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Existenzgründer Neue Geschäftsideen für das Weltall gesucht

Jahrzehntelang war das Weltall Schauplatz nationaler Prestigeprojekte. Jetzt greifen neue Unternehmen nach den Sternen, die aus "New Space" ein Geschäftsmodell machen wollen.
18.11.2021, 19:00 Uhr
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Neue Geschäftsideen für das Weltall gesucht
Von Christoph Barth

Seit mehr als 60 Jahren erkunden Menschen das Weltall. Am Anfang war jeder Raketenstart ein nationales Prestigeprojekt – organisiert von staatlichen Raumfahrtbehörden und finanziert aus dem öffentlichen Haushalt. Das hat sich in den letzten Jahren geändert: Unter dem Schlagwort "New Space" wird das Weltall zum Marktplatz, auf dem sich Geld verdienen lässt: mit besseren Telekommunikationsverbindungen und Big Data beispielsweise. Der Weltraum ist so zum Tummelplatz für Investoren und Unternehmensgründer geworden, wie man auf der Fachmesse Space Tech Expo in Bremen sehen kann, die am Donnerstag zu Ende ging.

Wie kann man als Unternehmensgründer im Weltall Geld verdienen?

Zum Beispiel mit Laserkommunikation. Das Münchner Unternehmen Mynaric hat eine Technik entwickelt, mit der sich im Weltall Daten über tausende Kilometer zwischen Satelliten oder zu einer Bodenstation übertragen lassen. Damit ließe sich beispielsweise das Breitband-Internet in Regionen bringen, die bislang vom schnellen Datenverkehr abgeschnitten sind. Das Unternehmen wurde 2009 von ehemaligen Mitarbeitern des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) gegründet. Bei seinem Börsengang an der Wall Street konnte es jetzt namhafte Investoren wie Paypal-Mitgründer Peter Thiel und Tinder-Gründer Justin Mateen von sich überzeugen.

Was tut sich am Raumfahrt-Standort Bremen in der Gründerszene?

Auch die Europäische Raumfahrtagentur ESA hat erkannt, dass das Weltall genug Raum für neue Ideen bietet. Mit ihren über ganz Europa verteilten Gründerzentren – den ESA Business Incubation Centres (ESA BIC) – will die Raumfahrtbehörde diese Entwicklung fördern. Das für Norddeutschland zuständige ESA BIC Northern Germany wurde 2019 in Bremen gegründet. Zurzeit listet das Gründerzentrum neun Start-up-Unternehmen auf, von denen allerdings nur gut die Hälfte einen Bezug zur Raumfahrt hat.

Auf der Space Tech Expo vertreten ist beispielsweise Valispace. Das Unternehmen hat eine Engineering-Software entwickelt, mit der sich Konstruktionsprozesse, an denen mehrere Teams gleichzeitig arbeiten, vereinfachen lassen. Das Programm wird auch von Raumfahrtunternehmen wie OHB genutzt.

Ein weiteres Beispiel aus dem Bereich Nanotechnologie: Navato Aerospace. Das Unternehmen behandelt Oberflächen mithilfe eines Lasers, damit auf diesen nichts haftet oder die Reibung verringert wird. Möglicher Anwendungsbereich ist auch hier – neben Automobil- und Schiffbau oder der Medizintechnik – die Luft- und Raumfahrt.

Warum sind nicht mehr Bremer Start-ups in der Raumfahrtbranche aktiv?

"Es könnten in der Tat mehr sein", räumt Siegfried Monser ein, Landesbeauftragter für Raumfahrt. So listet das für Bayern zuständige ESA BIC Bavaria unter seinem Dach 160 Unternehmen auf – darunter den neuen Börsenstar Mynaric. Dabei bietet das Land Bremen mit seiner Forschungslandschaft ebenfalls gute Voraussetzungen für Ausgründungen: Das DLR etwa ist unter anderem mit dem Institut für Raumfahrtsysteme und 250 Mitarbeitern in Bremen vertreten.

Aus dem Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven ist das junge Unternehmen Drift + Noise hervorgegangen. Es erstellt mithilfe von Satellitendaten Karten zu Eisbewegungen in den Polarregionen, die zum Beispiel für die Schiffsnavigation wichtig sind.

Insgesamt aber wartet man in Bremen noch auf eine Gründerwelle im "New Space"-Business. Ein Hindernis: Es fehlt an Risikokapital – also Geldgebern, die an eine neue Idee glauben und in diese investieren. "Es gibt in Deutschland einen Mangel an Möglichkeiten, sich ausreichend zu finanzieren", stellt OHB-Sprecher Günther Hörbst fest. Der Bremer Satellitenbauer hält eine Mehrheitsbeteiligung an der Rocket Factory Augsburg (RFA), die 2018 gegründet wurde, um preiswerte Kleinraketen zu konstruieren.

Noch aber gibt es aufseiten des Landes die Hoffnung, dass auch in Bremen mehr wagemutige Gründer ihren Blick ins Universum richten. "Vielleicht müssen wir noch mehr auf die jungen Menschen zugehen", meint Raumfahrtkoordinator Monser.

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