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Streit um die "Gorch Fock" Gericht will Vergleich zwischen Bredo und Bund erreichen

Seit einer Woche ist die "Gorch Fock" auf dem Weg zu den Kanaren. Doch der Streit um die Instandsetzung des Marineschulschiffes hält an. Das Oberlandesgericht Bremen will mit einem Vergleich schlichten.
24.11.2021, 17:33 Uhr
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Von cb

Im Streit zwischen der Bremerhavener Dockgesellschaft (Bredo) und der Bundeswehr um die Reparaturkosten des Marineschulschiffs "Gorch Fock" hat das Oberlandesgericht (OLG) Bremen einen Vergleich vorgeschlagen. Demnach würde der Bund der Werft 2,5 Millionen Euro zahlen für Leistungen, die die Bredo bei der Instandsetzung des Seglers erbracht hat. Die streitenden Parteien haben jetzt bis Ende März 2022 Zeit, sich zu einigen.

Die Bredo hatte 10,5 Millionen Euro gefordert; der Bund seinerseits wollte 3,6 Millionen Euro für die Beseitigung angeblicher Mängel an dem Schiff von der Werft haben. In erster Instanz hatte das Landgericht Bremen beide Klagen vor einem Jahr abgewiesen.

"Wir werden den Vorschlag des Gerichts jetzt intern beraten", kündigte Bredo-Chef Thorsten Rönner am Mittwoch nach der Verhandlung vor dem OLG an. "Wir wollen den Streit vom Tisch haben."

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Ende 2015 hatte die Elsflether Werft den Auftrag zur Reparatur der "Gorch Fock" bekommen. Veranschlagte Kosten: rund zehn Millionen Euro. Weil die Werft über kein eigenes Dock verfügte, wurde der Marinesegler im Januar 2016 bei der Bredo in Bremerhaven gedockt. Während der Reparatur tauchten immer mehr Schäden auf. Am Ende lag nur noch der Rumpf im Dock, an dem rund 70 Prozent der Stahlplatten erneuert werden mussten. Die Reparaturkosten stiegen auf 135 Millionen Euro.

Im Februar 2019 meldete die Elsflether Werft Insolvenz an. Lieferanten und Unterauftragnehmer blieben auf ihren Rechnungen sitzen. Deshalb will sich die Bremerhavener Werft ihr Geld jetzt vom Auftraggeber direkt holen: dem Bund. Der jedoch will nicht zweimal für dieselbe Leistung zahlen; das Geld sei der Elsflether Werft vor deren Insolvenz überwiesen worden.

Die zentrale Frage in dem Rechtsstreit lautet: Wem gehört die rundum erneuerte "Gorch Fock"? Nach Auffassung von Rechtsanwalt Gerhard Liening, der die Bredo vertritt, gehört sie bis zur vollständigen Bezahlung in Teilen der Werft. "Die ,Gorch Fock' gab es nicht mehr – sie wurde vollständig zerlegt. Der Kasko wurde mit Ausnahme des Schiffsbodens völlig neu gebaut", erklärte er dem Gericht.

Sollte sich diese Auffassung durchsetzen, wäre das für die Gegenseite ein juristischer Albtraum. "Wenn ein Auftragnehmer durch eine Instandsetzung zum Miteigentümer wird, hätte das Auswirkungen auf alle unsere Aufträge für alle Waffensysteme", erläuterte Annette Lehnigk-Emden, Vizepräsidentin des  Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr. Jeder zerlegte Panzer wäre dann vorübergehend nicht mehr im alleinigen Besitz der Bundeswehr. Deshalb will das Amt den Fall notfalls bis vor den Bundesgerichtshof tragen.

Der Vorsitzende Richter Klaus-Dieter Schromek tat sich schwer mit einer Antwort. Die Eigentumsfrage sei "eine schwierige Frage", räumte er ein. "Vielleicht kann man sie gar nicht eindeutig beantworten." Zwar neige das Gericht zu der Auffassung, dass die "Gorch Fock" auch während der Reparatur im Besitz des Bundes geblieben sei – die Bredo hätte dann schlechte Karten. Aber bevor der Fall zum Bundesgerichtshof wandert, will Schromek es mit einer gütlichen Einigung zwischen den Kontrahenten versuchen.

Doch der Bund beschuldigt die Bredo-Werft, sich an möglichen Betrügereien der Elsflether Werft beteiligt zu haben. Durch Kick-back-Zahlungen, ein System von überhöhten Rechnungen und Gutschriften, soll der Bund im Zusammenhang mit dem "Gorch Fock"-Auftrag um "grob geschätzt 15 Millionen Euro" betrogen worden sein, so Rechtsanwalt Frank Deller. Es gebe Anhaltspunkte, dass die Bredo "Teil dieses illegalen Systems" gewesen sei.

Die Werft bestreitet das. Und trotz des laufenden Rechtsstreits setzen beide Seiten ihre Geschäftsbeziehungen fort: Im Juni wurde die Fregatte "Baden-Württemberg" für eine sechsmonatige Grundinstandsetzung bei der Bredo gedockt.

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