Von dort startete das belgische Unternehmen Interbrew den Weg zum Weltkonzern und übernahm vor knapp 20 Jahren die Brauerei Beck & Co.
Der Tag des Bieres
Am 23. April feiert die Branche traditionell den Tag des Bieres. Denn an diesem Tag vor 505 Jahren verkündete der bayerische Herzog Wilhelm IV. in Ingolstadt das Reinheitsgebot für Bier. Es durfte nur aus den Rohstoffen Wasser, Hopfen und Gerste bestehen. Laut Deutschem Brauer-Bund (DBB) wurde Hefe damals zwar als Produkt der Bierbereitung angesehen – jedoch nicht als bedeutende Zutat.
In diesem Jahr ist der Tag des Bieres für die Branche kein einfacher Tag. Denn mit zunehmender Dauer des seit fast sechs Monaten bestehenden Lockdown für das Gastgewerbe bezeichnet der DBB die Folgen für die deutsche Brauwirtschaft als immer gravierender. Nach einer Umfrage des Brauer-Bundes sieht sich mittlerweile jede vierte Brauerei in ihrer Existenz gefährdet. Der Umsatz der Brauereien sei von Januar bis einschließlich März 2021 im Schnitt um 33 Prozent eingebrochen. Besonders schwer getroffen habe es laut der aktuellen Stichprobe Brauereien mit einem hohen Gastronomieanteil. Durch den Zusammenbruch des Fassbiermarktes beklagen Betriebe Umsatzrückgänge von in der Spitze bis zu 85 Prozent. Nur einer sehr geringen Zahl von Brauereien, die ihre Biere überwiegend oder ausschließlich über den Handel absetzt, gelang es, drastische Einbußen zu vermeiden. „Einbrüche dieser Dimension hat es seit Ende des Zweiten Weltkriegs in der deutschen Brauwirtschaft nicht gegeben“, so Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes. Bereits im Februar machten 300 Brauereien in einem offenen Brief auf ihre Situation aufmerksam – diesen offenen Brief unterstützte auch AB InBev Deutschland.