Zum Jahresbeginn ist die Mehrwertsteuer in der Gastronomie wie berichtet wieder auf 19 Prozent gestiegen. Viele betroffene Restaurant- und Kneipenbetreiber und deren Verbände hatten sich im Vorfeld besorgt gezeigt und vor einer möglichen Pleitewelle gewarnt – denn ein höherer Steuersatz muss in den allermeisten Fällen über Preissteigerungen an die Kunden weiter gegeben werden. Eine Reihe von Wirten aus Bremen und der Region will die Speisekarten trotz gestiegener Kosten trotzdem zunächst nicht neu kalkulieren.
Dimitrios Mitsioulas betreibt in Gröpelingen das griechische Restaurant Poseidon. Er will noch bis Ende März abwarten. Ein Lachssteak müsste bei ihm nun 19 statt 17 Euro kosten. "Wir sind hier in Gröpelingen und die Menschen müssen mit ihrem Geld sparsam umgehen", sagt er und zeigt durch die Scheiben seines Restaurants nach draußen. "Hätten wir alle ordentlich Geld, würden wir vielleicht in Hollywood wohnen", sagt er. Der Grieche meint, die Politiker hätten keinen Blick dafür, wie beispielsweise allein die Warenkosten gestiegen seien. Früher habe er etwa Mengenrabatt erhalten, wenn er im Großhandel zwei Paletten Ware statt nur einer gekauft habe. "Die Zeiten sind vorbei", sagt Mitsioulas.
Ähnlich wie Mitsioulas versucht Farshad Geranmayeh es zu halten. Er ist Inhaber des Restaurants Oberneulanders und will die zusätzlichen Prozente Mehrwertsteuer, wenn möglich, bis März nicht an seine Gäste weitergeben. "Die Idee kam direkt, nachdem klar war, dass es von sieben zurück auf 19 Prozent Mehrwertsteuer gehen soll", sagt Geranmayeh. Ab Mitte Dezember informierte er seine Kunden mit entsprechenden Schreiben auf den Tischen. Für Februar plant der Gastronom, seinen Gästen transparent aufzeigen, was die Gerichte auf der Karte kosten und was der eigentliche Preis sein müsste.
"Allein die Preise für Lebensmittel sind zum Beispiel um 38 Prozent gestiegen", sagt Geranmayeh. Gleichzeitig ärgert er sich, dass Kanzler Olaf Scholz (SPD) sein Versprechen gebrochen habe, die Steuer nicht wieder zu erhöhen. "Dennoch stecken wir den Kopf nicht in den Sand und wollen den Gästen eine Sicherheit geben, die wir selbst nicht haben", sagt er. Die Gastronomie sei am Boden, wenn das so weitergehe, sei es auch für die Wirte an der Zeit, auf die Straße zu gehen.
"Einige haben nur einen kurzen Atem"
„Es gibt einige, die haben einen langen Atem, und einige, die haben einen kurzen Atem“, sagt Thorsten Lieder, Sprecher der Bremer Gastro Gemeinschaft (BGG). Die Situation sei nicht einfach, denn neben der Mehrwertsteuer kämen verschiedene weitere steigende Kosten hinzu. Wenn man das den Gästen erläutere, könnten diese das auch nachvollziehen, sagt Lieder. Trotzdem könne es vorkommen, dass der ein oder andere Gast nun sage, dass er einmal weniger im Monat essen gehen wolle, weil er aufs Geld achten müsse.
Der Wunsch der Gastronomen: "Wir fordern eine einheitliche Besteuerung, die bei elf und zwölf Prozent liegt statt der unterschiedlichen sieben und 19 Prozent“, sagt Lieder. Dabei soll es seiner Ansicht nach keinen Unterschied mehr machen, ob Kunden ihr Essen im Restaurant verzehrten oder es sich liefern ließen. In anderen EU-Ländern gebe es bereits einen ähnlichen einheitlichen Steuersatz.
Nathalie Rübsteck, Hauptgeschäftsführerin vom Dehoga Bremen, sieht die Gastronomen in einer Zwickmühle. „Gerade die Monate Januar und Februar und auch der März sind die Monate, in denen weniger los ist", sagt sie. "Wenn da jemand Sorge hat, dass durch eine Preiserhöhung noch mehr Gäste wegbleiben, ist auch dieser Gedanke zu verstehen." Die Wirte müssten ihre Kosten weitergeben, sonst gebe es ihre Restaurants irgendwann nicht mehr.
Vielleicht habe der eine oder andere nach der arbeitsintensiven Zeit im Dezember mit Weihnachten und Silvester noch keine Zeit gehabt, sich Gedanken über seine Speisekarte zu machen, sagt Rübsteck. Zumindest sei es für die Restaurants und Hotels ein guter Zeitpunkt, um die Speisekarte insgesamt zu überdenken: "Was muss wie kalkuliert werden, und was kann vielleicht von der Karte verschwinden, weil es zu selten bestellt wird? Dafür müssen ja auch Lebensmittel vorgehalten werden.“
Volle Transparenz gegenüber den Gästen
Der Inhaber der Konditorei Stecker und Obermeister der Bremer Konditoreninnung, Bernhard Timphus, sagt: "Es mag keiner gern freiwillig die Preise erhöhen." Auch er sieht allerdings die Notwendigkeit: "Wer allein im Januar darauf verzichtet, wird am Monatsende feststellen, wieviel ihm dadurch fehlen wird." Im Haus Berkelmann in Fischerhude hat man schon im Dezember begonnen, die Preise zu erhöhen, wie Mitinhaberin Asil Haltermann sagt: „Das haben wir mit voller Transparenz gegenüber den Gästen getan, damit alles für sie nachvollziehbar ist." So schaffe man Verständnis dafür. "Und nun hoffen wir, dass es endlich mal ein Jahr wird, in dem nicht schon wieder die Heizkosten oder andere Preise steigen.“