Bremen·Danzig . Gerade dem endgültigen Aus entronnen, startet die Bremer Regionalfluggesellschaft OLT mit zwei neuen Zielen in den Winterflugplan. Gemeinsam mit der polnischen Jetair, wie die OLT seit Kurzem im Besitz des Danziger Finanzinvestors Amber Gold, werden künftig wieder zwei tägliche Flüge nach Brüssel angeboten. Außerdem ist Danzig neu im Programm. Im Sommer sollen weitere lukrative Verbindungen dazukommen.
Brüssel hatte auf der Wunschliste ganz oben gestanden, nachdem die Verbindung im Mai eingestellt worden war. Der polnische Partner Jetair, der diese Flüge übernommen hatte, war im Frühjahr in finanzielle Schwierigkeiten geraten, ebenso wie einige Monate später die OLT.
Der traditionsreichen Bremer Airline, 1958 gegründet, hatten Wetterkapriolen, die Wirtschaftskrise und zuletzt der Verlust des Airbus-Werksverkehrs zwischen Hamburg und Toulouse die Bilanz verhagelt. Der damalige OLT-Eigner, die AG Ems aus Emden, wollte sich zum 31. Oktober ganz aus dem Regionalfluggeschäft verabschieden. Rund 100 Arbeitsplätze standen allein in Bremen auf der Kippe. Doch dann war bei beiden Unternehmen innerhalb weniger Wochen Amber Gold als neuer und rettender Investor eingestiegen.
"Ein lohnendes Investment"
Eigentlich aktiv im Handel mit Edelmetallen wie Gold, Silber oder Platin hat Amber-Gold-Eigner Marcin Plychta sein Faible für die Luftfahrt entdeckt. Für knapp 15 Millionen Zloty hatte er im Mai zunächst 70 Prozent der Anteile an Jetair übernommen, im August dann - für einen ungenannten Betrag - auch den kompletten Regionalverkehr der OLT. "Wir denken, dass es ein lohnendes Investment wird", sagte gestern Krzysztof Wicherek, künftig Geschäftsführer beider Airlines. "Wir wollen nicht nur die bestehenden Verbindungen übernehmen, sondern kräftig wachsen."
Die Jetair macht zunächst den Anfang. Mit der Verlegung des Firmensitzes von Warschau nach Danzig, Polens Flughafen mit den stärksten Zuwachsraten im Passagierverkehr, werden jetzt neben der Hauptstadt Warschau vier Ziele von der polnischen Ostseeküste aus neu angeboten: Prag, Hamburg, Berlin und Bremen. Dazu kommen die innerpolnischen Routen von Warschau nach Breslau und Rzeszów.
Amber Gold investiert auch in den Ausbau der Flotten. Drei 46-sitzige Regionalflugzeuge vom Typ ATR 42 sollen angeschafft werden. Die erste Maschine wird in Danzig stationiert und soll möglichst ab Ende Oktober mit der Einführung des Winterflugplans über Bremen nach Brüssel fliegen. "Für uns ist das ein ganz wichtiges Ziel", sagt Claus Altenburg, Regionalflugchef der OLT. Mehr noch als die Europa-Politiker hatten die Mitarbeiter großer Bremer Unternehmen wie OHB, die Stahlwerke (ArcelorMittal), Airbus und Astrium oder auch die Hafenwirtschaft auf die Wiederaufnahme der Strecke gewartet. Sie wird künftig neun Mal wöchentlich ab Bremen bedient, fünf Mal soll es als quasi verlängerter Flug nach dem Zwischenstopp in Bremen weiter nach Danzig gehen. Zudem hat die OLT für werktags einen dritten Flug nach Zürich angekündigt. Und dann gibt es ja noch Kopenhagen und Toulouse. "Wir haben schon wieder mehr Flugstunden als vor der Krise", sagt Altenburg. Weitere Ziele sind bereits konkret in Planung.
Gemeinsame Marke wird gesucht
Amber-Gold-Besitzer Plychta will eine schlagkräftige neue Regionalfluglinie schaffen. Die beiden Airlines sollen zunächst eng kooperieren und ihr Rechnungs- und Buchungswesen vereinheitlichen. Auch eine gemeinsame Marke wird noch gesucht. Die Polen erhoffen sich von dem etablierten Namen der Bremer Fluggesellschaft offenbar einen leichteren Zugang zum westeuropäischen Markt.
Das operative Geschäft aber bleibt weitestgehend getrennt. "Dafür sind die Märkte zu unterschiedlich", sagt Wicherek. Der neue Doppel-Chef sieht in der OLT noch mehr Potenzial als bei Jetair. "In der Kürze der Zeit haben wir schon viel geschafft, aber wir können noch mehr", sagt er. Gerade im deutschen und mitteleuropäischen Markt gebe es noch zahlreiche Möglichkeiten im Regionalflugverkehr. Österreichs Hauptstadt Wien soll möglichst schon im Sommer als neues Ziel angeboten werden. Auch Nürnberg, früher schon im Programm, soll wieder dazukommen. Mit Flügen nach Bremen und möglichst auch nach Brüssel. Eine zweite Linie in Belgiens Metropole gilt als Voraussetzung, um das ersehnte Codeshare-Abkommen (Ticketverbund) mit Brussels Air zu ergattern, wie es ähnlich bereits mit der Swiss (Zürich) und der SAS (Kopenhagen) besteht und damit Weiterflüge über die internationalen Drehkreuze erleichtert.
Weitere Stützpunkte sind denkbar
Auch mit der Swiss werden neue Projekte bewegt. In zwei Wochen soll bei einem Spitzentreffen nicht nur über eine Verlängerung der Zusammenarbeit verhandelt werden. Die OLT würde am liebsten weitere Zubringer-Strecken für die Lufthansa-Tochter übernehmen. Graz ist dem Vernehmen nach im Gespräch, ebenso eine polnische Stadt. Zudem seien weitere Stützpunkte vornehmlich in Süddeutschland für die OLT denkbar, sagt Wicherek. "Wenn wir eine Chance sehen, wirtschaftlich sinnvolle neue Verbindungen aufzubauen, werden wir das tun."
Derzeit fehlt es aber noch an geeigneten Maschinen und vor allem an fliegendem Personal. Fest steht aber schon heute, dass Bremen und Danzig die Hauptflughäfen der OLT-Jetair bleiben. Die Bremer Flugzeugwerft soll künftig neben den Saab-Maschinen auch die ATR-Flugzeuge warten. Personell will sich die OLT in den kommenden Wochen deutlich verstärken. Auf gut 150 Mitarbeiter könnte die Belegschaft anwachsen, das wären fast so viele wie in den besten Zeiten der alten OLT.