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In Innenstadt und Viertel Der Lagerhallen-Trend aus den USA kommt auch in Bremen an

Zwar verfügen Menschen laut einer Studie über immer mehr Wohnraum, doch scheint der Platz manchmal trotzdem nicht auszureichen. Der Ausweg sind Self-Storage-Lager. Was steckt hinter dem Trend aus den USA?
19.11.2023, 12:22 Uhr
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Der Lagerhallen-Trend aus den USA kommt auch in Bremen an
Von Moritz Kalvelage

Der Schrank, der nicht durch das Treppenhaus passt, oder die geerbte Büchersammlung – nicht immer findet alles in den eigenen vier Wänden seinen Platz. Und das, obwohl die durchschnittliche Pro-Kopf-Wohnfläche auf dem Land und auch in der Stadt konstant steigt. Das geht aus einer Studie des Immobiliendienstleisters "empirica regio" aus dem Jahr 2022 hervor. Gleichzeitig steigt die Zahl sogenannter Self-Storage-Lager.

Self-Storage, auf deutsch in etwa Selbstlagerung, ähnelt einem Lager, es gibt aber einen wichtigen Unterschied: „Bei einem klassischen Lager ist ein Lagermeister dabei, beim Self-Storage können die Kunden in den angegebenen Zeitfenstern selbstständig ein- und ausgehen“, erklärt Klaus Müller, Vorsitzender des Verbands Deutscher Self-Storage-Unternehmen. „Die Menschen haben zwar mehr Platz, aber sie haben auch mehr Gegenstände." Müller fügt an: "Wir sind wie ein Hotel für Sachen."

Auch in der Bremer Innenstadt gibt es ein Self-Storage-Lager: Seit April betreibt Sebastian Mastalka das Depot76 in der Faulenstraße. Wie der 45-Jährige auf die Idee kam? „Als Kind war ich in den USA, und da hatten alle einen Self-Storage-Raum.“ In den USA gibt es etwa 50.000 Self-Storage-Lager, das heißt, auf weniger als 7000 Menschen kommt ein Lager. Beim Self-Storage-Verband in Deutschland sind derzeit 65 Mitglieder mit 220 Standorten registriert, hinzukommen noch Anbieter, die nicht im Verband gelistet sind.

Für Kipppunkte des Lebens

Wie viel Platz man für sein Lager braucht, können Interessierte auf der Homepage des Bremer Anbieters angeben. Die Suchmaschine zeigt die verfügbaren Boxen an – so werden die Lagerflächen genannt. „Von Schließfachgröße bis zu mehreren Quadratmetern kann man alles mieten“, erklärt Unternehmer Mastalka. Was für Sachen eingelagert werden, weiß Sebastian Mastalka: „Da ist alles dabei, vom kleinen Kosmetikstudio, bis zu den Sachen eines Studenten, der ein halbes Jahr ins Ausland geht. Meistens sind es aber Möbel.“ Häufig würden die Räume an den Kipppunkten des Lebens genutzt, etwa bei einem Umzug oder einer Trennung.

In der Anlage von Mastalka gibt es keinen Pförtner, die Räume sind dafür aber videoüberwacht und von 6 bis 22 Uhr geöffnet. Zudem gibt es einen Lift und das Gebäude ist temperiert, auch um Schimmel vorzubeugen. Auf 700 vermietbaren Quadratmetern bietet Mastalka 240 Boxen in der Innenstadt an. Eine Wohnung zu mieten sei vielleicht günstiger, aber da es sich bei der Immobilie um Gewerbefläche handelt, gehe kein Wohnraum verloren, macht Mastalka klar.

Die Dauer der Lagerung sei unterschiedlich, sagt der Verbandsvorsitzende Müller.  „Eine große Gruppe mietet die Boxen nur kurz, etwa drei bis sechs Monate zum Beispiel während einer Renovierung.“ In seinen eigenen Lagerboxen habe jemand seit mehr als 13 Jahren Gegenstände untergebracht – das sei eher selten der Fall, „aber fünf Jahre schaffen einige.“ Bedeutender Vorteil der Mieträume sei die hohe Flexibilität. „In den meisten Anlagen können die Kunden von jetzt auf gleich rein“, sagt Müller.  Die  Mindestmietdauer betrage in der Regel zwei Wochen, danach könnten die Kunden auch ohne Frist ausziehen, abgerechnet werde auf den Tag genau.

Kein Essen, kein Sprengstoff

Was nicht eingelagert werden darf? „Da hat jedes Geschäft so seine Liste, mit der alle versuchen, die Sicherheit so hoch wie möglich zu halten“, erklärt Müller. Flüssiges oder brennbares Material sei ebenso verboten wie Lebensmittel, Waffen oder Sprengstoff. „Die Liste ist umfangreich, aber nachvollziehbar.“ Kontrolliert werden die Räumlichkeiten nicht: „Ein Mietvertrag bei uns ist ähnlich wie der Mietvertrag in einem Wohnhaus.“ Der Vermieter wisse ja auch nicht, was Menschen in ihren eigenen vier Wänden für Gegenstände aufbewahren. „Für uns endet die Verantwortung an der Tür zu der Box.“

Vincent Stefes betreibt drei Lager in Bremen – in Horn, in der Neustadt und in Hastedt. "Ziel ist es, den Kunden nicht nur ein Lager, sondern eine Wohnungserweiterung anzubieten", sagt er. Daher versuche man, die Self-Storage-Räume dort anzubieten, wo viele Menschen wohnen. Klaus Müller vom Self-Storage-Verband weiß, wo die Lager häufig platziert werden. „Es ist schon ein Phänomen des städtischen Raumes, wir haben aber auch neue Mitglieder im Verband, die in ländlicheren Gegenden vertreten sind.“

Seinen Angaben zufolge sind die Anlagen in der Regel videoüberwacht, dazu gebe es eine Kontrolle am Eingang, für Bandschutzsicherheit und Schädlingsmonitoring sei gesorgt. „Sicher, sauber, trocken“, das sei der Kern der Dienstleitung, sagt Müller. Vor allem würden die Lager von privaten Kunden genutzt, lediglich 20 Prozent der Mieter seien gewerblich.

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„Das ist eine Branche, die immer weiter wächst“, sagt Müller. Kostenfrei ist das externe Lager natürlich nicht: Knapp 1,5 Quadratmeter kosten beispielsweise bei Depot76 für vier Wochen etwa 45 Euro. Laut Müller haben die Anbieter hohe Investitionssummen zu stemmen: das Einbauen der Boxen, Brandschutzmaßnahmen, Überwachungstechnik. Pro Quadratmeter kämen so 250 bis 300 Euro für den Ausbau zusammen.

Lagerfläche wird zu Wohnraum

Seit 2021 betreibt Dirk Georgus „Das Lager im Viertel“. Auch bei ihm können Kundinnen und Kunden dank des Kartensystems außerhalb der Bürozeiten in die Lagerboxen. Für die Nachfrage in seinem Lager hat Georgus einen Grund: „Gerade im Viertel bauen viele Menschen ihre Souterrainwohnungen um, aus den Kellern werden Wohnungen.“ Zwar werde Wohnraum gewonnen, Lagerfläche aber gehe verloren.

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