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Made in Bremen: Das Startup Sharemac Große Pläne für Bremen und Tiflis

Zwei junge Unternehmer aus Georgien und Bulgarien haben viel vor in Bremen und Tiflis. Sie möchten mit ihrem Startup Sharemac die Bauindustrie digitalisieren.
21.11.2021, 06:00 Uhr
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Große Pläne für Bremen und Tiflis
Von Hannah Krug

Der amerikanische Autohersteller Tesla gilt als großes Vorbild vieler Start-ups. Nur wenige wagen es deshalb, sich mit dem Unternehmen und seinem Erfinder Elon Musk zu vergleichen. Auch Arne Stehnken, Finanzchef vom Jungunternehmen Sharemac, weiß, dass solch ein Vergleich abgedroschen klingen kann. Dennoch entspreche die Philosophie von Tesla – das Auto um die Batterie herum zu bauen – auch dem Ansatz von Sharemac. Er lautet, komplexe Probleme in der Baubranche in einem einzigen System zu lösen.

Die Geburt von Sharemac hat sich in einem sechswöchigen Innovationslabor an der Jacobs University ereignet. Die Idee: Eine Mietplattform für Baumaschinen, wie es auch der ausformulierte Name "Share Machines", auf Deutsch: Maschinen teilen, verrät. Heute steht das Start-up für sehr viel mehr. Denn die Gründer haben ein weiteres Problem erkannt: die fehlende Transparenz und Geräteübersicht auf den Baustellen. Mit der Software SAM und eigens entwickelten Übertragungsgeräten erhalten Bauunternehmen so eine digitale Dokumentation ihrer Baustellen.

37 Mitarbeiter nach anderthalb Jahren

Der gelernte Vermögensverwalter Stehnken kam erst später zum Bremer Startup. Die eigentlichen Gründer heißen Manuel Kimanov und Rezi Chikviladze. Als die beiden jungen Männer ihre Heimatländer Georgien und Bulgarien verließen, um an der Jacobs University in Bremen Nord zu studieren, wussten sie noch nicht, dass sie eineinhalb Jahre später ein Unternehmen gründen würden, das heute 37 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beschäftigt.

Wie kommt man von einer ersten Idee zu einem ausgereiften Geschäftsplan? Von Vorteil war, dass sich die Unternehmensgründer auf einen Sektor mit Potenzial spezialisiert hatten. Der eher konservativen Baubranche fehle es an Digitalisierung, sagt Kimanov. An einem Novemberabend vor vier Jahren waren die heutigen Geschäftsführer zu einem Drei-Gänge-Menü im Atlantic Grand Hotel eingeladen. Der dritte Gründer und Professor an der Jacobs University, Sven Voelpel, der heute nur noch im Hintergrund agiert, stellte den Kontakt zum Bauindustrieverband Niedersachsen-Bremen her. Auf dessen Beiratssitzung präsentierten die drei ihre Idee und erhielten volle Zustimmung. Mit dieser positiven Bewertung im Rücken konnte Stehnken schließlich etwa 400.000 Euro Startkapital von seinen Mandanten einholen.

Videokonferenzen mit Programmierern

Die drei Chefs verbindet ein flotter Rhythmus. Durch die Fenster ihres Büros können sie auf die Wallanlagen blicken. Wesentlich häufiger sind ihre Blicke aber auf die Bildschirme, die kleinen Übertragungsboxen oder die Gesichter der Kollegen fixiert. Selten gibt es eine Pause, in der es nicht um das "Baby" geht. "Der Alltag ist komplett Action", sagt Kimanov, "Ab sieben Uhr morgens rufen Kunden an. Die schätzen es sehr, dass wir so flexibel sind."

