Für Can Nazli wird auch dieses Adventswochenende wieder zum Glücksspiel. Denn er weiß immer noch nicht, ob es DHL schaffen wird, ihm endlich die zwei Pakete zu liefern, auf die er schon so lange wartet. Die eine Sendung ist seit 4. Dezember unterwegs und die andere seit 6. Dezember. In Bremen im DHL-Zentrum sind die Pakete am 6. und am 7. Dezember angekommen, und seitdem ist nichts passiert. Durch die Streiks der DHL-Boten in der vergangenen Woche blieben Tausende Sendungen liegen. Laut DHL-Sprecherin Maike Wintjen sind das 15.000 Stück gewesen, die seien aber bereits ausgeliefert.
Diese Aussage löste erst recht Verärgerung unter den Lesern des WESER-KURIER aus. Mehrere meldeten sich bei der Redaktion, weil sie immer noch auf ihre Sendung warten. Offenbar ist Can Nazli kein Einzelfall. Ein anderer Leser wartet inzwischen seit zwei Wochen auf sein neues Smartphone. Er konnte es jeden Tag lokalisieren, es lag in der DHL-Zustellbasis. Am liebsten wollte er dorthin fahren und es abholen. Das wiederum lässt DHL aber nicht zu. Die Beschwerde in solch einem Fall obliegt hier beim Absender. Dem Empfänger bleibt vorerst nichts anderes übrig als abzuwarten.
Auch bei der Verbraucherzentrale in Bremen und Bremerhaven sind in den letzten Wochen Beschwerden eingegangen. „Im Hinblick auf die Weihnachtstage haben wir bei den Beschwerden bisher keine erhöhte Taktzahl“, sagte Annabel Oelmann, Vorstand der Bremer Verbraucherzentrale.
Das ist laut Oelmann nicht ungewöhnlich: „Unsere Erfahrung zeigt, dass die meisten Beschwerden erst nach den Festtagen kommen – beispielsweise ist das Paket nicht rechtzeitig zu Heiligabend bei den Enkelkindern angekommen oder gar nicht. Oder das Paket ist rechtzeitig angekommen, es war jedoch von außen zu erkennen, dass der Inhalt nicht unversehrt geblieben ist.“
Zahlreiche Fälle
Der Verbraucherzentrale ist ein Fall einer Bremerin bekannt, bei der ein Paket für den 30. November angekündigt wurde. An dem Tag konnte sie nicht zuhause sein und verlegte den Liefertermin auf den 1. Dezember. Doch das Paket kam nicht. Es wurde ihr erneut für den 6. Dezember avisiert. Offensichtlich wurde es vom Streikstrudel erfasst, so dass das Paket auch gut eine Woche später noch nicht da war.
Ein weiterer Leser schilderte, dass er am Freitag vor Nikolaus ein Paket per Express bei DHL aufgeben wollte, um sicher zu gehen, dass es zum 6. Dezember ankommt. Die Dame am Schalter teilte ihm mit, dass der Expressdienst derzeit nicht möglich sei, er könne es nur normal verschicken. Dadurch wurde die Ankunft zum Glücksspiel, so dass der Leser am liebsten Knecht Ruprecht statt den Nikolaus zur Bremer DHL-Zustellbasis schicken wollte.
Einen anderen Fall erfuhr die Verbraucherzentrale aus Bremerhaven. In der Seestadt wartete eine Dame auf ein Paket mit einem hochwertigen Koffer. Doch die Sendung kam nie an. Nach wochenlangem Warten erhielt sie die Aussage des Dienstleisters, das Paket sei bei einem großen Internet-Versandhandel gelandet, da dieser auch als Empfänger auf dem Paket angegeben gewesen sei.
Die Frau bestritt dies ausdrücklich. Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale: „Nach unserer rechtlichen Beratung hat die Verbraucherin den Wert des Koffers, den sie anhand des Kaufbeleges beweisen konnte, erstattet bekommen. Den Koffer sah sie jedoch nicht wieder.“
Wenn Pakete auf wundersame Weise verschwinden, sind darin meist wertvolle Gegenstände enthalten. Die Verbraucherzentrale kann sich hier nur auf die Aussagen derjenigen beziehen, die deshalb bei ihr vorstellig werden. „Daraus geht in vielen Fällen hervor, dass sich in den betroffenen Paketen Wertgegenstände befunden haben sollen, wie beispielsweise Schmuck oder Geld“, sagt Oelmann.
Nachforschungsauftrag beim Paketdienstleister
Die Beweislage sei in solchen Fällen meist schwierig, da die Versender oder Empfänger in der Regel keinen Beleg für den Inhalt des verschickten Pakets vorbringen können, weil sie zum Beispiel den Kassenzettel nicht mehr haben. Es gilt: Pakete sind grundsätzlich versichert, die Höhe liegt zwischen 500 und 750 Euro.
Oelmann fügt an: „Dieser Versicherungsschutz greift in der Regel jedoch nur, wenn die Reklamation innerhalb von sieben Tagen nach Absendung des Pakets beim Paketdienstleister eingeht und der Einlieferungsbeleg sowie der Wertnachweis für den Inhalt des Pakets, beispielsweise in Form des Kassenzettels oder der Rechnung, erbracht wird. Es ist ratsam, in Fällen des Verlustes zunächst einen Nachforschungsauftrag beim Paketdienstleister zu stellen.“
Geschädigte können auch im Internet beim Beschwerdeforum der Verbraucherzentralen post-ärger.de ihren Fall schildern. Da es nun nur noch eine gute Woche ist bis Heiligabend, sollten die Pakete langsam auf den Weg gebracht werden.
Weihnachtspakete ohne Außendeko versenden
DHL will die rechtzeitige Auslieferung schaffen, wenn das Paket spätestens am 22. Dezember in einer Postbank-Filiale eingeliefert wird – in Partner-Filialen, Paketshops oder Packstationen bereits am 21. Dezember, also einen Tag früher. Bei Hermes sollte die Sendung spätestens am 20. Dezember im Paketshop abgegeben werden, bei DPD und auch bei GLS am 21. Dezember. Diese Angaben beziehen sich auf Sendungen innerhalb Deutschlands.
Hermes rät, die Pakete am besten schon jetzt im Paketshop aufzugeben. Hermes-Sprecherin Vanessa Dörlemann sagte: „Außen bitte keine Schleifen, Schnüre oder lockeres Geschenkpapier anbringen! Jedes Jahr werden Pakete beschädigt, weil sich Schnüre, Schleifen oder locker verklebtes Geschenkpapier in den Sortiermaschinen verheddern und die Pakete aufreißen.“
Deshalb: Weihnachtspakete ohne Außendeko versenden und lieber innen bunt verpacken. Hilfreich sei auch, wenn der Paketschein direkt online auf der Internetseite oder per App erstellt wird. Denn auch kritzelige Handschriften können dem Weihnachtsmann das Leben so schwer machen, dass die Bescherung ausfällt.