Verbraucher in Deutschland müssen sich nach Berechnungen des Vergleichsportals Verivox auf zusätzliche Belastungen beim Strompreis einstellen. Die sogenannten Netznutzungsentgelte steigen im kommenden Jahr bundesweit um durchschnittlich 20,4 Prozent – so stark wie nie. Das zeigt die Auswertung vorläufiger Daten für 67 Prozent aller Haushaltskunden. Bei einem Verbrauch von 4000 Kilowattstunden liegen demnach die Netzkosten 2023 bundesweit voraussichtlich bei 367 Euro netto. Das entspricht laut Verivox einem Preisanstieg von 62 Euro pro Jahr.
Netzentgelte sind eine Art Porto für den Stromtransport. Sie setzen sich aus Kosten für die großen Übertragungsleitungen sowie für die örtlichen Verteilnetze zusammen. Der Bund will im Zuge des dritten Entlastungspaketes in einem ersten Schritt mit einem Zuschuss von knapp 13 Milliarden Euro die Gebühren von Haushalten und Industrie für die Nutzung der großen Übertragungsnetze stabilisieren.
Die Stromnetzgebühren vor Ort verändern sich – je nach Region – unterschiedlich. In Bremen soll der Anstieg mit vier Prozent am geringsten ausfallen. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es dagegen demnach das größte Plus mit 52 Prozent.
Was heißt das nun für die Kundinnen und Kunden der Bremer SWB? Rückschlüsse auf die Entwicklung des Strompreises sind nur bedingt möglich. Denn die Netznutzungsentgelte, die in diesem Fall Wesernetz bekommt, sind ein Teil in der Gesamtkalkulation der Stromkosten. "Und das handhabt jedes Energieversorgungsunternehmen selbst", sagt die SWB-Sprecherin Angela Dittmer. "Die Info zu steigenden Netzkosten liefert einem Kunden keine Anhaltspunkte über die Höhe seines künftigen Strom- oder Gaspreises!" Es lasse sich höchstens ableiten, dass der Anstieg wahrscheinlich zu Erhöhungen führen werde. Die SWB selbst geht von steigenden Strompreisen aus.
Rund ein Viertel des Kilowattstundenpreises
Die Stromnetzgebühren machen aktuell bei der SWB rund ein Viertel des Kilowattstundenpreises aus. Daneben spielt die Beschaffung der Energie eine Rolle. Bisher kann die SWB die Entwicklungen am Markt abfedern, weil sie frühzeitig Strom eingekauft hat. Der Vorteil schwindet jedoch allmählich. Die Netznutzungsentgelte sind vorläufig und können von der Bundesnetzagentur bis Ende des Jahres noch geändert werden. Die SWB muss allerdings schon rechnen: Derzeit werden die neuen Strom- und Gaspreise kalkuliert.
Die EWE aus Oldenburg geht ebenfalls tendenziell von steigenden Strompreisen aus – auch wegen der Netzentgeltentwicklung. "Für Haushaltskunden mit einem Jahresverbrauch von 3.500 Kilowattstunden steigt das gesamte jährliche Netzentgelt um rund 40 Euro pro Jahr", teil Sprecher Dietmar Bücker mit. Das seien circa 17 Prozent. Zumindest in diesem Fall sieht es beim Gas besser aus. Dort verzeichnet die EWE laut Bücker keine so starke Entwicklung bei den Netzentgelten. "Dort wird wesentlicher Treiber die Beschaffung sein. Tendenziell rechnen wir hier mit steigenden Preisen."
Im Moment ist aber viel in Bewegung bei den Energiepreisen. Das Wirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne) hat jetzt ein erstes Konzept für eine Strompreisbremse entwickelt, um Verbraucherinnen und Verbraucher damit zu entlasten. Das berichtet das "Handelsblatt", dem das entsprechende Papier vorliegt. Das Konstrukt soll dem Bericht zufolge dem Prinzip der Gaspreisbremse ähneln: "Demnach soll jeder Haushalt ein Grundkontingent an vergünstigtem Strom bekommen." Die Entlastung sollen die Energiekonzerne stemmen, "indem der Bund ihre 'Zufallsgewinne' abschöpft".