Hansestadt bleibt bei Investoren gefragt
Wie attraktiv ist ein Immobilienmarkt für Investoren? Für Wirtschaftsförderer, die mit der Vermarktung von Gewerbeimmobilien einen Teil ihres Geldes verdienen, ist das eine zentrale Frage. Dementsprechend ist die Entwicklung des Transaktionsmarktes ein wichtiger Indikator.
Die WFB spricht für die erste Jahreshälfte 2016 von der „Ruhe vor dem Sturm“, denn nach einem verhaltenen Start zahlten Investoren den Angaben zufolge allein in der zweiten Jahreshälfte 315 Millionen Euro. Zum Jahresende zählten die Wirtschaftsförderer ein Transaktionsvolumen von 433 Millionen Euro. Damit wurde das Ergebnis des Vorjahres erneut übertroffen.
2015 gab es mit dem Besitzerwechsel der Waterfront einen Sondereffekt, der allein die Hälfte der gesamten Investitionssumme ausmachte. Im vergangenen Jahr gab es keine Zahlungen in dieser Größenordnung: Laut Immobilienmarktreport überstiegen 13 Prozent der Transaktionen ein Volumen von mehr 50 Millionen Euro. Auch 2017 gab es laut WFB-Chef Heyer bereits eine größere Anzahl von Projekten. „Das spricht für ein hervorragendes Investitionsklima.“
Mittelstädte: Bremen unter den 27 aussichtsreichsten Standorten
Entfiel, ebenfalls wegen der Waterfront, ein Großteil der Transaktionen 2015 auf den Bereich Handel, waren es 2016 vor allem Büroimmobilien, die verkauft wurden. Mit 182,5 Millionen Euro kamen sie auf einen Anteil von 42 Prozent am Gesamtvolumen. Besonders ins Gewicht schlugen demnach der Verkauf eines Teils des Bürokomplexes Europa-Center und des Speicher 1.
Die Unternehmensberatung Wüest Partner Deutschland hat sich im Auftrag der TLG Immobilien ebenfalls mit Bürostandorten auseinandergesetzt und zählt Bremen in ihrem Bericht zu einem der 27 aussichtsreichsten Investitionsstandorte im Segment Mittelstädte. „Immer häufiger werden professionelle Investoren in der Hansestadt fündig, wenn sie nach renditeträchtigen Objekten Ausschau halten“, heißt es. Allerdings hätten in der Hansestadt – wie an anderen Standorten auch – im vergangenen Jahr die steigenden Verkaufspreise die Renditen sinken lassen. Mit 5,3 Prozent lägen die Bremer Teilmärkte aber noch „im guten Mittelfeld“ aller untersuchten B-Standorte. Zum Vergleich: Die höchsten Renditen gab es 2016 in Braunschweig (7,6 Prozent), die niedrigsten in Nürnberg und Bonn (5,3 Prozent).
Die Nachfrage nach Gewerbeimmobilien in Bremen scheint auch in diesem Jahr ungebrochen. Nach Angaben der WFB beliefen sich die Investitionen allein in der ersten Jahreshälfte auf mehr als 250 Millionen Euro. Die Wirtschaftsförderer rechnen daher für 2017 erneut mit einem Transaktionsergebnis von mehr als 400 Millionen Euro.
Impulse für den Einzelhandel in der City

Die Markthalle Acht mit ihren vielen Ständen hat den Domshof belebt.
Es herrscht Aufbruchstimmung in der Bremer City: Die Ankündigungen von Familie Jacobs, ihr Stammhaus in der Obernstraße und benachbarte Häuser zu entwickeln, sowie die Pläne von Kurt Zech, das Parkhaus Mitte abreißen zu lassen und dort neue Passagen zu bauen, werden die Innenstadt komplett verändern. WFB-Chef Andreas Heyer spricht von einer „historischen Chance“. Durch die Markthalle Acht und Manufactum ist zudem der Domshof nach Angaben der Wirtschaftsförderer stärker in den Fokus gerückt.
Die sogenannten 1A-Lagen im Einzelhandel beschränken sich in der Hansestadt laut Immobilienmarktreport auf wenige Straßenzüge: die Hutfliterstraße, Obernstraße, Sögestraße, die Lloyd-, Katharinen- und Domshofpassage sowie den Unser-Lieben-Frauen-Kirchhof. Und in diesen Top-Lagen ist die Zahl der Ladeneinheiten begrenzt. Die Folge: Leerstände gibt es kaum. Der Bremer Markt wirke daher oft weniger dynamisch, überzeuge aber durch seine Stabilität, meinen die Wirtschaftsförderer.
