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Bewertung verändert sich Wird das Erben von Immobilien in Bremen teurer?

Immobilien in Deutschland werden künftig beim Erbe anders bewertet. In einigen Fällen werden deutlich mehr Steuern fällig. Wie sieht die Lage in Bremen aus?
19.11.2022, 05:00 Uhr
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Wird das Erben von Immobilien in Bremen teurer?
Von Lisa Schröder

Ab 2023 müssen einige Erben mit höheren Steuern rechnen, wenn ihnen eine Immobilie vermacht wird. Denn ab Januar werden Häuser und Wohnungen in Deutschland anders bewertet. Der Verband Haus und Grund erwartet laut der „Süddeutschen Zeitung“, dass die Immobilienwerte steuerlich 20 bis 30 Prozent höher angesetzt werden – in anderen Fällen dürfe die Bewertung noch mehr anziehen. Das hat Folgen für die Höhe der Erbschafts- und Schenkungssteuer.

Notare und Steuerberater haben zum Jahresende ohnehin viel zu tun. Obendrauf möchte nun mancher Mandant noch rasch eine Immobilie überschreiben, bevor die neuen Regelungen greifen. Denn es kann dem Artikel zufolge einen deutlichen Unterschied machen, ob der Schritt vor oder ab Januar unternommen wird. Es geht demnach um fünf- oder teils sogar sechsstellige Beträge.

Wer muss überhaupt Steuern zahlen?

Immobilien sind nach dem Erbschafts- und Schenkungsgesetz zunächst steuerfrei, wenn die begünstigten Familienmitglieder – Ehepartner, Lebenspartner oder Kinder – das Familienhaus selbst bewohnen. Kinder müssen in der Immobilie mindestens zehn Jahre nach dem Einzug nach der Erbschaft leben. Überschreitet die Wohnfläche 200 Quadratmeter, muss die von den Eltern vermachte zusätzliche Fläche versteuert werden. In anderen Fällen als beim Familienheim, etwa bei einer vermieteten Wohnung, spielen Freibeträge eine Rolle. Für Kinder liegt der Freibetrag bei 400.000 Euro, für Ehepartner bei 500.000 Euro. An diesen Freibeträgen ändert sich nichts.

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Welche Auswirkungen erwartet das Bremer Finanzressort?

Die Sache ist ein bisschen kompliziert. Generell sieht das Gesetz drei Arten der steuerlichen Bewertung für das Übertragen von Immobilien vor: das Sachwert-, das Vergleichswert- und das Ertragswertverfahren. In Bremen werden Eigentumswohnungen oder auch Ein- und Zweifamilienhäuser in den allermeisten Fällen nach dem Vergleichswertverfahren bewertet – auf Grundlage von Angaben des Gutachterausschusses. Es werden also schon erfasste passende Immobilienwerte herangezogen. „Durch dieses Verfahren ist in der Regel gewährleistet, dass der aktuelle Verkehrswert der Immobilie bei der steuerlichen Bewertung zur Erbschafts- und Schenkungssteuer berücksichtigt wird“, sagt die Sprecherin des Finanzressorts Ramona Schlee.

Wegen der Veränderungen im Januar sei darum „mit keinen besonderen Entwicklungen“ in Bremen zu rechnen. Denn die steigenden Immobilienpreise schlagen hier bei der Bewertung der Erbschafts- und Schenkungssteuer schon heute direkt durch. In anderen Regionen führt die Novelle dagegen zu einer plötzlich höheren Bewertung – und so kommt es zur höheren Steuerbelastung. In Bremen sei die Steuerlast derweil als Folge des „boomenden Immobilienmarktes“ gestiegen „und nicht aufgrund von Steuererhöhungen“.

Wie steigen die Kosten anderswo noch?

