Auf dem Weg zum automatisierten Fahren in Deutschland will Niedersachsen die bundesweite Forschung koordinieren. „Niedersachsen soll die Federführung für alle 14 Testfelder in Deutschland übernehmen“, sagte der Verkehrsminister des Landes, Bernd Althusmann (CDU), am Mittwoch. Eine entsprechende Vereinbarung werde gerade erarbeitet, gab der CDU-Politiker bei der Eröffnung eines neuen Testfelds bei Braunschweig bekannt. Auch Bremen beschäftigt sich mit dem Thema autonomes Fahren und kooperiert dabei vor allem mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).
Das DLR ist auch verantwortlich für das aktuelle Projekt an der Autobahn 39. Nach eigenen Angaben sind an dieser Strecke 71 Masten errichtet worden, die das Fahrverhalten und den Verkehrsfluss der vernetzten Autos erfassen und analysieren sollen. Nach dem Willen von Althusmann sollen nicht nur die Ergebnisse von dort in der Federführung des DLR liegen, sondern die Daten aller Teststrecken bundesweit. Eine verstärkte Kooperation würde die empirische Sicherheit der Forschung erhöhen, sagte Katharina Seifert, die beim DLR das Institut für Verkehrssystemtechnik leitet.
Am Mittwoch wurde aber zunächst ein weiterer Teil des Testfelds Niedersachsen eröffnet, der sich auf mehr als sieben Autobahnkilometer erstreckt. Die Forscher erhoffen sich beispielsweise Aufschluss darüber, was künftige Assistenz- und Automationssysteme leisten müssen. Die Masten könnten dafür untereinander sowie mit den entsprechend technisch ausgerüsteten Fahrzeugen kommunizieren. Auf der Strecke sei es möglich, Testfahrzeuge oder neue Funktionen in den laufenden Verkehr zu bringen und so realitätsnah zu lernen, erläuterte Seifert.
Nach dem vollständigen Aufbau soll das Testfeld über circa 280 Kilometer auf den Autobahnen A2, A39, A391 sowie mehrere Bundes- und Landstraßen reichen. Das Besondere dieser Strecke zwischen Wolfsburg, Hannover, Hildesheim und Salzgitter ist laut Verkehrsminister Althusmann die Verbindung von Stadtstraßen, Landstraßen und Bundesautobahnen. Aus der Forschung und den gesammelten Daten würden Zukunftskonzepte für automatisiertes Fahren entwickelt, die möglichst auch zur Anwendung kommen sollten.
„Das Testfeld Niedersachsen baut auf die Anwendungsplattform Intelligente Mobilität (AIM) in Braunschweig auf, dem seit vielen Jahren national und international beachteten Forschungs- und Entwicklungsprojekt“, sagte Braunschweigs Oberbürgermeister Ulrich Markurth (SPD). Neben einer Forschungskreuzung seien entlang des Stadtrings bereits 36 Ampelkreuzungen mit neuester Kommunikationstechnik ausgestattet. Ab sofort wollen die DLR-Wissenschaftler spezielle Situationen wie Einfädelsituationen, Überholmanöver und Stau-Enden genauer unter die Lupe nehmen.
Das Testfeld soll eine offene Forschungs- und Entwicklungsplattform sein, an der mehrere Partner wie Continental oder Volkswagen beteiligt sind. In das Projekt fließen 2,5 Millionen Euro Förderung von niedersächsischen Ministerien und dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung. Auch in Bremen wird automatisiertes und vernetztes Fahren als großes Zukunftsthema gesehen. Im europäischen Interreg-Projekt ART Forum („Automated Road Transport Forum for the North Sea Region“) kooperiert Bremen mit anderen Städten des Nordseeraums und erarbeitet kommunale Handlungsstrategien, um die Herausforderungen der automatisierten Mobilität zu meistern.
„Bremen koordiniert dieses Projekt“, so Jens Tittmann, Sprecher des Umwelt- und Mobilitätsressorts. Bei diesem Projekt sei es wichtig, die verschiedenen Interessengruppen in der Entwicklung zu hören und einzubeziehen. Insbesondere die Kommunen seien gefordert, mit planerischen und politischen Rahmenbedingungen zu reagieren. In diesem Zusammenhang veranstaltet das Ressort von Senatorin Maike Schaefer (Grüne) in Kooperation mit dem DLR am 26. Februar den „Bremer Dialog zum automatisierten Fahren“.
„Das automatisierte Fahren hat auch Potenziale, die Sicherheit zu verbessern und auch beeinträchtigte Verkehrsteilnehmer besser einzubinden“, heißt es in der Einladung zu dem ganztägigen Fachforum. Insofern sei eine gesamtgesellschaftliche Betrachtung unter Berücksichtigung von Barrierefreiheit von großer Bedeutung. Es gehe darum, zentrale Einflussfaktoren und Herausforderungen fürs automatisierte Fahren für die Stadt- und Verkehrsentwicklung in Bremen herauszuarbeiten. „Darüber hinaus organisieren wir für Ende Mai in Berlin in der bremischen Vertretung ein Treffen zum Erfahrungsaustausch im Rahmen des Interreg-Projekts ART“, so Tittmann.