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Urteil zum Wohnungseigentum BGH erachtet Forderung nach einem barrierearmen Umbau als zulässig

Eigentümergemeinschaften aus Bonn und München haben sich über den Umbau von Wohnanlagen gestritten. Der Bundesgerichtshof hat in zwei Urteilen Position bezogen - mit einer Orientierung für Bremen.
10.02.2024, 05:00 Uhr
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BGH erachtet Forderung nach einem barrierearmen Umbau als zulässig
Von Elias Fischer

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am Freitag mit zwei Urteilen den Barriereabbau an Gemeinschaftseigentum unterstützt. In einem Verfahren erlaubte es den Anbau eines Fahrstuhls an eine denkmalgeschützte Villa in München, im zweiten billigte es die Aufschüttung einer Terrasse samt Rampe in Bonn. Grundlage der Entscheidungen ist das 2020 reformierte Wohnungseigentumsgesetzes (WEG). An dem Urteil kann sich auch die Rechtsprechung in Bremen orientieren.

Im Münchener Fall stelle der Anbau eines Lifts am Hinterhaus einer Jugendstilvilla "eine angemessene bauliche Veränderung dar, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen dient", heißt es in der Urteilsbegründung des BGH. Die Angemessenheit sei nur in Ausnahmefällen zu prüfen, wenn erhebliche Nachteile für andere Eigentümer entstünden. Mögliche Schatten- und Lärmbeeinträchtigungen könnten durch die konkrete Ausgestaltung des Fahrstuhls noch beeinflusst werden.

Mitglieder einer Eigentümergemeinschaft in München hatten geklagt, weil die Eigentümerversammlung ihren Antrag auf die Errichtung eines Personenlifts am Hinterhaus abgelehnt hatte (V ZR 244/22). Dies ist laut Gericht aber "eher schlicht gehalten" verglichen mit dem Vorderhaus, das über einen Fahrstuhl verfügt. Eine grundlegende Umgestaltung des Gemeinschaftseigentums durch den Liftanbau sah der BGH nicht gegeben. Eine solche ist laut Paragraf 20 des WEG nicht zulässig.

Besondere Umstände vonnöten

Im zweiten Verfahren ging es um die Rechtmäßigkeit eines Mehrheitsbeschlusses. Der erlaubte einem Mitglied einer Eigentümergemeinschaft in Bonn, eine Terrasse im Garten ihrer Eckwohnung einer Reihenhausanlage aufzuschütten, ein Doppelfenster auszutauschen und eine Rampe anzubauen, um den behindertengerechten Zugang zu ermöglichen. Das beanstandeten andere Wohneigentümer (V ZR 33/23): Ein behindertengerechter Eingang könne auch durch kleinere Veränderungen erreicht werden. Zudem störe der Tausch des Fensters mit einer Tür das einheitliche Erscheinungsbild der Wohnanlage.

Der BGH wies die Klage ab. Es werde "kein Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig benachteiligt", heißt es. Die Veränderungen führten auch nicht zu einer "grundlegenden Umgestaltung" der Wohnanlage. Die könne auch nur unter "besonderen Umständen" angenommen werden, wenn der Umbau "dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderung dient".

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Orientierung, aber kein Präjudiz

Der BGH zeige mit den Urteilen, wie das WEG ausgelegt werden könne und wie er dabei vorgegangen sei, sagt Lars-Ole Ansteeg, Fachanwalt für Miet- und WEG-Recht aus Bremen. "Dass das Ergebnis jetzt in jedem weiteren Fall dasselbe ist, kann man nicht sagen. Jeder wird individuell geprüft werden."

Das WEG wurde 2020 erneuert, um den Barriereabbau zu erleichtern. Laut Ansteeg gut gedacht. Allerdings sei "der Weg zur Praxis steinig", da der Umbau beantragt, beschlossen und gegebenenfalls vor Gericht durchgesetzt werden müsse, sagt er. Zudem verwies der Fachanwalt auf die hohen Kosten: Der Antragsteller zahle den Umbau und müsse auch Geld für einen möglichen Rückbau hinterlegen. Das könne sich bei Weitem nicht jeder leisten. Im Münchner Fall etwa schätzen die Antragsteller die Kosten allein für den Fahrstuhlbau auf mehr als 200.000 Euro.

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