Im Sachwertverfahren kommt ab Januar ein sogenannter Regionalfaktor ins Spiel. „Dieser kann den Wert einer Immobilie nach oben oder unten verändern“, so Schlee. In der Stadt Bremen liege der Regionalfaktor bei 1,0 und habe damit keinen Einfluss. In anderen Städten sei er aber größer, was wiederum die Steuerlast steigen lassen könne. In manchen Fällen ist die Immobilie im Erbfall nicht zu halten, wenn die Steuerlast zu groß ist. In Bremen kommt das selten vor.

Welche Entwicklung erwarten Experten?

Ralf Heitkamp ist Vorsitzender des Steuerberaterverbands im Lande Bremen. Er erwartet für Erben in Bremen wegen des hier in der Regel praktizierten Verfahrens ebenfalls keine großen Auswirkungen. Aus seiner Sicht geht es um eine Feinjustierung beim Bewertungsgesetz. „An der Erbschafts- oder Schenkungssteuer an sich hat der Gesetzgeber nichts verändert.“ Das Ziel sei, bei der Bewertung der Immobilien näher an die Verkehrswerte heranzukommen. „Das ist natürlich bei diesen gestiegenen Immobilienpreisen schwierig“, sagt Heitkamp. Die Häuser seien heute teils so teuer, dass man damit leichter die Freibeträge überschreite. „In Ballungszentren wie Hamburg und München wirkt sich das noch mehr aus.“ Bremen habe dagegen einen recht stabilen Immobilienmarkt, wenngleich die Preise ebenfalls gestiegen seien. Ganz ausschließen will der Steuerberater Effekte durch die Novelle in Bremen nicht.

Heitkamp sieht das Vergleichswertverfahren durchaus kritisch: „Ich bin kein großer Freund davon.“ In einem Fall sei gerade eine Wohnung vererbt worden. Das Finanzamt habe zur Berechnung der Steuern mit Vergleichswerten des Gutachterausschusses gearbeitet. Demnach sollte die Wohnung fast 250.000 Euro wert sein. „Da haben wir der Mandantin gesagt: ,Das kann nicht angehen'“, so der Steuerberater. Ein Gutachter kam schließlich auf einen Wert von 175.000 Euro. Mehrere Tausend Euro Steuern konnten gespart werden. In jedem Fall sei dieser Weg dennoch nicht zu empfehlen: „Der Gutachter kostet auch Geld.“

Was sollten Eltern tun, die ihren Kindern etwas vererben möchten?

Steuerberater Heitkamp rät, schon vor dem eigenen Tod Vermögen an die Kinder zu übertragen, um Erbschaftssteuern zu sparen. „Ich erlebe es in der Mandantschaft immer wieder, dass gerade ältere Herrschaften mit Vermögen sich ein bisschen zieren, es rechtzeitig zu verteilen“, sagt der Experte, der mit Heitkamp und Partner ein Büro in Bremen hat. Ungünstig sei es zudem auch, wenn der Vater im Besitz des Gesamtvermögens sei. „Dann erben die Kinder nur vom Vater.“ Der Freibetrag für das Erbe der Mutter ginge verloren.

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Wie sieht es hier bei den Terminen aus?

Aus Sicht des Vorsitzenden des Steuerberaterverbands Bremen gibt es hier keine so große Dringlichkeit, die Übertragung einer Immobilie noch in diesem Jahr abzuschließen. Kurzfristig einen Termin beim Notar oder Steuerberater zu bekommen? Das sei nicht leicht – teils auch grundsätzlich. "Ich weiß", sagt Heitkamp, "dass einige Kollegen gar keine Mandanten mehr annehmen, weil sie ausgelastet sind."

Wie viele Steuern nimmt Bremen ein?

Es ergeben sich nach Angaben des Finanzressorts hohe Schwankungen durch "besonders herausragende Einzelfälle". Im vergangenen Jahr konnten 65 Millionen Euro Erbschaft- und Schenkungsteuer eingenommen werden. 2019 waren es 91 Millionen Euro, 2017 dagegen 34 Millionen Euro. Die Statistik schlüsselt nicht auf, ob der Erblasser beziehungsweise Schenker seinen Wohnsitz in Bremen und Bremerhaven hatte.

 

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