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Elektromobilität Schulterschluss für ein Konzept

Die IG Metall und die Unternehmensverbände im Lande Bremen präsentieren sich in seltener Einigkeit: Gemeinsam fordern sie das Bremer Verkehrsressort auf, ein Konzept für E-Mobilität zu erstellen.
28.09.2017, 22:14 Uhr
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Schulterschluss für ein Konzept
Von Maren Beneke

Ein Schulterschluss wie dieser ist äußerst ungewöhnlich: Die Gewerkschaft IG Metall und die Unternehmensverbände im Lande Bremen (UVHB) haben sich zusammengetan, um mehr Verlässlichkeit von der Hansestadt Bremen zu fordern. Hintergrund der ungewöhnlichen Kooperation von Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern

sind die Äußerungen des Verkehrsressorts zur Zukunft der E-Mobilität in Bremen. Ein Konzept für Elektroautos auf den Weg zu bringen könne keine Aufgabe eines Stadtstaates sein, hieß es zuletzt aus dem Hause von Senator Joachim Lohse (Grüne). Carsharing, ein gut ausgebauter Nahverkehr und Fahrradautobahnen – „das ist die Zukunft der Mobilität in einer modernen Großstadt, wie wir sie uns vorstellen“, hatte das Ressort mitgeteilt.

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Aussagen, die Volker Stahmann, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Bremen, und UVHB-Hauptgeschäftsführer Cornelius Neumann-Redlin nicht nachvollziehen können. „In einer Stadt, die eine der erfolgreichsten Automobilstandorte der Bundesrepublik ist und diese Stellung, gerade auch bei der E-Mobilität, weiter ausbaut, müssen solche Äußerungen wie eine Absage an die Zukunft ankommen“, hieß es in einer Mitteilung von Freitag.

Stahmann und Neumann-Redlin haben in der fehlenden Verlässlichkeit „eines der größten Probleme für die Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Bremen“ ausgemacht. Dazu zählte IG-Metall-Chef Stahmann auch, dass offenbar kein Gesamtkonzept E-Mobilität für Bremen geplant ist.

Ohne Konzept geht es nicht

Zwar hatte sich Verkehrssenator Joachim Lohse (Grüne) am Donnerstag zur E-Mobilität bekannt. Nur: Von einem regelrechten Gesamtkonzept wollte er nach wie vor nicht sprechen. „Es ist wichtig, verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen“, hielt Stahmann dagegen. Nur mithilfe eines Konzeptes könne sich ein Standort wie Bremen fortschrittlich präsentieren.

Bereits am Donnerstag hatte sich der Wirtschaftsverband Die Familienunternehmer zu Wort gemeldet. „Der Bremer Senat beweist erneut, dass er kein ernsthaftes politisches Angebot für die Wirtschaft bieten will“, sagte Peter Bollhagen, Bremer Vorsitzender des Verbands. Auch Claudia Kemfert meint: Ohne Konzept geht es nicht.

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„Bremen hat die besten Ausgangsvoraussetzungen, die Elektromobilität deutlich stärker als bisher auszubauen“, sagte die Ökonomin, die am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung die Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt leitet. „Allerdings bedarf es dafür eines Konzeptes, klarer politischer Ziele für eine nachhaltige Verkehrswende und einer auf Elektromobilität ausgerichteten Verkehrspolitik.“

Dazu gehören für sie unter anderem der Ausbau der Ladeinfrastruktur und die Verzahnung von E-Mobilität mit dem öffentlichen Nahverkehr. Kemfert nahm aber nicht nur Bremens Politik, sondern den Bund in die Pflicht: Insgesamt tue die Politik viel zu wenig für die Elektromobilität. „Es fehlt komplett eine Strategie für eine nachhaltige Verkehrswende.“

Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach setzt auf eine Zusammenarbeit zwischen den Autobauern und den Kommunen. Jahrelang sei nichts passiert, weil die Hersteller das Thema E-Mobilität nicht ernst genommen hätten, sagte er. Nun liege es an Bund und Kommunen, die Autobauer mit der entsprechenden Infrastruktur zu unterstützen.

