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Gesetzesentwurf Höhere Lkw-Maut sorgt für Unmut in der Logistikbranche

Bundesverkehsminister Volker Wissing plant eine reform der Lkw-Maut. Zum 1. Dezember 2023 soll ein Kohlendioxid-Aufschlag von 200 Euro pro Tonne CO2 eingeführt werden. Die Logistikbranche reagiert fassungslos.
15.06.2023, 05:00 Uhr
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Höhere Lkw-Maut sorgt für Unmut in der Logistikbranche
Von Eva Hornauer

In Fuhr- und Logistikunternehmen ist die Stimmung seit Mittwoch angespannt. Grund: Ein Gesetzesentwurf zur Lkw-Maut von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP), den das Bundeskabinett am Mittwoch auf den Weg gebracht hat. Die Lkw-Maut auf Bundesstraßen und Autobahnen soll den Schadstoffausstoß stärker berücksichtigen und im nächsten Jahr auf kleinere Lastwagen ausgeweitet werden. Konkret soll zum 1. Dezember 2023 ein Kohlendioxid-Aufschlag von 200 Euro pro Tonne CO2 eingeführt werden.

„Die Erhöhung kommt zu einem schlechten Zeitpunkt“, sagt Dariusz Dudek, einer der beiden Geschäftsführer vom Logistikunternehmen Dudek & Kling mit Sitz in Weyhe. „Durch die Inflation sind die Preise ohnehin schon hoch. Wenn die neue Lkw-Maut kommt, wird das nicht besser.“ Die Extrakosten müsse das Logistikunternehmen an seine Kunden weitergeben, die dann wiederum ihre Preise für Produkte erhöhen müssten. Besonders sorgen ihn die Leerkilometer, also die Strecke, die ein Lkw vom Abladeort bis zur nächsten Beladung zurücklegt. „Diese Kilometer zahlen uns unsere Kunden nicht. Die Maut für diese Strecken bleibt dann auch an uns kleben“, erklärt Dudek.

Branche kritisiert Gesetzesentwurf

Fassungslos reagiert auch der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) auf die geplante Änderung der Lkw-Maut. "Bei den mittelständischen Transport- und Logistikunternehmen herrscht Fassungslosigkeit über die Mautverdopplung zum 1. Dezember", teilt BGL-Vorstandssprecher Dirk Engelhardt mit. "In einer Mischung aus Existenzsorgen, Wut und empfundener Geringschätzung über die tägliche Leistung dieser systemrelevanten Branche bei der Versorgung der Bevölkerung, haben den BGL unzählige Hilferufe und Appelle erreicht."

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Zudem sollen laut Wissings Gesetzesentwurf „zum technisch frühestmöglichen Zeitpunkt“ am 1. Juli 2024 auch leichtere Lastwagen ab 3,5 Tonnen in die Mautpflicht einbezogen werden – bisher greift sie ab 7,5 Tonnen Gesamtgewicht. Ausgenommen werden sollen Transporter von Handwerksbetrieben. Wissing betonte, dass die bis 2027 erwarteten zusätzlichen Mauteinnahmen von rund 30 Milliarden Euro nach einem Beschluss der Koalitionsspitzen vor allem in die Schiene investiert werden sollen. „Davon profitiert auch die Straße, die bei einer Verlagerung von Verkehren entlastet wird.“ Die Lkw-Maut wird seit 2005 auf Autobahnen kassiert und wurde schrittweise auf alle Bundesstraßen ausgeweitet. Die Einnahmen lagen im vergangenen Jahr bei 7,4 Milliarden Euro.

Emissionsfreie Lkw von Maut befreit

In der neuen Mautregelung gibt es eine Ausnahme: Emissionsfreie Lastwagen sollen bis Ende 2025 von der Maut befreit werden. FDP-Politiker Wissing sagte, dies setze einen starken Anreiz für die Branche, auf klimafreundliche Fahrzeuge umzusteigen. Das sei wichtig, da Nutzfahrzeuge derzeit noch rund ein Drittel der CO2-Emissionen im Verkehr verursachten.

Diese Argumentation des Bundesministers beurteilt die Speditionsbranche als wenig schlüssig. „Da es am Markt kaum emissionsfreie Lkw und keine entsprechende Tank- und Ladeinfrastruktur gibt, gleicht die Mautverdopplung einer Steuererhöhung, die nicht vermieden werden kann“, so Engelhardt vom BGL. Wo weitere Preissprünge nicht machbar seien, fürchteten Mittelständler laut BGL, ihre Betriebe aufgeben zu müssen – vor allem auf dem Land.

Auch Dudek aus Weyhe sieht in der ungenügend ausgebauten Ladeinfrastruktur ein großes Problem. „Die Branche ist im Gespräch, um emissionsfreie Lkw zu besorgen. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht“, so der Logistikunternehmer. „Aber mit der momentanen Ladeinfrastruktur können ­E-Lkw schlicht keine Langstrecken fahren. Es fehlen Ladesäulen ohne Ende.“ Dudek schätzt, dass in vier bis fünf Jahren die Infrastruktur so weit sei, dass zumindest ein Teil der Langstreckenfahrten mit E-Lkw bestritten werden könne.

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Robert Völkl, Geschäftsführer beim Verein Bremer Spediteure, schätzt die Technik und die benötigte Infrastruktur ebenfalls als unzureichend ein. „Das Vorhaben wird keine Lenkwirkung haben, denn die Alternativen sind einfach noch nicht so weit. Man geht hier den zweiten Schritt vor dem ersten“, sagt Völkl. „Das ist Geldschneiderei, ohne damit etwas Gutes für den Umweltschutz zu tun.“

Das Ministerium erläuterte, dass Mautkosten generell einen geringen Anteil der Transportkosten und damit einen noch geringeren Teil der Gesamtkosten von Endprodukten ausmachten. Spürbare Auswirkungen auf das Niveau der Verbraucherpreise seien demnach nicht zu erwarten. Die Bremer Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) wollte während der laufenden Koalitionsgespräche am Mittwochabend kein Statement zu den Plänen des Bundesverkehrsministers abgeben.

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