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Treuer Begleiter Wie das Smartphone ein längeres Leben bekommt

Lohnt es sich noch, in ein älteres Smartphone zu investieren? Und welche Alternativen gibt es? Redakteurin Lisa Schröder hadert mit teuren Preisen für ein neues Display.
17.01.2022, 18:05 Uhr
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Wie das Smartphone ein längeres Leben bekommt
Von Lisa Schröder

Haben Sie die Daten auf Ihrem Smartphone schon mal in Sicherheit gebracht? Zwar weilen Nachrichten, Kontakte und viele Erinnerungen auf den Geräten. Fast niemand aber bewahrt diese Schätze vor einem Unfall. Yüksel Yalcinkaya, in dessen Geschäft Smartphones repariert werden, beobachtet das. Dabei könne leicht ein Missgeschick passieren. „Futsch – ist alles weg“, sagt der Unternehmer.

Wenn das Smartphone kaputt gegangen ist, kommen die Menschen hoffnungsvoll in seinen Laden. „Die Leute bieten uns Tausende Euro, wenn es um Babyfotos, Hochzeitsfotos oder wichtige Daten geht“, sagt Yalcinkaya. In manchen Fällen gibt es keine Rettung. In anderen schon.

Der eine unvorsichtige Moment

Warum ich selbst im Laden von Yüksel Yalcinkaya stehe? Mein Smartphone funktioniert noch. Vor vier Jahren habe ich es gekauft. Das sehe ich am allerersten Foto darauf. Ich habe die Rechnung abgelichtet. „Vielen Dank für Ihren Einkauf!!!“, heißt es darauf. Und ich sehe auf der Quittung, dass ich sogar eine Schutzhülle fürs neue Galaxy S8 einkaufte.

Irgendwann aber kam der Leichtsinn. Die Schutzhüllen fielen wieder. Und dann, eine ganze Weile später, dieser eine kurze Moment. Das Smartphone knallt auf die Auffahrt meiner Eltern.

Seither ist das Display zerstört. Diverse Risse zieren meinen treuen Begleiter – wie eine Eisfläche kurz vor dem Einbruch. Das Smartphone lässt sich noch bedienen. Schön ist das aber nicht.

Zum Black Friday trudeln derweil allerlei Angebote rein. Ein tolles neues tadelloses Smartphone. Was wird dann aus meinem Begleiter? Scheidung? Dabei funktioniert das Smartphone ja noch.

Bist du noch zu retten?

Das Bremer Geschäft Yukcell ist spezialisiert auf die Reparatur von Smartphones. Auf der Homepage kann ich mir den Preis für mein Modell ausrechnen lassen. Uff: 210 Euro fürs neue Display. So teuer sollte es bei einem Elektromarkt schon damals sein, als das Malheur passierte. Daran hat sich nichts geändert. Wenn es nach mir geht, soll die Ehe mit meinem Begleiter noch ein paar Jahre halten. Die Risse nerven aber. An den Ecken lösen sich Splitter.

Lohnt sich das?

Yüksel Yalcinkaya ist der Gründer von Yukcell in der Bremer Innenstadt. Sein Urteil ist eindeutig: Wirtschaftlich lohnt sich die Reparatur in meinem Fall nicht. Es gebe für den Preis schließlich auch gute gebrauchte Handys. Auch ich bin bei Amazon auf ein generalüberholtes S8 gestoßen. 199 Euro soll es kosten.

Generell sei die Reparatur eines Displays bei Samsung und Huawai teuer. Im Gegensatz zu Apple könne man bei Samsung auf keine Alternative ausweichen. Die Kunden seien öfter schockiert, berichtet Yalcinkaya, wie hoch die Preise seien, was aber an den Originalteilen liege. Selbst in fünf Jahren werde mein Display noch genauso viel kosten, vermutet der Unternehmer. „Samsung unterstützt den Reparaturmarkt nicht“, sagt Yalcinkaya bezogen auf die Preise.

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Für einige Kunden gibt es keine Alternative zur Reparatur. Denn ohne Display kann man auf die Daten nicht mehr zugreifen.

Und was mache ich? Wenn ich das Geld investiere, um wieder ein schönes Smartphone zu haben, könnte als nächstes der Akku fällig werden. Und ich lerne von Yüksel Yalcinkaya, dass ich den auch nicht gut behandelt habe. Über die Nacht das Handy aufladen? „Das strapaziert den Akku.“

Nach dem Umtausch könne das Smartphone aber wieder eine Weile in Ordnung sein, die Geräte seien schon stabil. „Es sei denn, Sie lassen es wieder fallen“, sagt Yalcinkaya. Er würde die Reparatur an meiner Stelle nicht machen, wenn es mich denn nicht störe?

