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Handelskammer Bremer Handelskammer vermisst Sparwillen bei Verwaltung

Die Handelskammer Bremen sieht deutliche Standortnachteile, für die die Landes- und Bundespolitik verantwortlich sei: Die zunehmende Reglementierung belaste die Unternehmen.
26.02.2024, 14:18 Uhr
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Bremer Handelskammer vermisst Sparwillen bei Verwaltung
Von Peter Hanuschke

Es wird in der Hansestadt im vergangenen Jahr laut Handelskammer Bremen einen deutlichen Rückgang beim Wirtschaftswachstum gegenüber 2022 geben. Die endgültigen Zahlen gebe es erst im März, aber nachdem es 2022 noch ein Wachstum von 5,1 Prozent gegeben habe, habe es im ersten Halbjahr 2023 nur bei 0,8 Prozent gelegen, sagte Matthias Fonger, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer, bei der Präsentation des Jahresberichts am Montag im Schütting. In der zweiten Jahreshälfte habe sich die Situation durch alle Branchen hinweg verschärft. Fürs laufende Jahr rechnet die Handelskammer nicht mit einem Aufschwung. Für den Abschwung in 2023 habe eine geringere Auslandsnachfrage gesorgt, was sich unmittelbar in den bremischen Häfen bemerkbar gemacht habe, wo der Güterumschlag um über neun Prozent gesunken sei, so Präses Eduard Dubbers-Albrecht. Hinzu komme das Fehlen der Außenweservertiefung. Das sei ein Wettbewerbsnachteil gegenüber den Westhäfen wie Rotterdam. 

Es gebe aber auch massive Standortnachteile insgesamt und speziell in Bremen, die zum Abschwung beigetragen hätten – von hohen Energiekosten, über weiter bestehende Mängel im bremischen Schulbildungssystem bis hin zu einer zunehmenden Reglementierung, die durch die EU sowie die Bundes- und Landespolitik vorangetrieben werde. Langwierige Planungs- und Genehmigungsprozesse seien ein Hindernis für nachhaltiges Wirtschaftswachstum, nannte Dubbers-Albrecht ein Beispiel. Auch die Dokumentierung, die das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz erfordere, belaste vor allem den Mittelstand mit einem zusätzlichen Aufwand enorm. Und warum benötige etwa der Schwerlasttransport immer wieder eine neue Genehmigung, auch wenn er jedes Mal das gleiche Rotorblatt transportiere? Da mache doch eine Dauergenehmigung Sinn. 

Um wie viel Prozent hat die Verwaltung ihr Personal aufgestockt? 

Zudem forderte der Präses die Politik auf, die Steuereinnahmen anders zu verteilen. Reichlich Geld sei vorhanden. "Es müssen einfach andere Prioritäten gesetzt werden." Der aktuelle Vorschlag der Grünen-Bundestagsfraktion einen über Schulden finanzierten Investitionsfonds aufzulegen, um etwa Schulen oder die Infrastruktur zu sanieren, könne nicht die Lösung sein. "Es gibt auch noch ein riesiges Potenzial, um weitere Finanzierungsmittel zur Verfügung zu stellen – nämlich indem die Verwaltungen einmal selber sparen." Statt Prozesse durch Digitalisierung zu optimieren, werde das Personal aufgebläht. Das finde auf allen Ebenen statt, ergänzte Fonger und nannte dazu ein Beispiel aus Bremen: In der Kernverwaltung habe Bremen im Zeitraum 2018 bis 2022 den Personalbestand um 22,2 Prozent aufgebläht. Er bezog sich dabei auf den Personalbericht des Finanzsenators.

Und Schulden dürften am Ende nur dann in Ausnahmefällen für Projekte gemacht werden, wenn diese auch einen großen Nutzen haben, so der Präses. "Dass die öffentliche Hand den Weg des Bremer Stahlwerk Arcelor hin zur klimafreundlichen Stahlproduktion mit 250 Millionen Euro unterstützen will, ist ein solches Beispiel. Dadurch wird auch die Hälfte der Bremer CO2-Emissionen gesenkt." Wenn diese außerplanmäßige Ausgabe nicht über den Haushalt finanziert werden könne, dann müsste das über Schulden geschehen. 

Es gebe aus Bremen auch etwas Positives zu berichten, so Dubbers-Albrecht. Bei den Brücken über die Weser habe sich das Bauressort dafür entschieden, sie im Bestand zu sichern, statt mit diesen finanziellen Mitteln die geplanten Fahrradbrücken zu bauen. "So ein pragmatisches Vorgehen wünsche ich mir für alle Bereiche."

Was wünscht sich die Kammer fürs Bildungssystem?

Sparen in der Verwaltung und neue Prioritäten setzen, das fordert der Päses auch vom Bund. "Es ist ja nicht so, dass es wenig Steuereinnahmen gibt. Im Gegenteil sie seien über die Jahre auf einem sehr hohen Niveau." Der Bund müsse deshalb seiner Verantwortung gegenüber den Seehäfen nachkommen. Der Großteil der notwendigen Investitionen in die Infrastruktur müsste vom Bund kommen. "Die Waren, die über Bremerhaven kommen, werden doch vor allem für die Wirtschaft in anderen Regionen in Deutschland weitertransportiert." Dem Bund müsse auch klar sein, dass die Energiewende nur mit entsprechender Hafeninfrastruktur gelingen werde.

Was das Bildungssystem angeht, wünscht sich die Handelskammer, dass endlich die Fächer Mathematik, Deutsch und Lesen so vermittelt werden, dass eine größere Anzahl der Schulabsolventen auch für eine Ausbildung geeignet seien. "In Hamburg geht man diesen Weg mit Erfolg."

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