Auf ihrer Jahreskonferenz auf Schloss Elmau haben die Regierungschefs der Länder sich am Freitag auf einen Beschluss zur Hilfe der Stahlindustrie geeinigt. Im Papier fordern sie unter anderem, dass der Bund und die EU der Stahlbranche helfen, umweltfreundlicher zu produzieren. Bremen hatte sich dem vom Saarland initiierten Antrag wie auch Hamburg und Niedersachsen bereits zuvor angeschlossen. Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) sagte am Freitag, der Beschluss sei ein „wichtiger Schritt zur Sicherung einer sozialen und klimafreundlichen deutschen Stahlproduktion“. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sei jetzt gefordert, auf dieser Grundlage so schnell wie möglich die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen.
Die Regierungschefs wollen neben der Hilfe für Investitionen aus Berlin und Brüssel zudem, dass die Importkontingente für Stahl in die EU überprüft werden. Außerdem wollen sie erreichen, dass es künftig an der Grenze für Stahleinfuhren eine CO₂-Abgabe gibt. Diese Abgabe soll einen Ausgleich schaffen, weil der Emissionshandel die Kosten der Stahlhersteller in der EU derzeit belastet. Die Branche macht schon lange Zeit deutlich, dass es aufgrund des Zertifikatehandels keinen fairen Wettbewerb gibt, weil die Konkurrenz auch deshalb deutlich günstiger produzieren kann. Weltweit drücken die Überkapazitäten die Stahlpreise.
Bremens Bürgermeister Bovenschulte forderte bereits in der vergangenen Woche einen „nationalen Zukunftsfonds“ für die Stahlindustrie, als bekannt wurde, dass Arcelor-Mittal am Bremer Standort Kurzarbeit anmelden will. Dass nun vom Bundeswirtschaftsministerium schnell gehandelt wird, sei insbesondere für das Bremer Stahlwerk von großer Bedeutung. Bovenschulte will auch in der Bürgerschaft eine breite Unterstützung für das Stahlwerk versammeln, um gemeinsam Druck zu machen. „Als Senat stehen wir auch weiterhin fest an der Seite unserer Hütte.“
Der einstimmige Beschluss sei wichtig, aber man habe noch einen langen Weg vor sich, betonte Bovenschulte. Arcelor-Mittal teilte vergangenen Mittwoch mit, im kommenden Jahr für einen Großteil der 3500 Mitarbeiter des Bremer Werks Kurzarbeit anzumelden. Schon vor Monaten hatte das Unternehmen auf die anhaltend schwierige Situation reagiert und die Produktion heruntergefahren. Doch die Aufträge gingen weiter zurück als angenommen. Klaus Hering, Gesamtbetriebsratsvorsitzender, kritisierte deutlich, dass von der EU nichts unternommen worden sei: „Diese Eskalation ist die Konsequenz, dass den Worten der Politik keine Taten gefolgt sind.“
Die deutsche Stahlindustrie ist in den Sog der Industrierezession geraten“
Das RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung geht in seinem Stahlbericht davon aus, dass die schwache Konjunktur die Stahlproduktion hierzulande rund 1500 Arbeitsplätze kosten wird. Die Stahlverwendung gehe in diesem Jahr um knapp fünf Prozent oder etwa 1,8 Millionen Tonnen zurück. „Die deutsche Stahlindustrie ist in den Sog der Industrierezession geraten“ schreiben die Autoren. Nur die nach wie vor gute Baukonjunktur wirke noch stützend.
Die Lage hat sich laut Stahlbericht im Gegensatz zum ersten Halbjahr, als die Walz- und Rohstahlerzeugung deutlich zurückging, etwas stabilisiert. Die Schutzmaßnahmen der EU hätten dafür gesorgt, dass die Importe aus Drittländern zurückgegangen seien. Die Erwartungen für das kommende Jahr bleiben jedoch pessimistisch: Die Kapazitätsauslastung werde weiter auf einem niedrigen Niveau von 81 Prozent verharren. Auf kurze Sicht gebe es große Risiken für die deutsche Stahlindustrie mit dem Brexit und dem Handelskonflikt. Auf lange Sicht seien auch Produktionsverlagerungen der Abnehmer zu befürchten – etwa der Autohersteller.
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