Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Neues Leben im alten Turm "Umgedrehte Kommode": So sieht die neue Party-Location aus

Nach Jahren erwacht die "Umgedrehte Kommode" zu neuem Leben. Bis Jahresende will die Firma Joke Events testen, wie der alte Wasserturm als Eventlocation funktioniert. Wir haben uns drinnen umgesehen.
03.06.2022, 05:52 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Frank Hethey

Einen Dom hat Bremen bekanntlich schon lange. Nun kommt aber auch noch eine Kathedrale hinzu. So hat die Agentur Joke Events den imposanten Innenraum der "Umgedrehten Kommode" auf dem Stadtwerder getauft. Wegen des sakral anmutenden Deckengewölbes in zehn Metern Höhe. Wo früher das Weserwasser aufbereitet wurde, soll jetzt manch ein edles Tröpfchen fließen. Und zwar in einem Ambiente, das Alt und Neu miteinander verbindet. "Wir kombinieren die Patina mit modernem Design", sagt Geschäftsführer Peter Melms, der kreative Kopf des Unternehmens.

Nach anderthalbmonatiger Vorbereitungszeit erwacht der frühere Wasserturm in diesen Tagen aus seinem Dornröschenschlaf. Am Donnerstagabend fanden sich die ersten geladenen Gäste zu einem kleinen Opening ein, in der kommenden Woche hat ein Bremer Kaffeeröster gebucht. Gegen Monatsende will sich Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) blicken lassen. Bis zu 100 Personen finden Platz in dem 250 Quadratmeter großen Raum. Sofas und Tischchen sind zu einem großen Viereck angeordnet, im hinteren Bereich gibt es eine Bar und eine offene Küchenzeile. 

Pachtvertrag für "Umgedrehte Kommode" läuft bis Jahresende

Vorerst läuft der Pachtvertrag mit dem Investor nur bis Jahresende. Die Eventagentur will es ruhig angehen lassen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Die große Sause mit hämmernden Bässen soll es nicht geben. Für Großveranstaltungen sei eher die Alte Werft geeignet, die im vorigen September eröffnete Eventfläche auf dem ehemaligen Kelloggs-Gelände in der Überseestadt.

"Wir wollen hier nicht viel Lärm produzieren", sagt Joke Event-Mitarbeiterin Lara Medak, "die Anwohner dürfen sich nicht belästigt fühlen." Die klare Vorgabe: Es solle "kein Event-Tourismus" entstehen. Das betont auch Peter Melms. Eine "gute Koexistenz mit den Nachbarn" sei "total wichtig", die Nachtruhe werde respektiert. 

Zwischen 250.000 und 300.000 Euro hat die Agentur in ihr neues Projekt investiert. Dass sich diese Summe binnen eines halben Jahres amortisieren könnte, ist laut Melms so gut wie ausgeschlossen. Darauf komme es aber auch gar nicht an. Die Agentur startet mit der Kathedrale einen Versuchsballon. "Erst mal sehen, wie es anläuft", sagt Lara Medak. Als Zielgruppe hat Joke Events vor allem Firmen im Visier. Was private Buchungen aber nicht ausschließen soll. "Theoretisch kann man hier auch mit zehn Gästen seinen 50. Geburtstag feiern." Auf Wunsch lässt sich das Mobiliar auch entfernen oder neu gruppieren. 

In der sechsmonatigen Testphase bleibt es bei der einen Räumlichkeit im Erdgeschoss. In der gesamten Kommode ist freilich noch viel mehr Platz. Zum Beispiel im Raum direkt über der Kathedrale, an sich ein attraktives Plätzchen. Der Nachteil: Es gibt nur einen schmalen Aufgang, damit werden die Sicherheitsauflagen nicht erfüllt. Potenzial bietet auch noch der Kellerraum unter der Kathedrale, der momentan ein eher tristes Dasein als Garderobe und Lagerraum fristet.

"Umgedrehte Kommode" soll historischem Charme behalten

Hinein geht es durch einen Container. "Das ist unser Windfang", sagt Melms. Im Winter werde ein dicker Vorhang dafür sorgen, dass keine Kälte eindringt. Die sanitären Anlagen sind in einem Toilettencontainer untergebracht, der farblich noch an die rote Backsteinfassade angeglichen werden soll. Für Raucher gibt es einen Außenbereich mit Stehtischen und vor der Kommode eine Rasenfläche, die auch noch genutzt werden kann. Die Anzahl der Parkplätze ist überschaubar. Melms: "Da muss man dann vielleicht mit dem Fahrrad kommen." 

Für Melms ist die Kathedrale ein Glücksgriff, er schwärmt geradezu für das betagte Gemäuer, das von 1871 bis 1873 als Wasserturm errichtet wurde. Das oberste Gebot: Das Alte soll seine Wirkung entfalten, nicht kaschiert oder übermalt werden. Noch immer blättert der Putz von der Wand, noch immer hängt der alte Schlüsselkasten an seinem Platz. Und noch immer kann man an der einen Längswand die kryptische Inschrift "Erbe ist Doof" lesen. 

Alles ist so geblieben, wie es die neuen Nutzer vorgefunden haben. Melms hat sogar die Patina abfotografieren lassen. Und dann mit den Abzügen die Holzboxen drapiert, in denen sich die Lichttechnik verbirgt – so fallen die neuen Zusatzelemente überhaupt nicht auf. "Man muss die Räume inszenieren, sie mit Leben füllen", lautet sein Credo. 

Vom Betrieb der Kathedrale erhofft sich Joke Events auch auf einen Nebeneffekt in eigener Sache. "Die Kathedrale ist ein Super-Touchpoint für neue Kontakte", so Melms, "ein Aushängeschild für das Thema Locations." Die neue Eventfläche also auch als Türöffner für neue Projekte. Er ist sich sicher: "Diese Location wird nicht unsere letzte Fläche sein." 

Die Eventfirma mit Sitz in Findorff und bundesweit 100 Mitarbeitern ist auf dem Weg zu neuen Ufern, nachdem die Pandemie-Beschränkungen weitgehend aufgehoben worden sind. "In der Corona-Zeit kam es darauf an, sich breit aufzustellen und flexibel zu sein", sagt Melms. So wie bei der Mitwirkung beim Testzentrum am Brill.

Mehr als zehn Jahre war die Kommode verwaist, seit 2012 gab es keine permanente Nutzung mehr. Nun zieht wieder Leben ein in das alte Gemäuer. "Und das ist ja auch ein Mehrwert für die Stadt", sagt Melms.

Lesen Sie auch

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)