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Werbekampagne von Studis Ein Bremer Dosenbier namens Neipa

Mehr Herz für Dosenbier und die Deutsche Kammerphilharmonie – dafür haben sich Marketing-Studierende der Bremer Uni eine Plakatkampagne einfallen lassen. Welche Überraschungen ihre Marktforschung ergab.
16.07.2025, 05:00 Uhr
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Ein Bremer Dosenbier namens Neipa
Von Florian Schwiegershausen

Das hat Stefan Gräfe nicht alle Tage. Auf dem Bremer Marktplatz hängt am Dienstagmittag ein großes Plakat mit seinem Bier. Gräfe ist Assistent bei der Bremer Braumanufaktur, die die Biermarke Hopfenfänger auf dem ehemaligen Kellogg-Gelände produziert und blickt nun auf das Resultat einer Werbekampagne. Dafür hat er eine Gruppe Studierender der Universität Bremen aus dem Masterstudiengang Marketing einfach mal machen lassen. Dabei ist ein knalliges Plakat herausgekommen. Die Studis entwickelten das Plakatmotiv und betrieben die Marktforschung dazu. Mit dieser auffälligen Werbung sollte das "Nevel Neipa" die Bekanntheit der Marke steigern, humorvoll sein und Biertrinker zwischen 25 und 35 Jahren in der urbanen Szene rund um Bremen ansprechen. Auch sollte das Plakat das Image der Dose etwas aufwerten.

Etwas tapfer musste Gräfe schon sein, als die Studentinnen und Studenten am Dienstag in der Bremischen Bürgerschaft ihre Ergebnisse präsentierten: Gut die Hälfte der befragten Personen hielt die Dose aufgrund ihrer Orangetöne für eine Limonade und die Mehrheit hatte es nicht als Bier erkannt. Dabei setzt der Hopfenfänger seit Jahren auf kräftige Farben. Gräfe nahm es sportlich: "Na ja, fruchtige Noten hat das Bier ja."

Keine Freunde der Dose

Auf der anderen Seite sagten auch 43 Prozent, dass sie sich durch das Plakat motiviert fühlten, ein Bier der Hopfenfänger-Brauerei zu probieren. Doch mehr als zwei Drittel wollten sich durch das Plakat nicht mit der Dose anfreunden. Dabei sind deutsche Craftbiere dieser Art eher selten in Dosenform zu finden.

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Im Hinblick auf neue Kunden sagte Gräfe: "Das sind für uns sehr wichtige Erkenntnisse." Wer sich im Bereich Craftbier auskennt, für den sei ein sogenanntes Neipa-Bier ein Begriff. Doch weil man neue Kunden gewinnen wolle, müsse man ihnen genauer erläutern, worum es geht. Vier Plakatentwürfe hatte die Braumanufaktur von den Studenten erhalten. Das Team entschied sich für die auf dem Marktplatz gezeigte knallige Version, die vor allem auf Litfaßsäulen ausgespielt wurde, aber auch auf kleinen Straßenplakaten.

Firmen zahlen nur die Technikkosten für die Kampagne

Für den Marketingprofessor Christoph Burmann und seinen Lehrstuhl an der Bremer Universität läuft dieses Projekt bereits seit 22 Jahren. Jedes Jahr im Sommersemester soll eine Gruppe Marketing-Studenten für zwei Unternehmen oder Organisationen eine solche Plakatkampagne entwickeln – in Zusammenarbeit mit dem Werbeunternehmen Ströer. Das stellt nur die technischen Kosten in Rechnung. Die beworbenen Unternehmen sparen also Geld. Angesichts von etwas mehr als zehn Jahren des Bestehens war die Kampagne für den Hopfenfänger ein guter Zeitpunkt.

Die andere Hälfte der Studierenden-Gruppe entwickelte eine Plakatkampagne für die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen. Die Kernziele lauteten: Sichtbarkeit in Bremen, auch eine jüngere Zielgruppe ansprechen, aber dennoch Logo und Schrift des üblichen Markenauftritts bewahren. Das Team aufseiten der Kammerphilharmonie entschied sich aus vier Motiven eher für die klassische Variante.

Die Plakate hingen vom 10. bis 19. Juni an verschiedenen Orten Bremens. Die anschließende Marktforschungsumfrage ergab, dass auch das Team der Kammerphilharmonie tapfer sein musste. Zwar gefiel das Plakat bei einer Auswahl unter mehreren fast einem Drittel, in der Zielgruppe der 20- bis 40-Jährigen gefiel es allerdings lediglich 17 Prozent, es erregte auch nur bei einem Viertel in dieser Altersgruppe die Aufmerksamkeit, zumindest fanden es mehr als ein Drittel ansprechend. Mehr als die Hälfte der Befragten sagte, dass das Plakat kein Interesse an klassischer Musik wecken würde.

Ehrliche Erkenntnisse für die Kammerphilharmonie

Sina Perkert, Assistentin der Geschäftsführung der Kammerphilharmonie, sah das Ergebnis der Marktforschung als nicht so schlecht an: "Die meisten, die sich für unsere Konzerte eine Karte kaufen, sind über 60." Da sei es ein Fortschritt, wenn man auch 40-Jährige erreichen würde, die eine Karte für ein Konzert kaufen. "Wir sind da auf alle Fälle nicht am Ende des Prozesses und versuchen, uns stetig weiterzuentwickeln."

Was einigen Anwesenden nach der Präsentation auffiel: Die beiden Vertreterinnen der Kammerphilharmonie mussten wohl zum nächsten Termin und hatten für ein Gruppenfoto keine Zeit mehr. Dafür war die Bürgerschaftsvizepräsidentin Sahhanim Görgü-Philipp (Grüne) mit dabei und voll des Lobes für die Ergebnisse. Seit vielen Jahren stellt die Bürgerschaft für die Abschlusspräsentation ihre Räume zur Verfügung. Die Erkenntnis dieser Kampagne aus Sicht von Marketingprofessor Christoph Burmann: "Bilder sagen alles, der Mensch reagiert nun mal auf Bilder." Wiebke Bleis, Verantwortliche bei der Firma Ströer, formulierte es so: "Mit unseren Werbewänden erreichen wir noch Menschen, die sonst nur in ihrer eigenen Blase leben."

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