- Migranten besetzen fast zwei Drittel aller neuen Jobs
- Arbeitnehmerkammer befürchtet verschenktes Potenzial
- Über ein Drittel der Migranten arbeitet zum Niedriglohn
Ein Viertel aller Beschäftigten in Bremen hat eine Migrationsgeschichte. Sie verdienen im Schnitt zwölf Prozent weniger als Beschäftigte ohne Einwanderungsbiografie. Das geht aus einer Studie der Arbeitnehmerkammer hervor, die zum Internationalen Tag der Migranten am 18. Dezember die Lage der migrantischen Beschäftigten untersucht.
Die Bedingungen seien für Menschen mit Migrationsgeschichte zumeist schlechter, sagt Elke Heyduck, Geschäftsführerin der Arbeitnehmerkammer. Sie würden häufiger unterhalb ihrer Qualifikation arbeiten und seien stärker durch unsichere Arbeitsverträge belastet. „Wenn wir möchten, dass diese Menschen sich für Bremen entscheiden, muss klar sein, dass sie sich willkommen fühlen und zu fairen Bedingungen arbeiten können.“
Migranten besetzen fast zwei Drittel aller neuen Jobs
Jeder zehnte Bremer Beschäftigte gilt als Ausländer, die Zahl der Personen mit Migrationsgeschichte ist deutlich größer: Gemeint sind all diejenigen, die entweder selbst im Ausland geboren sind oder einen Elternteil haben, auf den das zutrifft. Für den Arbeitsmarkt seien diese Menschen enorm wichtig: In den vergangenen zehn Jahren geht der Beschäftigungszuwachs in Bremen nach den Daten der Arbeitnehmerkammer vor allem auf Ausländer zurück. Demnach habe sich ihre Zahl in dieser Zeit mehr als verdoppelt. Fast zwei Drittel aller sozialversicherten Jobs, die in den vergangenen zehn Jahren im Land Bremen neu entstanden sind, seien mit Ausländerinnen besetzt worden. Knapp 40 Prozent der ausländischen Beschäftigten kämen dabei aus der EU.
Wie die Daten zeigen, unterscheidet sich die Altersverteilung deutlich: Während schon jeder vierte deutsche Beschäftigte über 55 Jahre alt ist, ist es nur jeder zehnte ausländische. „Zuwanderung ist im demografischen Wandel von besonderer Bedeutung, schließlich verlassen viele Bremer Beschäftigte in den nächsten zehn Jahren altersbedingt ihre Jobs“, betont Heyduck.
Arbeitnehmerkammer befürchtet verschenktes Potenzial
Zugleich würden Beschäftigte mit Migrationsgeschichte besonders häufig unterhalb ihrer eigenen Qualifikation arbeiten, zeigt die Untersuchung: Mehr als 40 Prozent geben darin an, für ihre aktuelle Tätigkeit überqualifiziert zu sein. Besonders häufig arbeiten Ausländer demnach im Bereich Verkehr und Lagerei, der Gastronomie, der Leiharbeit und im Reinigungsgewerbe. Besonders oft handele es sich um Jobs, für die kein Ausbildungsabschluss erforderlich ist.
Die Gründe dafür können vielfältig sein: Erforderliche Deutschkenntnisse, komplexe Anerkennungsverfahren, der schwierige Zugang zu Netzwerken, die für die Jobsuche hilfreich sind. Auch Diskriminierungen in Einstellungsverfahren und am Arbeitsplatz würden eine Rolle spielen.
„Auch bei der Zuwanderung ist Bildung das Zauberwort“, sagt Heyduck. Mithilfe eines sogenannten Job-Turbos sollen Zugewanderte möglichst früh in den Arbeitsmarkt integriert werden. Doch zu viele von ihnen würden als Helfende einsteigen. Sie müssten jederzeit Zugang zu Qualifizierung, Anerkennung, Sprachförderung und damit zum Berufsabschluss bekommen, so Heyduck weiter. „Wir verschenken Potenziale, wenn wir nicht möglichst viele Menschen zu Fachkräften ausbilden.“
Über ein Drittel der Migranten arbeitet zum Niedriglohn
Die Beschäftigung auf niedrigen Qualifikationsniveaus ist dem Bericht zufolge eine Ursache für die große Lohnlücke zwischen deutschen und nicht-deutschen Beschäftigten: Ausländer verdienen monatlich durchschnittlich 31 Prozent (1.275 Euro) weniger – bundesweit sind es 23 Prozent. Zugleich arbeitet mehr als ein Drittel der ausländischen Beschäftigten im Land Bremen zu einem Niedriglohn, also für weniger als 2.530 Euro brutto monatlich. Unter den Beschäftigten mit deutschem Pass betreffe dies nur etwa zehn Prozent.
Auch von Arbeitsausbeutung sind Beschäftigte mit Migrationsgeschichte laut Arbeitnehmerkammer häufiger betroffen: Jedem Zehnten würden die Überstunden nicht ausgeglichen, sechs Prozent erhielten nicht den gesetzlichen Mindestlohn, während dies nur rund zwei Prozent der Beschäftigten ohne Migrationsgeschichte betreffe. Aufgrund ihrer Lebenslage hätten sie vielfach weniger Möglichkeiten, sich zur Wehr zu setzen.