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Bremen oder Bremerhaven? Warten auf das Borgward-Werk

Es war eine der großen Nachrichten im vergangenen Jahr: Borgward kommt zurück nach Bremen. Die wiederbelebte Marke, so ist geplant, soll ihr erstes deutsches Werk in der Hansestadt haben.
02.01.2017, 19:49 Uhr
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Von Peter Hanuschke Stefan Lakeband

Es war eine der großen Nachrichten im vergangenen Jahr: Borgward kommt zurück nach Bremen.

Die wiederbelebte Marke, so ist geplant, soll ihr erstes deutsches Werk in der Hansestadt haben. Ob in Bremen oder Bremerhaven sei noch nicht klar, man wolle sich aber „in den nächsten vier bis sechs Wochen entscheiden“, so sagte Borgward-Vorstand Ulrich Walker bei der Vorstellung der Pläne Ende Oktober im Bremer Rathaus. Nach Informationen des WESER-KURIER ist das aber immer noch nicht passiert.

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Lange Zeit galten ein Areal im Niedervieland und eines in Bremerhaven als Favoriten für den Autokonzern mit seinem chinesischen Investor. Zu Niedervieland im Bremer Süden gehören das Güterverkehrszentrum, der Neustädter Hafen und die Gewerbegebiete Niedervieland I und II. In der Seestadt zählte eine Fläche auf dem Gelände der ehemaligen Carl-Schurtz-Kaserne nördlich des Zentrums zu den möglichen Standorten. Ebenfalls in der Diskussion ist offenbar auch ein Areal im Süden der Stadt im Bereich des Fischereihafens.

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Eventuell komme nun aber keiner der Standorte infrage, heißt es aus dem Umfeld des Wirtschaftsressorts. Denn Borgward überlege, dass das Werk, das im ersten Jahr etwa 10.000 Autos produzieren soll, noch größer werde als bisher geplant. In dem Fall würden beide Areale von der Größe her nicht ausreichen. Generell will das Unternehmen aber daran festhalten, geeignete Flächen im Land Bremen zu finden.

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Nils Schnorrenberger, Geschäftsführer der Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung (BIS), bestätigte, dass eine der Anforderung des Automobilbauers sei, dass der künftige Produktionsstandort erweiterbar sei. Im Fall der früheren Kaserne sei auch das der Fall. „Borgward hat nun alle Informationen, die es für die Entscheidung braucht“, sagt Schnorrenberger. Jetzt sei das Unternehmen mit Sitz in Stuttgart gefragt. Der Bremerhavener Wirtschaftsförderer vermutet jedoch auch, dass sich der chinesische Gesellschafter noch selbst ein Bild machen möchte.

Borgward für Stellungnahme nicht zu erreichen

Nach Informationen des WESER-KURIER soll Wang Jinyu, General Manager and Director von Foton, noch in diesem Monat nach Bremen kommen und die möglichen Areale begutachten. Der chinesische Lkw-Hersteller Foton hatte 2014 die Rechte an der Marke Borgward gekauft, er steht hinter dem Comeback der Traditionsmarke aus Bremen. Unklar ist, ob Wangs Besuch mit der verzögerten Standortentscheidung zusammenhängt. Borgward war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Neben festen Standortkriterien wie der logistischen Anbindung und der Nähe zu Zulieferern spielen beim chinesischen Gesellschafter offenbar auch weiche Faktoren eine Rolle. Von einem Insider hieß es, ein möglicher Standort im Land Bremen werde auch unter Feng-Shui-Aspekten bewertet. Diese aus China stammende Lehre hat zum Ziel, dass der Mensch mit seiner Umgebung in Harmonie lebt. Mithilfe von Formen, Farben und Materialien soll der Energiefluss verbessert werden.

Ähnliche Beweggründe sollen bereits 2015 bei einer Standortentscheidung des Lkw-Herstellers eine Rolle gespielt haben. Foton wollte damals ein Werk im indischen Pune bauen. Die „New York Times“ berichtete, der Ort für die neue Fabrik sei nach Feng-Shui-Kriterien ausgesucht worden. Fotons Vizepräsident Zhao Jing Guang widersprach dieser Darstellung allerdings.

Ein Insider, der am Entscheidungsprozess beteiligt ist, bestätigte dem WESER-KURIER, dass bei der aktuellen Standortsuche auch Kriterien eine Rolle spielen, die über die harten Faktoren hinausgehen. Demnach soll bei einer ersten Begehung der Grundstücke auch ein chinesischer Borgward-Mitarbeiter dabei gewesen sein, der überprüft haben soll, ob die Areale den Qualitätskriterien des chinesischen Investors entsprechen. Dazu zählten unter anderem, wo die Fabrik gelegen sei – ob die Mitarbeiter in ein Industriegebiet blicken oder ins Grüne. „Da schon von Feng-Shui zu sprechen, ist jedoch eine Bremer Auslegung.“

Wenn Borgward an seinen bisherigen Plänen festhält, sollen bereits 2018 die ersten Autos in Deutschland vom Band rollen. Mit der Einführung des neuen Modells BX5 könne man mit einem Absatz von rund 100.000 Fahrzeugen weltweit rechnen, sagte Ulrich Walker kürzlich. Dabei geht der Borgward-Chef von 5000 verkauften Autos je Modell und Monat weltweit aus. Bislang hat Borgward nur den BX7 auf den Markt gebracht, 2017 sollen weitere Modelle folgen. Auf der Automesse im Herbst in Frankfurt will das Unternehmen eine Konzeptstudie des BX6 vorstellen, der ein Coupé werden soll.

"Wir haben Auftragseingänge über 35.000"

Seit dem Verkaufsstart des BX7 Ende Juni seien inzwischen rund 25 000 Autos auf der Straße. „Wir haben zudem Auftragseingänge über 35.000“, sagte Walker. In China verkaufe Borgward derzeit mehr als 5000 Wagen im Monat. Mittelfristig will das Unternehmen weltweit mehr als eine halbe Million Autos jährlich absetzen – vorwiegend in Schwellenländern.

Dabei ist die Expansion in Deutschland etwas ins Stocken geraten. Am Hauptsitz in Stuttgart arbeiteten momentan 65 Menschen, so Walker. Geplant waren 80 bis 120 Beschäftigte. Am Produktionsort Bremen sollen einmal 50 bis 100 Menschen arbeiten. In China hat Borgward Walker zufolge 1200 Ingenieure und 200 Vertriebsexperten neu eingestellt. Dort sind nun 4000 Menschen für die Marke tätig.

Wie der „Spiegel“ berichtete, arbeiten sie unter Bedingungen, die einem deutschen Produktionsstandort entsprechen. Die Fabriken seien hochmodern, Anlagen kämen von Siemens, Software von SAP, Oberlichter versorgten die Angestellten mit Tageslicht. Das Bremer Werk, das nur für einen Bruchteil der weltweiten Produktion geplant sei, solle ein Gebäude mit historischer Anmutung werden. Auch ein angeschlossenes Museum sei denkbar.

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