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Spediteure warnen Höhere Lkw-Maut könnte Lebensmittel verteuern

Kommt die höhere Lkw-Maut wirklich zum 1. Dezember? Simeon W. Breuer von der L.I.T.-Gruppe malt ein düsteres Bild für seine Branche und für die Preise der Lebensmittel im Supermarkt.
18.10.2023, 10:26 Uhr
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Höhere Lkw-Maut könnte Lebensmittel verteuern
Von Florian Schwiegershausen

Simeon W. Breuer macht sich nicht nur Sorgen um sein Geschäft, sondern um seine ganze Branche - angesichts der Lkw-Maut, die zum 1. Dezember erhöht werden soll. Breuer ist Vorstandsmitglied der L.I.T.-Gruppe aus Brake mit einem großen Standort beim Bremer Güterverkehrszentrum. L.I.T hat 1400 Lkw und knapp 4000 Beschäftigte und mehr als 250 große Kunden aus der Lebensmittelbranche, ebenso wie aus der Automobilbranche.

Breuer sagt über die geplante Lkw-Maut: "Ich habe mich noch nie so allein gelassen gefühlt mit dieser Thematik. Ich mache meine Arbeit schon seit über 20 Jahren, aber die Ampelkoalition saß da anscheinend im stillen Kämmerlein und hat sich überlegt, wie man Geld eintreiben kann.“

Wahrscheinlich zum 1. Dezember müssen Spediteure wie er einen Aufschlag in Höhe von 200 Euro pro Tonne CO? zahlen. Laut dem Logistikverband BGL wird sich die Lkw-Maut dadurch nahezu verdoppeln. Ab Sommer 2024 sollen zusätzlich Lkw mit bis zu 3,5 Tonnen Gesamtgewicht Maut zahlen. Breuer weist außerdem darauf hin, dass ab Januar zusätzlich die nächste Stufe der CO2-Besteuerung auf Kraftstoffe greift. Der ADAC rechnet mit drei Cent mehr pro Liter Diesel und Benzin.

Höhere Preise im Supermarkt befürchtet

Das L.I.T.-Vorstandsmitglied weist darauf hin, dass es am Ende der Verbraucher sein werde, der am Supermarktregal diese Erhöhung zahle. Für seine Branche befürchtet Breuer weitere Auswirkungen: "Viele reduzieren ihren Fuhrpark oder hegen sogar den Gedanken, aufzuhören. Denn sie haben schon jetzt den täglichen Kampf, ihre Lkw optimal auszulasten inklusive Fahrer. Diese zusätzliche Kostensteigerung können einige nicht mitgehen. Wenn das so ist, werden wir das auch in den Regalen der Supermärkte merken. Dann hätten wir englische Verhältnisse, weil keiner mehr da ist, der die Ware liefert.“

Die L.I.T.-Gruppe ist dem bundesweit größten mittelständischen Ladungsverbund namens Elvis angeschlossen. Dort und in der gesamten Branche herrscht laut Breuer Angst: "Denn durch das allgemeine Umfeld von Rezession, Inflation und Fachkräftemangel wissen die Unternehmen nicht, wie sie die Kosten weitergeben können.“

Verband: Bis zu 400 Euro mehr pro Jahr

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Matthias Gastel, Mitglied des Verkehrsausschusses, bezeichnete in der "Lebensmittelzeitung" die Auswirkungen auf den Endverbraucher als „überschaubar“. Als Beispiel nannte er den Preis einer Flasche Bier: Die Kosten für deren Transport steige auf dem Weg von München nach Hamburg um 0,8 Cent. Für eine Kiste Bier mit 24 Flaschen würde das dann mindestens 19 Cent mehr bedeuten. Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), geht davon aus, dass ein Vier-Personen-Haushalt durch die gestiegene Lkw-Maut mit zwischen 350 und 400 Euro mehr pro Jahr belastet werde.