Leipzig

Unter dem Motto „Leipzig fährt stromaufwärts“ hat die sächsische Metropole im August 2016 ein E-Mobilitäts-Konzept beschlossen. Die Stadt will die deutsche Modellstadt für Elektromobilität zu werden. Dazu wurde das Clusterteam Elektromobilität gegründet, ein Netzwerk aus Unternehmen, Verbänden und Hochschulen. Laut dem Konzept soll das Team gemeinsam „Projekte entwickeln, Wissen und Technologien austauschen und Innovationspotenziale erschließen“. In Leipzig kommen auf etwa 200 Elektroautos derzeit 160 Ladestationen, welche kontinuierlich ausgebaut werden sollen. Der Stadtverwaltung stehen bereits gut 90 E-Autos zur Verfügung.

Hamburg

Derzeit fahren nach eigenen Angaben etwa 1500 E-Autos durch Hamburg. Bereits 2014 wurde in der Hansestadt der Masterplan öffentlich-zugängliche Ladeinfrastruktur beschlossen. Circa 4,7 Millionen Euro werden für den Ausbau bereitgestellt. „Ende Oktober werden wir etwa 600 öffentliche Ladepunkte in Hamburg haben“, sagt Projektleiter Christoph Steinkamp. Einen Großteil der E-Säulen hat die Stadt finanziert. „Der Betrieb von Ladepunkten rechnet sich für Privatunternehmen noch nicht“, begründet Steinkamp. Auch im öffentlichen Nahverkehr tut sich einiges: Im September wurden 60 E-Busse bestellt, bis 2030 soll die ganze Flotte elektrisch fahren.

Hannover

Die niedersächsische Landeshauptstadt hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu werden. Daher erarbeitet Hannover derzeit zusammen mit Enercity Contracting und der Metropolregion Hannover-Braunschweig-Göttingen-Wolfsburg ein Konzept, das auch die Anzahl an Ladesäulen erhöhen soll. „Wir wollen die Infrastruktur dahingehend verbessern, dass das Elektrofahrzeug interessanter wird“, sagt Dennis Dix, Sprecher der Stadt Hannover. Etwa 500 E-Autos fahren derzeit in Hannover. Mit dem Projekt Urbane Logistik soll außerdem der Lieferverkehr vorangebracht werden: DHL plant, in der Stadt künftig elektrische Lieferwagen einzusetzen.

Oldenburg

Bei der Nutzung von Elektromobilität möchte die Stadt einen Gang hochschalten“, sagt Stephan Onnen, Sprecher der Stadt Oldenburg. Auf Grundlage eines energiepolitischen Arbeitsprogramms wird in Kürze eine Modellstation für Elektromobilität entstehen. „Durch den Bau soll die Wahrnehmung des Themas E-Mobilität in Oldenburg gesteigert und die Vorteile für Nutzer erfahrbar gemacht werden“, sagt Onnen. Für die Station bekommt die Stadt Fördermittel in Höhe von 44.000 Euro. Oldenburg hat derzeit etwa 20 Stromtankstellen, Kooperationspartner EWE will mittelfristig sechs bis sieben weitere errichten. Die Verwaltung nutzt aktuell vier E-Autos.

Emden

Emden ist eine Masterplan-Kommune und wird daher vom Bund gefördert. Ziel ist, die Emissionen bis 2050 um 95 Prozent gegenüber 1990 zu verringern. Zusammen mit den Stadtwerken hat Emden Konzepte für eine klimafreundliche Stadt entwickelt. „Wir haben verschiedene Studien analysiert, um herauszufinden, wie die öffentliche Hand dazu beitragen kann“, sagt Klimaschutzmanager Jann Gerdes. Neben dem Ausbau von öffentlichen Stromtankstellen sei vor allem in ländlichen Regionen das Aufladen zuhause von Bedeutung. Die Kommune hat mehrere E-Autos im eigenen Fuhrpark. „Bis 2020 soll eine zweistellige Zahl dazukommen“, sagt Gerdes.

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