Das zeigt sich auch in den Mieten: Die Durchschnittsmiete in der City liegt wie in den Jahren zuvor bei 85 Euro pro Quadratmeter, bei Spitzenmieten kommt die Innenstadt auf 130 Euro. „Mietpreissteigerungen sind zurzeit nicht realistisch“, sagt Heyer. Eine Entwicklung, die auch an anderen Einzelhandelsstandorten zu beobachten sei.
„Vielversprechende Ansätze von privaten Investoren“
Derzeit verortet die WFB in der City mehr als 700 Einzelhandelsbetriebe, mehr als 200 gastronomische Angebote und gut 50 kulturelle Einrichtungen. Neu dazugekommen sind zuletzt etwa das Brillengeschäft Mister Spex, die Möbelkette Bolia und der Modehersteller Marc Cain. Zumindest die Obernstraße hat durch die neuen Angebote offenbar ihre Attraktivität erhalten können: Eine Passantenfrequenzmessung an einem Sonnabend im Juni ergab, dass 31.000 Besucher durch die Obernstraße schlenderten – und damit in etwa so viele wie auch in den Jahren zuvor.
Ein Problem der Innenstadt ist allerdings weiterhin, dass nur etwa 15 Prozent der Einzelhandelsflächen auf die City entfallen. Der Rest verteilt sich vor allem auf die großen Einkaufszentren in der Peripherie. In vergleichbar großen Städten ist der Anteil der Einzelhandelsflächen auf der grünen Wiese weniger hoch. WFB-Chef Heyer: „Natürlich wäre es wünschenswert, dass die City über mehr Fläche verfügt.“ Aber nicht nur die Quantität spiele eine große Rolle dabei, wie attraktiv eine Innenstadt zu bewerten sei, sondern auch die Qualität. „Und hier gibt es derzeit vielversprechende Ansätze von privaten Investoren, die auch zusätzliche Flächen schaffen können.“
Viele neue Büros in der Innenstadt

Noch immer eine große Baustelle: Das Kühne+Nagel-Gelände in der City.
Bei der Vermarktung von Büroimmobilien steuert die Hansestadt auf einen neuen Rekord zu. Im ersten Halbjahr wechselten insgesamt 50.700 Quadratmeter Büroflächen die Besitzer. Die Wirtschaftsförderer gehen davon aus, dass Ende 2017 erneut ein Umsatz von 100.000 Quadratmetern erzielt werden kann.
Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr waren es im ersten Halbjahr 43.800 Quadratmeter, Ende 2016 kam die Wirtschaftsförderung auf 101.800 Quadratmeter. Damit lag das Gesamtergebnis laut Report weit über dem mittleren Jahresumsatz zwischen 2011 und 2015 mit 84.000 Quadratmetern.
In diesem Jahr fällt dabei vor allem der Neubau des Kühne+Nagel-Gebäudes an der Martinistraße ins Gewicht. Dort entstehen derzeit fast 10.000 Quadratmeter neue Bürofläche. Nach Angaben von WFB-Chef Andreas Heyer macht der Konzern damit ein Drittel des Gesamtumsatzes in der Innenstadt aus. „Somit ist er ein wesentlicher Teil, aber es gibt viele andere und kleinere Projekte, die ebenso zu dem hervorragenden Effekt für die City beitrage.“ Auch Projekte wie die energetische Sanierung des ADAC-Hochhauses in Hastedt zählen die Wirtschaftsförderer in diesen Bereich hinein. Im Juni zogen die Mitarbeiter auf die neu entstandenen 4000 Quadratmeter.
Überseestadt mit größtem Anteil
Wegen des hohen Flächenumsatzes legte die Leerstandsquote 2016 in Bremen nur leicht zu: von 3,2 Prozent im Jahr 2015 auf 3,3 Prozent. Schwer vermarktbare Flächen gibt es vor allem in der City: Weil viele Gebäude älter sind, sind viele Büroflächen zu kleinteilig und nicht mehr zeitgemäß. Es müsste viel Geld in die Hand genommen werden, um sie neu zu beleben.
Im vergangenen Jahr war es erneut die Überseestadt, die mit 30.000 Quadratmetern den höchsten Anteil am Gesamtflächenumsatz ausmachte. Auch in diesem Jahr läuft es nach Angaben der Wirtschaftsförderer darauf hinaus, dass in der Überseestadt und der Innenstadt zusammengenommen die meisten Büroflächen vermarktet werden. Im ersten Halbjahr wechselten 18.250 Quadratmeter in der Überseestadt und 16.100 Quadratmeter in der City die Nutzer.