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Einkommensmillionäre Wie Bremen und Niedersachsen Vermögende kontrollieren

Prüfungen bei Vermögenden bringen hohe Steuernachzahlungen zutage – in Bremen und Niedersachsen. Wo die Finanzämter genauer hinsehen und warum das Geld nicht automatisch in der Staatskasse landet.
22.06.2022, 05:00 Uhr
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Wie Bremen und Niedersachsen Vermögende kontrollieren
Von Lisa Schröder

Die Zahl der Einkommensmillionäre in Deutschland ist gestiegen. Auch in Bremen: 2018, das sind die aktuellsten Zahlen, lebten 184 Steuerpflichtige mit Einkünften von mehr als einer Million Euro in dieser Stadt – rund 30 mehr als zehn Jahre zuvor. In Bremerhaven wurden zehn Einkommensmillionäre gezählt. In regelmäßigen Abständen wird der Vorwurf laut, dass Steuererklärungen von Einkommensmillionären nicht ausreichend geprüft werden. Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet vor wenigen Tagen von einem Vorstoß der Grünen im bayerischen Landtag. „Es entsteht der Eindruck: Der Staatsregierung fehlt im Kampf für Steuergerechtigkeit der Biss“, so die Grünen. Die Prüfquote sei gesunken und lag in Bayern 2021 bei gut zehn Prozent.

Wo darf geprüft werden?

Das Finanzamt darf sich Steuerpflichtige mit sogenannten bedeutenden Einkünften von mindestens 500.000 Euro im Jahr anlasslos genauer anschauen. Im Gegensatz zu Einkommensmillionären spielen hier gewerbliche Einkünfte keine Rolle, sondern nur Einkünf­te aus Erwerbsarbeit, Vermietung oder etwa aus Kapitalerträgen. Im Land Bremen gab es 2019 77 Steuerpflichtige mit solchen Einkünften. 

 

Um welche Summen geht es?

In den vergangenen fünf Jahren wurden laut Bremer Finanzressort in 72 Prozent der Fälle festgestellt, dass mehr Steuern hätten gezahlt werden müssen. Finanzbehörden sprechen in einem solchen Fall von „Mehrsteuern“. Insgesamt ging es um 16,6 Millionen Euro bei 25 Fällen in Bremen und Bremerhaven. „Die insgesamt hohe Summe der Mehrsteuern ist nicht repräsentativ, da unter den geprüften Fällen sehr wenige waren, die sehr viel Steuern nachzahlen mussten“, erklärt die Sprecherin des Finanzressorts, Ramona Schlee. „Das war außergewöhnlich und verfälscht die durchschnittliche Forderung.“

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Wie hat sich die Zahl der Prüfungen entwickelt?

Wegen der geringen Anzahl kann für Bremen laut Schlee keine genauere Auskunft gegeben werden, mit der womöglich Rückschlüs­se auf einen Fall gezogen werden könnten – aus Gründen des Steuergeheimnisses. Das gilt auch für das Jahr der Prüfung. Die Pandemie hatte nach Angaben des Ressorts 2020 generell „gravierende Auswirkungen auf die steuerliche Betriebsprüfung“. Außenprüfungen seien wegen der Pandemie nur noch äußerst eingeschränkt möglich gewesen. Außerdem mussten auch Prüfer in der Notlage an vielen Stellen aushelfen – zum Beispiel bei der Auszahlung von Hilfsgeldern.

Wie sieht es in Niedersachsen aus?

2019 sind in Niedersachsen 71 Steuerpflichtige mit bedeutenden Einkünften geprüft worden. „Dabei wurden Mehrergebnisse in Höhe von 13.493.000 Euro festgestellt“, teilt der Sprecher des Landesamts für Steuern Niedersachsen, Jörg Sievers. Im vergangenen Jahr lag das Ergebnis bei 65 Kontrollen um 4,3 Millionen Euro niedriger. Aussagen zu den Steuerverfehlungen seien auf Grundlage der Daten nicht leicht. Aus den Summen kann nicht geschlossen werden, dass die staatlichen Kassen genau um diese Beträge gefüllt werden: In manchen Fällen können Steuerpflichtige der Zahlung nicht nachkommen. In anderen Fällen wird Einspruch erhoben.

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Aus welchem Grund wurde geprüft?

Bei etwa der Hälfte der Bremer Fälle passierte die Kontrolle zufällig. In den anderen Fällen gab es unterschiedliche Anlässe. So leistet eine Software den Bremern Hilfe: Wenn sie „Ungereimtheiten“ ausmacht, wird die Steuererklärung geprüft. Hinweise durch sogenannte Steuer-CDs gab es hier nicht.

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Was sagt der Bund der Steuerzahler?

Egal, was jemand verdiene, die gesetzlichen Steuern müssten ordentlich gezahlt werden, betont der Vorstand des Bundes der Steuerzahler Niedersachsen und Bremen, Carl Kau. „Da darf es überhaupt keine falsche Rücksichtnahme geben.“ Generell halte er jedoch Neiddebatten gegenüber Besserverdienenden für unangebracht, „wenn jemand sein Einkommen ehrlich verdient und korrekt Steuern zahlt“. Zudem leisteten die „steuerehrlichen Einkommensmillionäre einen erheblichen Beitrag zum Steueraufkommen“, so Kau.

Wie viele Einkommensmillionäre gibt es bundesweit?

Im Jahr 2018 hatten knapp 26.300 aller erfassten Lohn- und Einkommenssteuerpflichtigen Einkünfte von mindestens einer Million Euro. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts waren für 59 Prozent der Steuerpflichtigen die Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb die Haupteinnahmequelle. In Hamburg war die Dichte an Einkommensmillionären am höchsten, mit zwölf von 10.000 Steuerpflichtigen (1,2 Promille). In Bremen waren es knapp sechs von 10.000 Einkommen­steuerpflichtigen (0,58 Promille), in Niedersachsen fünf (0,51 Promille).

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