Frau Ryglewski, für die Gastronomie wurde die Mehrwertsteuer pauschal auf sieben Prozent gesenkt. Eine Erleichterung, die sich auf künftige Einnahmen bezieht. Das Geld fehlt aber schon oft jetzt. Wem nützt die Senkung also?
Sarah Ryglewski: Weil fast überall die Einnahmen wegbrechen, haben wir bereits viel getan, um Unternehmen schnell mit Geld zu versorgen. Und zwar durch Kredite, Soforthilfen und Steuerstundungen. Außerdem ermöglichen wir jetzt zusätzlich, dass Unternehmen sich einen Teil der im letzten Jahr gezahlten Steuern zurückzahlen lassen. Die Maßnahmen haben ein historisches Ausmaß und dienen dazu, Arbeitsplätze zu erhalten. Die Senkung der Mehrwertsteuer hilft der Gastronomie zusätzlich dann, wenn Restaurants und Cafés wieder öffnen. Gerade weil sie in einem ersten Schritt vermutlich nicht gleich alle Platzkapazitäten nutzen können.
Der Beschluss gilt ab dem 1. Juli. Werden dann Restaurants und Cafés wieder öffnen dürfen?Das wäre schön. Aber wir fahren auf Sicht, und das halte ich für richtig. Bei aller Sorge um die Wirtschaft: Im Mittelpunkt steht die Gesundheit der Bevölkerung. Deswegen müssen wir die Lage Woche für Woche neu bewerten.
Kann die Steuersenkung Vorbild für andere Bereiche sein? Markus Söder hat etwa die Abschaffung des Solidaritätszuschlags noch vor diesem Sommer gefordert.Olaf Scholz hat schon im Februar vorgeschlagen, die Abschaffung des Solidaritätszuschlags für die unteren und mittleren Einkommen auf den Juli vorziehen. Ich sehe allerdings nicht, wie eine Abschaffung auch für die Reichsten, wie von Markus Söder vorgeschlagen, jetzt denen helfen soll, die Hilfe benötigen. Außerdem überprüfen wir die Hilfsmaßnahmen natürlich laufend und schauen, wo weitere Unterstützung für Beschäftigte und Unternehmen sinnvoll ist. Um die Wirtschaft nach der Krise wieder in Schwung zu bringen, brauchen wir zielgerichtete konjunkturelle Maßnahmen. Steuersenkungen für Spitzenverdiener sind das falsche Mittel. Sie erreichen nicht die, die jetzt Hilfe brauchen, und das Geld fehlt an anderer Stelle.
Das ist ein riesiger Erfolg. Das Kurzarbeitergeld ist ein sehr gutes Instrument, das Arbeitsplätze sichert und uns besser als andere Länder durch die Krise kommen lässt. Aber für Menschen, die schon zu normalen Zeiten keine hohen Löhne haben, ist es sehr schwer, mit 60 Prozent ihres Lohns auszukommen. Mit der Erhöhung sorgen wir für Erleichterung, auch wenn die Situation für viele natürlich weiterhin nicht einfach ist.
Sie vertreten Bremen als Abgeordnete in Berlin. Welche Fragen haben Sie in den vergangenen Wochen aus der Hansestadt erreicht?Es geht viel um Kurzarbeit und Hilfen für Unternehmen. Aber auch viele Eltern haben sich bei mir gemeldet und berichtet, welche Probleme sie mit der Betreuung haben und wie schwer die Situation für ihre Kinder ist. Wir müssen daher schauen, wie wir Eltern finanziell entlasten können und etwa die Sperrung von Spielplätzen überdenken.
Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus sagte, ihm mache Angst, wie viel Geld der Staat jetzt ausgebe. Schließlich müsse es auch zurückgezahlt werden. Teilen Sie diese Angst?Olaf Scholz geht verantwortungsvoll mit den Haushaltsmitteln um, das hat er bewiesen. Deshalb starten wir auch mit gut gefüllten Kassen in die Krise. Natürlich nehmen wir jetzt neue Schulden auf, um Arbeitslosigkeit und Pleitewellen zu verhindern. Wenn die Wirtschaft nach der Krise aber wieder läuft, können wir das auch schultern. Es wäre falsch, jetzt nicht das Nötige zu tun, um den Menschen und der Wirtschaft zu helfen.
Das Gespräch führte Stefan Lakeband.Sarah Ryglewski (37)
war Mitglied der Bremischen Bürgerschaft, ist seit 2015 Bundestagsabgeordnete und seit vergangenem Jahr Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesfinanzminister.