Das Ziel: 30 Milliarden Euro. Mit dieser Summe rechnet Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) durch die zusätzliche Lkw-Maut, die zum 1. Dezember eingeführt werden soll und einen Kohlendioxid-Aufschlag von 200 Euro pro Tonne CO2 beinhaltet. Wer diesen Aufschlag bezahlt? Zunächst der Fuhrunternehmer. Er kann einen Großteil dieser Kosten an seine Kunden weiterreichen. Die werden darauf aber nicht sitzen bleiben. Das Weiterreichen geht weiter. Das Ende der Kette bildet der Verbraucher, der dann teurere Waren kauft.
Am Ende zahlt der Verbraucher
Vielleicht sind es je nach Produkt nur ein paar Cent, aber darum geht es nicht: Am Ende sind es eben einfach zusätzliche Kosten, eine Art indirekte Steuer, der sich der Verbraucher nicht entziehen kann.
Die bis 2027 erwarteten 30 Milliarden Euro sollen in erster Linie in den Ausbau des Schienennetzes fließen. Das ist eine sinnvolle Investition. Aber kann die nicht aus den „normalen“ Steuereinnahmen gestemmt werden? Nach Angaben des Statistischen Bundesamts wurden im vergangenen Jahr in Deutschland insgesamt 895,7 Milliarden Euro Steuern vor der Steuerverteilung von Bund, Ländern und Gemeinden eingenommen – ein neuer Rekord. Gegenüber dem Vorjahr war das ein Anstieg um 62,5 Milliarden Euro (plus 7,5 Prozent).
Wissing geht es bei der zusätzlichen Maut nach eigenen Angaben um den Umweltschutz. Mit dem Kohlendioxid-Aufschlag soll ein Anreiz geschaffen werden, in emissionsfreie Lastwagen zu investieren. Denn die sind bis Ende 2025 von der Maut befreit. Danach werden 25 Prozent des regulären Satzes fällig. Derzeit verursachen Nutzfahrzeuge etwa ein Drittel der CO2-Emissionen im Verkehr.
Maßnahmen für den Umweltschutz – dagegen kann niemand etwas haben. Damit hätte in vielen Bereichen schon viel früher angefangen werden müssen. Jammern hilft nun aber nicht, besser zu spät als gar nicht. Insofern gibt es für das Handeln des Bundesverkehrsministers einen Daumen hoch – doch der senkt sich gleich wieder. Denn die Gesetzesinitiative passt mit dem Umweltschutz nicht zusammen.
Nur für neue Fahrzeuge sinnvoll
Es ist mehr als fraglich, dass diese zusätzliche Maut tatsächlich Wirkung zeigt. Denn ein Fuhrunternehmer, der 100 Lastwagen betreibt, wird seine noch nicht alte Diesel-Flotte wegen der zusätzlichen Maut nicht sofort durch E-Fahrzeuge ersetzen: Die Diesel-Lkw sind noch nicht abgeschrieben, die Investition in emissionsfreie Lastwagen ist in so einem Fall unmöglich. Realistischer wäre es gewesen, wenn der Kohlendioxid-Aufschlag – und dann gerne deutlich höher – nur für künftig neu anzuschaffende Lkw erhoben wird. Das könnte ein Anreiz sein, sich als Fuhrunternehmer für einen emissionsfreien Lastwagen zu entscheiden, wenn bis dahin auch das Ladenetz enger geknüpft ist.
Laut einer Studie der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) aus dem vergangenen Jahr ist das mangelnde Ladenetz einer der Hauptgründe für die Skepsis der europäischen Flottenbetreiber gegenüber dem Elektro-Lkw: Demnach planen nur 16 Prozent der von BCG befragten Fuhrunternehmer in den nächsten zehn Jahren den Kauf eines E-Lkw.
Dabei haben Elektro-Lastwagen nach Angaben der Studie Zukunft: Die momentan etwa dreimal so teuren Elektro-Trucks dürften Diesel-Lkw bei den Gesamtkosten schon in ein paar Jahren unterbieten. Mittlere und schwere Lkw mit Batterieantrieb und 120.000 Kilometer Fahrleistung könnten schon 2025 auf Augenhöhe mit den Diesel-Lkw sein.
Beim jetzigen Gesetzentwurf für die zusätzliche Lkw-Maut steht zwar auf der Verpackung Umweltschutz, aber inhaltlich geht es am Thema vorbei, wenn mit diesem Kohlendioxid-Aufschlag wirklich die Umweltbelastung im Straßenverkehr reduziert werden soll. Dass die Energiewende dringend notwendig ist, ist der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung bewusst. Und ihr ist auch bewusst, dass eine Vielzahl an Maßnahmen und neuen Gesetzen flankierend den Weg dorthin vorgeben muss. Auch der Kohlendioxid-Aufschlag für Lkw könnte dazugehören – er müsste aber überarbeitet werden.