Breminale, Maritime Tage, Musikfest: In diesem Sommer wurde und wird im Land Bremen wieder gefeiert. Die namhaften Feste sind überwiegend in alter Stärke zurück – die Breminale zog beispielsweise ungefähr so viele Besucher wie vor der Pandemie an. Schaut man allerdings etwas genauer in den Jahreskalender, zeigen sich Lücken. Langjährig etablierte Veranstaltungen fallen aus, andere stehen auf der Kippe.
Ein Blick in den Bremer Norden verdeutlicht das Problem: Wie berichtet, ist die Zukunft des Festival Maritim wegen finanzieller Sorgen ungewiss. Noch schlechter steht es um das Vegesacker Hafenfest, das regelmäßig bis zu 150.000 Besucher angezogen hatte. In diesem Jahr fällt es zum vierten Mal in Folge aus. Nach der Corona-Pause gibt es zu wenig Sponsoren, um die gestiegenen Kosten zu decken. Ob das Hafenfest noch mal zurückkehrt, ist offen.
Das gleiche Muster ist teilweise in anderen Bereichen der Veranstaltungsbranche erkennbar: ein fließender Übergang von coronabedingten zu finanzbedingten Absagen. Im vergangenen Jahr hatte dieses Schicksal auch das Lotto-Hallenmasters ereilt. Die Gefahr, mit dem Turnier in der ÖVB-Arena Minus zu machen, war dem Bremer Fußball-Verband (BFV) als Veranstalter zu groß. Beim Hallenmasters treffen im Dezember traditionell die besten Mannschaften der Bremen-Liga aufeinander – zuletzt aber 2019. Wie es in diesem Jahr weitergeht, will der BFV demnächst bekannt geben, heißt es auf Anfrage.
Steigende Kosten belasten nicht nur die Veranstaltungsorganisatoren, sondern auch die potenziellen Besucher. Dem Handelsverband Deutschland zufolge ist die Konsumstimmung auf niedrigem Niveau. „Die Gäste haben weniger Geld in der Tasche“, sagt Thorsten Lieder, Geschäftsführer der Bremer Gastro-Gemeinschaft (BGG). Das bekämen die Gastronomen ebenso zu spüren wie die Absage von Veranstaltungen. Im Umfeld von Festen und Konzerten gingen die Menschen in Kneipen und Restaurants. „Werden Veranstaltungen abgesagt, geht es uns schlechter“, sagt Lieder. Direkt betroffen sei auch die Eventsparte – also zum Beispiel Gastronomen, die mit Foodtrucks oder Coffee-Bikes bei Veranstaltungen vertreten sind.
In der Konzertbranche ist die Stimmung ebenfalls durchwachsen. "Einfacher ist es garantiert nicht geworden", betont Stefan Paul, Geschäftsführer der Bremer Konzertagentur Revue. Nach der Pandemie sei der Nachholeffekt groß gewesen. "Da hat alles gespielt, was eine Gitarre halten konnte", sagt Paul. Vielleicht könne man sogar von einer Übersättigung sprechen. Und danach? Kompliziert. Die großen Open-Air-Veranstaltungen hätten weiterhin "Sog- und Strahlkraft" – Paul verweist auf die ausverkauften Konzerte der Ärzte, der Toten Hosen und von Iron Maiden im Sommer 2022 auf der Bürgerweide. Abseits der ganz Großen sei es schwieriger, die Kunden wählerischer und preisbewusster geworden. Dazu die Probleme hinter den Kulissen: Personal sei schwierig zu finden und teuer, die Energiepreise hoch.
Er wolle nicht alles schlechtreden, sagt Paul, der in der Bremer Veranstaltungsbranche auch positive Entwicklungen beobachtet – zum Beispiel habe sich die Seebühne an der Waterfront gemausert. Die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) sieht einer Sprecherin zufolge keinen Veranstaltungsschwund in der Stadt. Weniger los sei in diesem Jahr schon, zumindest die ganz großen Konzerte des vergangenen Jahres fehlten, sagt Paul. Ihm zufolge hat Bremen bei Großveranstaltungen gegenüber Hannover und Hamburg zunehmend das Nachsehen. "Bremen ist auch nicht mehr das Oberzentrum, das es mal war", sagt Paul. Das niedersächsische Umland organisiere immer mehr eigene erfolgreiche Veranstaltungen wie das Festival Watt en Schlick in Dangast.
Damit die Branche konkurrenzfähig bleibt, fördert Bremen Kultur- und Sportveranstaltungen, die "Besuchsentscheidungen für Bremen auslösen oder unterstützen". Förderfähig seien auch Veranstaltungen, "die eine deutliche und überregionale mediale Aufmerksamkeit finden und das Image Bremens positiv beeinflussen", heißt es auf der WFB-Webseite. Nachholbedarf sehen Betroffene in mehrfacher Hinsicht. Zum einen geht es um die Höhe der Förderungen. Die CDU-Bürgerschaftsfraktion bemängelt zum Beispiel, dass der WFB-Zuschuss für das Festival Maritim seit 2013 nicht mehr erhöht worden sei.
Man sei sich der gestiegenen Kosten bewusst, sagt Sven Wiebe, Staatsrat im Wirtschaftsressort. Ziel müsse es sein, dass Veranstaltungen eintrittsfrei bleiben. „Es wird deshalb in den anstehenden Haushaltsverhandlungen auch um die Mittel für die Veranstaltungsförderung gehen“, kündigt Wiebe an. Wer Anspruch auf Förderungen haben sollte, ist ebenfalls umstritten. BGG-Geschäftsführer Thorsten Lieder kritisiert, dass kommerzielle Veranstaltungen nicht berücksichtigt würden, obwohl sie für die Stadt ein wichtiger Wirtschaftsfaktor seien. Der Fokus liege zu sehr auf der kulturellen Komponente, die mitunter unklar definiert sei.