Nur ein Fach trennt die Grünen von den Roten. Werder und die Münchener fast vereint – wie passt das zusammen? Eigentlich gar nicht. Doch Michael Guttrof hat in seinem Büro ein Regal voller Geschenke. Sogar Fanartikel des Bremer Fußballvereins hat der „absolute“ Anhänger der Bayern dort liebevoll aufgestellt. Für Guttrof ist es Ehrensache, es sind Geschenke von Kollegen. „Die würde ich nie wegschließen. Um Himmels willen!“
Das Regal erzählt etwas über einen, für den es selbstverständlich ist, viel geben zu wollen. Seine Eltern und Großeltern hätten ihn dazu erzogen. „Es war schon immer so“, erzählt Guttrof, Geschäftsführer der Bremer Spedition Kopf & Lübben. „Ich habe Glück gehabt, es ist die Aufgabe, davon etwas abzugeben.“
In Bremerhavens Stadtteil Lehe sei er in relativ schlichten Verhältnissen, aber mit viel Liebe und Zuneigung groß geworden. Schon damals habe er gesehen, dass es andere schwer hatten. Seit sechs Jahren ist Michael Guttrof Pate für einen Jungen in Bremerhaven. „Dort gibt es viele bedürftige Kinder und Familien, die einfach Unterstützung benötigen“, sagt er. Darum hilft er beim Projekt „Mit-Kids“ und ist darüber hinaus ehrenamtlich aktiv in der Stadt.
Seit Mai hat der Geschäftsführer seine Engagements um eine neue Aufgabe erweitert. Guttrof ist Bremens Regionalbotschafter für das Netzwerk „Unternehmen integrieren Flüchtlinge“. Der 50-Jährige findet es wichtig, die Menschen, die gekommen sind, gut aufzunehmen. „Wir brauchen diese Leute händeringend!“, sagt er mit Blick auf den Fachkräftemangel.
„Unabhängig davon, dass sie auch eine Bereicherung für unsere Kultur und unser Land sind.“ Das Netzwerk will den Unternehmen bei der Integration helfen und Erfahrungen und Kritik der Wirtschaft aufgreifen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie fördert die Initiative des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK).
Ein Jahr lang machen die 16 Regionalbotschafter der Bundesländer auf das Thema und das Netzwerk aufmerksam. Für Guttrof ist klar, was besser werden muss: „Die Integration in Deutschland dauert zu lange.“ Die Unternehmen berichteten von vielen Erfolgsgeschichten, wie toll und engagiert Flüchtlinge sich einbrächten. Doch oft bleibe die Angst, dass die neuen Mitarbeiter nicht bleiben können, weil die endgültige Aufenthaltsgenehmigung fehle.
Die Flüchtlinge warteten hier länger darauf, endlich Geld verdienen zu können. „Viele sind in die Niederlande übergesiedelt und haben dort Arbeit gefunden.“ Der Integrationsprozess in Bremen müsse auch kulturell beschleunigt werden. „Das ist ein wichtiger Prozess. Da würde ich mir wünschen, dass da noch mehr passiert.“
Im Netzwerk Schule, Wirtschaft und Wissenschaft Unterweser setzte Guttrof sich bereits für die Integration von Flüchtlingen ein. Das Netzwerk, Guttrof ist dort Vize-Vorsitzender, bietet Schülern seit vielen Jahren Workshops, damit sie Ausbildungsberufe kennenlernen. Dann kam die Idee: „Warum machen wir nicht einen Talentpool für Migranten?“ Der Ansatz des Programms ist es, Flüchtlinge mithilfe eines Mentors und durch Praktika in Unternehmen zu vermitteln.
Guttrof erinnert sich, dass er trotz seines Engagements erst skeptisch war, ob er als Regionalbotschafter der Richtige ist. Seine Spedition habe wegen der hohen Sprachanforderungen selbst noch keinen Flüchtling anstellen können – nur für ein Praktikum. Doch schließlich sagte Guttrof zu. Jetzt erzähle er, wo es nur gehe, von „Unternehmen integrieren Flüchtlinge“, ob beim Verein der Bremer Spediteure oder bei der Logistikinitiative Hamburg. „Ob die Leute wollen oder nicht, ich nutze jede Gelegenheit, auf dieses Netzwerk hinzuweisen.“
Spedition bedient gesamtes Spektrum
In Bremen gehören heute 42 Unternehmen dazu. Als man seine Spedition gefragt habe, im Netzwerk dabei zu sein, war die Entscheidung schnell klar: „Da haben wir gar nicht lange überlegt.“ Die Migration sei ein Thema für das weltweit agierende Unternehmen, Mitarbeiter kämen aus Polen, Russland, Brasilien und Spanien, der Inhaber von Kopf & Lübben, neben Guttrof ebenfalls dort Geschäftsführer, sei Deutscher und Südafrikaner. „Wenn wir nicht weltoffen wären anderen Kulturen und Nationalitäten gegenüber, dann bräuchten wir unser Geschäft gar nicht auszuüben. Das gehört für uns dazu.“
Die Spedition bietet das gesamte Spektrum: Bahn-, Luft-, Lkw- und Seefracht. 60 Mitarbeiter hat das Unternehmen in Deutschland. Schon vor Jahren habe man angefangen, sich dem Bahnverkehr zwischen China und Europa zu widmen. „Damit haben wir eine Nische beschritten. Das hat sich mittlerweile extrem dynamisch entwickelt.“ Kopf & Lübben, 1976 gegründet, hat seinen Ursprung allerdings bei der weltweiten Seefracht.
Nach seiner Logistik-Ausbildung zog es auch Guttrof zunächst auf die Weltmeere. Vier Jahre war er bei der Marine. In seinem Büro zeugen Seekarten von dieser Zeit. Die Liebe zur Logistik brachte ihn zurück in die Wirtschaft. Schon seine Aufgabe als Geschäftsführer spannt Michael Guttrof, der in Schiffdorf bei Bremerhaven lebt und täglich nach Bremen pendelt, gut ein. Manchmal fragten ihn Freunde, warum er so viel mache. „Kann ich nicht sagen“, sagt Guttrof. Er fühle sich einfach gut dabei – vor allem als Pate für ein Kind. „Ich möchte keine Sekunden mit dem Jungen missen und könnte mir ein Leben ohne ihn gar nicht vorstellen. Wenn der mich anlächelt – das ist unbezahlbar.“