Fast stündlich wählen sich die Jungunternehmer in Videokonferenzen ein, um sich mit den in Tiflis arbeitenden Programmierern auszutauschen. Nachdem die beiden Pioniere Anfang 2018 die Sharemac GmbH gründeten und damit klar war, dass sie in Bremen bleiben würden, dauerte es nicht lange, bis sie auch in Chikviladzes' Heimatstadt Tiflis ein Tochterunternehmen ansiedelten. Stehnken zögerte zunächst, ließ sich dann aber überzeugen. "Zwei junge internationale Studenten in Deutschland haben keine Scheuklappen. Die sagen einfach: Los, wir machen das", sagt er. Heute halten dort 20 Entwickler und Entwicklerinnen die Software SAM am Laufen.

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In Deutschland kosten Programmierer viel Geld. Das liegt auch daran, dass immer noch verhältnismäßig wenige das Fach an der Universität wählen. Anders ist es in Georgien, dort studieren viele junge Menschen Informatik mit der Aussicht auf ein gutes Gehalt, weiß Chikviladze. Aber die Löhne seien immer noch ander als in München. Und noch etwas ist anders. "Wir müssen uns kennenlernen. Das ist besonders wichtig in der georgischen Kultur", sagt der 23-Jährige, "Wir sagen immer: Das Geschäft wird nicht auf dem Bürotisch, sondern beim Abendessen abgewickelt." Öfters als zunächst gedacht fliegt nun einer der drei nach Tiflis, um mit den Mitarbeitern Wein zu trinken, essen zu gehen und über das Geschäft zu sprechen. Im Dezember kommen erstmals auch zwei Entwickler nach Bremen. "Zum Weihnachtsmarkt in Bremen", sagt Kimanov mit einem Grinsen.

Kimanov und Chikviladze schätzen die Hansestadt für ihr Netzwerk und die kurzen Wege. "Wir haben uns schon einen Namen gemacht. Zum Beispiel bei der Bremer Aufbaubank oder beim Starthaus Bremen. Das ist wichtig für das Wachstum", sagt Kimanov. Chikviladze lacht und fügt hinzu: "In Bremen ist es günstiger zu leben als in München oder Berlin und es gibt weniger Konkurrenz." Und der in Bremen aufgewachsene Stehnken freut sich, dass das Unternehmen in seiner Heimatstadt wächst und Arbeitsplätze schafft.

Strabag ist Kunde

Generell wissen die drei, dass sich die großen Bühnen der Start-up-Branche in Berlin, München, Hamburg oder im Ausland befinden. Aber diese Nähe benötigen sie fast nicht mehr, denn mit der Straßenbau-Actien-Gesellschaft Niederlahnstein (Strabag) hat Sharemac einen der größten Baukonzerne in Europa als Kunden gewonnen. "Das war für uns ein Riesending", sagt Stehnken. Plötzlich mussten sie mithilfe von Anwälten unzählige Verträge ausfüllen; die Umsätze schnellten nach oben.

Sharemac gilt in der Branche mittlerweile als Erfolgsgeschichte. Trotzdem will das Trio nichts überstürzen. "Wir diskutieren das viel: Wie schnell wollen wir wachsen?", sagt Stehnken. Die Gefahr eines schnellen Wachstums sei, dass man den Überblick verliere, sagt Kimanov. "Wir tragen viel Verantwortung. Unsere Unternehmensstruktur muss gut funktionieren. Das braucht ein gutes Management", sagt der 27-Jährige. Immer wieder gehe es ums Team, das gut integriert werden müsse. Ein überstürztes "nach oben" könne dem Team und damit dem Unternehmen schaden.

Zur Sache

Unternehmer-Award

Die Sharemac GmbH ist im Oktober mit dem Unternehmer-Award von der KfW-Bankengruppe ausgezeichnet worden. Der Preis hat sich laut dem KfW-Vorstand als deutschlandweites Gütesiegel für innovative, kreative und sozial verantwortliche neue Geschäftsmodelle etabliert. Die Auszeichnung ist mit 1000 Euro dotiert. 

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