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L.I.T.-Vorstandsmitglied Breuer betrachtet es als richtig, dass die Dekarbonisierung voran getrieben werde, aber "mit dieser Mauterhöhung schafft die Bundesregierung keinen Anreiz.“ Er hätte sich gewünscht, dass die Lastwagen abhängig von der Antriebsart bei der Maut unterschiedlich bepreist werden. Die LNG-betriebenen Lkw waren bisher von der Maut ausgenommen und sollen in Zukunft ebenso voll zahlen. Das findet Breuer unfair: "Die LNG-Lkw tragen zumindest in einem ersten Schritt zur Dekarbonisierung bei. Deshalb sollte die Bundesregierung doch wenigstens das bei der Bemautung berücksichtigen.“

Forderung: Maut verschieben

Außerdem seien durch den Ukraine-Krieg die LNG-Preise durch die Decke gegangen. Breuer hat 60 Fahrzeuge und ließ diese zwischenzeitlich stehen: "Die konnte man nicht mehr betriebswirtschaftlich betreiben. Abmelden durften wir diese Lkw nicht, dann hätten wir die Förderung zurückzahlen müssen."

Dem Spediteur wäre es am liebsten, die Maut für einen gewissen Zeitraum zu verschieben angesichts der kurzen Vorlaufzeit: "Wir haben jetzt Mitte Oktober, es ist nichts beschlossen, und ich habe 250 namhafte Kunden, mit denen wir arbeiten. Ich muss Gespräche mit den Kunden führen, weil ich ja nicht einfach die Kosten oben draufsetze.“ Mit dieser Forderung ist Breuer nicht allein. Der BGL und deren Landesverband Verkehrsgewerbe Bremen sieht es genauso. "Den Spediteuren bleibt ja keine Zeit, um mit den Kunden über entsprechende Preiserhöhungen zu reden", sagt Geschäftsführer Olaf Mittelmann. Außerdem möchten einige Kunden einen Jahrespreis genannt bekommen – den könne man jetzt auch noch nicht nennen.

Simeon W. Breuer sagt abschließend: „Wir haben in der Logistik bei Weitem nicht die Renditen wie in der Automobilindustrie. Es gibt auch genug, die überhaupt keine Renditen schreiben. Es wird ein Massensterben in der Speditionswelt geben. Davon bin ich überzeugt.“ Ein Kunde habe ihm bereits vorgeschlagen, die höheren Mautkosten erst ab Januar zu zahlen, auch wenn die bereits ab Dezember gelten.

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Der Bundesrat hat es in der Hand

Nach aktuellem Stand hätte einzig der Bundesrat noch eine Verschiebung in der Hand. Denn der Fahrplan für das Gesetz über die höhere Lkw-Maut sieht so aus: Am Mittwoch wird voraussichtlich der Verkehrsausschuss des Bundestags sein Okay geben - denn die Maut wird mit an das Gesetzespaket zur Genehmigungsbeschleunigung gekoppelt.

Spätestens am Freitag wird der Bundestag der Maut zustimmen, und dann könnte das Gesetz am gleichen Tag auf der Tagesordnung der Bundesratssitzung stehen. Am Mittwoch muss der "Ständige Beirat" des Bundesrats aber der verkürzten Frist für dieses Gesetz zustimmen. Wie Bremen im Bundesrat über die höhere Lkw-Maut abstimmen wird, stand am Dienstag nicht fest. Der Bund rechnet durch die erhöhte Lkw-Maut mit jährlichen Zusatzeinnahmen von mehr als sieben Milliarden Euro.

Das Bundesverkehrsministerium sieht keine Gefahr für steigende Verbraucherpreise: "Die Mautkosten machen nur einen geringen Anteil der Transportkosten und somit einen noch geringeren Teil der Gesamtkosten (Endprodukt) aus. Etwa 0,1 Prozentpunkte, hieß es im Juni aus der Behörde.

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