"Politisch richtig, fiskalisch notwendig", auf diese Kurzformel brachte der SPD-Fraktionsvorsitzende Mustafa Güngör in der Bremischen Bürgerschaft seine Haltung zur sogenannten Übergewinnsteuer. Dabei geht es um die Idee, aktuell außergewöhnliche hohe Gewinne von Firmen extra zu besteuern, soweit sie nicht aus besonderer unternehmerische Leistung entstehen, sondern als Folge von Kriegen und Krisen, in denen einzelne Unternehmen eine marktbeherrschende Stellung dazu nutzen, unangemessen hohe Preise zu verlangen. Derzeit stehen vor allem die Mineralöllieferanten unter diesem Verdacht.
Das Bremer Landesparlament hat das Thema an diesem Mittwoch auf gemeinsamen Antrag der Regierungsfraktionen von SPD, Grüne und Linke in der Aktuellen Stunde behandelt. Hintergrund ist auch eine Initiative der Bremer Landesregierung im Bundesrat. Die Bundesregierung wird dabei aufgefordert, sich über ein entsprechendes Gesetz Gedanken zu machen.
In der Debatte verknüpften die Redner von SPD, Grüne und Linkspartei die Frage der Übergewinne mit den Hilfen und Erleichterungen, die der Staat jetzt und in der Vergangenheit den Bürgern und Unternehmen eingeräumt hat, um mit den Folgen des Ukrainekrieges und der Corona-Krise besser fertig zu werden. Güngör sprach von einem seit zwei Jahren anhaltenden Ausnahmezustand, der das Land Milliarden koste: "Finanzhilfen für die Wirtschaft, Kurzarbeitergeld, Impfkampagnen, Ausstattung der Bundeswehr, Finanzhilfen für die Ukraine, die Unterbringung von Geflüchteten, Senkung der Energiesteuer, Energiepreispauschale, Kinderbonus, Neun-Euro-Ticket, Wegfall der Erneuerbare-Energien-Umlage und vieles mehr", zählte der Sozialdemokrat auf. Allein an den Kosten er Energiepreispauschale sei das Land Bremen mit 60 Milionen Euro beteiligt. Das jetzt im Gegenzug Profiteure dieser Krise ihren Beitrag leisten sollten, dies auch zu finanzieren, sei keine Strafe, sondern Solidarität.
Klaus-Rainer Rupp von der Linkspartei befand, dass es nicht sein könne, dass all diese notwendigen, aber mithilfe von Krediten finanzierten staatlichen Hilfen am Ende über Steuern von genau denjenigen bezahlt werden müsse, denen jetzt damit geholfen werde, während durch die Krisen verursachte hohe Gewinne von Mineralöl- und Rüstungskonzernen privat verbucht werden. Anders als Güngör, der die Impfstofflieferanten nicht als Krisengewinner bezeichnete, sah Rupp auch bei ihnen angesichts von Umsatzrenditen von über 80 Prozent zumindest Prüfungsbedarf. "Die Impfstoffe werden zudem nicht auf einem freien Markt angeboten, sondern vom Staat gekauft."
Thore Schäck (FDP) bewertete dagegen die ganze Diskussion als "Kampfgesang aus der sozialistischen Mottenkiste." Man könne bei Steuern nicht zwischen guten und schlechten Unternehmen oder Branchen unterscheiden. So beginn steuerliche Willkür. "Auch die Anbieter erneuerbarer Energien profitieren von der aktuellen Krise." Wenn man die Energiewende abwürgen wolle, sei eine Extrasteuer eine gute Idee. Zugleich bestehe das Risiko, das Anbieter ihre Geschäfte in Deutschland einstellen und neue Steuern die Preise der Produkte nach oben treiben. "Staatlich verursachte Mangelwirtschaft ist dann das Ergebnis." Wenn Unternehmen ihre Marktstellung missbrauchten, um überhöhte Preise zu verklangen, sei das keine Frage des Steuer- sondern des Kartellrechts.