Kann ich das selbst?

Wäre das Originalteil nicht überall teuer und mein Mut größer, dann könnte ich mich auch selbst an die Reparatur setzen. Auf der Seite Ifixit gibt es entsprechende Anleitungen. Yüksel Yalcinkaya sieht allerdings oft Fälle, in denen Reparaturversuche gescheitert sind. Der Schaden werde dann oft noch größer und die Sache doppelt so teuer. In Videos bei Youtube werde viel gezeigt, aber oft fehlten die Details und letztlich die Routine.

Was sind die Alternativen?

Selbst wenn das Smartphone ausrangiert werden soll, gibt es dafür mehrere Optionen. Anbieter von Secondhand-Technik kaufen gebrauchte Smartphones, um sie wieder aufzubereiten. In Bremen macht das etwa My  Swooop. Manche Händler und Hersteller geben einen Nachlass auf Neuware im Tausch gegen Altware.

Außerdem gibt es diverse Abgabestellen. Die Stadtreinigung Bremen sammelt über die Container für kleine Elektrogeräte auch Smartphones. An den Recycling-Stationen können sie ebenfalls abgegeben werden, Sammelboxen stehen auch an Schulen. „In den Smartphones sind seltene Metalle wie Gold, Indium oder Tantal enthalten – alles wertvolle Rohstoffe“, weist Sprecher Torben Kapp auf die Bedeutung der Abgabe hin. „Wenn die Alt-Handys recycelt werden, ­gelangen diese Stoffe zurück in den Materialkreislauf und müssen nicht aufwendig und umweltbelastend neu gewonnen werden.“

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Der BUND Bremen hat ebenfalls Sammelboxen aufgestellt. Ein Großteil der darin eingeworfenen Smartphones geht später ins ­Recycling, ein kleiner Teil kann weiter­verkauft werden. Zwischen Januar und September kamen über die Boxen in diesem Jahr fast 660 Smartphones zusammen, sagt ­Katharina Müller, die das Projekt koordiniert. Die Einnahmen gehen an die BUND-Jugend.

Was nun?

Als ich den Laden von Yüksel Yalcinkaya ­wieder verlasse, hab ich auf jeden Fall ­gelernt, die Daten besser noch heute als morgen zu sichern. Durch die Risse könne es leicht einen Wasserschaden geben – Kurzschluss! Das Smartphone bleibt aber vorerst, wie es ist. Auch Partner haben ihre Macken. Nur einen neuen Schutz hat der Begleiter jetzt.

Zur Sache

Es geht auch gebraucht

Es muss kein neues Modell sein – MySwooop aus Bremen hat beobachtet, dass immer mehr Verbraucher so denken. Der Markt für Secondhand-Technik ist in den vergangenen Jahren gewachsen. Das Unternehmen bereitet Smartphones, Laptops oder auch Tablets und Konsolen wieder auf und verkauft sie weiter. "Die Artikel, die sonst in der Schublade verstauben, werden in den Kreislauf zurückgeben", sagte Okan Uca von MySwooop unlängst im Gespräch. "Wir schenken ihnen ein zweites Leben."

Refurbishment wird die Generalüberholung gebrauchter Elektrogeräte genannt. Andere Anbieter bestätigen, dass es mehr Nachfrage nach den Produkten gibt – Kilian Kaminski zum Beispiel. Das Interesse sei "enorm gestiegen", sagt der Mitgründer der Reparatur-Plattform Refurbed. Der aktuelle Materialmangel trage vermutlich dazu bei, dass sich mehr Menschen mit dem Konsum von Elektronik auseinandersetzten.

Genug Geräte, die auf ein zweites Leben warten, gibt es. Viele Handys und Smartphone liegen hierzulande ungenutzt in Schubladen herum. Das zeigte eine Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom Anfang des Jahres: Es sollen 206 Millionen sein. Der Kauf eines gebrauchten Geräts habe Vorteile, sagt Niklas Meyer-Breitkreutz, der bei Bitkom für den Bereich Nachhaltigkeit zuständig ist: „Die Kundinnen und Kunden sparen auch Geld und erhalten auf die Geräte sogar wieder eine Garantie.“ Der Experte plädiert dafür, Geräte länger zu nutzen und so den CO2-Fußabdruck zu minimieren.

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