Ist die Kostenrechnung aus der Machbarkeitsstudie für die Entwicklung des Gewerbegebiets Horner Spitze zu niedrig angesetzt? Das "Aktionsbündnis Rettet die Horner Spitze" sowie der BUND haben die Zahlen analysiert und sind in ihrer Berechnung auf mehr als das Doppelte gekommen als die in der Studie veranschlagten 17,4 Millionen Euro. Nun kontert das Wirtschaftsressort. Es kritisiert, dass die Studie dargestellt werde, als ob sie verbindliche Zahlen liefere. Das will das Ressort so nicht sehen. "Eine Machbarkeitsstudie dient der Überprüfung der grundsätzlichen Realisierbarkeit. Sie ist bei größeren Projekten der erste Schritt einer Projektierung. Die Genauigkeit liegt typischerweise bei ±30 Prozent." Belastbare Zahlen würden sich erst in späteren Projektphasen bei einem "höheren Detaillisierungsgrad" ergeben.
Um das Gewerbegebiet zu erreichen, muss ein Tunnel unter der Eisenbahnlinie gebaut werden. Dabei nahm das Aktionsbündnis als vergleichbares Bauwerk den Tunnel in Oberneuland für die Verlängerung der Franz-Schütte-Allee und ging hier von heutigen realen selbst veranschlagten Kosten in Höhe von 27 Millionen Euro aus – inklusive Mehrwertsteuer. Diesen Vergleich hält das Wirtschaftsressort für unzulässig. Es verweist auf veranschlagte Kosten in Höhe von knapp 5,6 Millionen Euro: "Ein sachgerechter Vergleich wäre der mit der Bahnunterführung am Gewerbepark Hansalinie." Der Vergleich mit Oberneuland sei irreführend wegen des dortigen komplexen Baugrunds und den Gesamtkosten für Straßenbau, Grunderwerb und notwendiger Ausgleichsprojekte.
Zum Tunnel muss die Straße verlängert werden
In diesen genannten 5,6 Millionen Euro ist jedoch nur der Tunnel enthalten – ohne Mehrwertsteuer. Die weiteren Kosten für die gesamte Verkehrserschließung drum herum fehlen in dieser genannten Summe. Da hat das Aktionsbündnis zum Beispiel den Ausbau der Lise-Meitner-Straße hinzugerechnet oder auch die Kampfmittelräumung und die Rodung sowie die anteiligen Nebenkosten berücksichtigt – und so kommen die Kritiker des Gewerbegebiets zunächst auf 13,5 Millionen Euro brutto analog zur Studie – und setzten den Vergleich zum Tunnel in Oberneuland.
Wie üblich bei der Entwicklung solcher Flächen, wird auch Boden abgetragen und die Fläche ganz oder anteilig mit Sand aufgeschüttet. Das Wirtschaftsressort verweist hier auf die in der Studie genannten Gesamtkosten in Höhe von 2,36 Millionen Euro plus Mehrwertsteuer. Das Aktionsbündnis rechnet hier noch die Kosten für die Umsiedlung des Vereins "Kinder, Wald und Wiese e.V." hinzu sowie anteilige Nebenkosten und Kosten für Baustelleneinrichtungen und bilanziert diesen Posten mit 3,8 Millionen Euro inklusive Steuer.
Streit um die Kosten für Boden abtragen und auffüllen
Laut Machbarkeitsstudie müsste in dem künftigen Gewerbegebiet auf 136.400 Quadratmetern die Fläche mit 2,20 Metern Füllsand aufgeschüttet werden. Legt man dabei die veranschlagten Kosten in Höhe von 2,36 Millionen Euro zugrunde, rechnet das Ressort 17 Euro pro Kubikmeter vor. Doch das Gutachten schreibt auch, dass der Boden auf der gesamten Fläche des künftigen Gewerbegebiets um 1,6 Meter abzutragen und anschließend flächenhaft um 0,6 Meter zu erhöhen sei. Es ist also nicht nur allein die Sanderhöhung, sondern zu den Bodenbewegungen kommen auch noch die Abtragung und die Entsorgung hinzu. Diese Berechnung sah das Aktionsbündnis als viel zu niedrig angerechnet.
Auch der WESER-KURIER ließ sich in der Baubranche dazu ein Beispiel vorrechnen. Das Ergebnis: Allein beim Aufschütten um 2,2 Meter kommt man auf 35 Euro pro Kubikmeter Füllsand inklusive Arbeitskosten plus Mehrwertsteuer. Die Kosten für Abtragen und Entsorgen sind da noch nicht enthalten.
Hochqualifizierte Arbeitsplätze in Zukunftsbranchen
Neben all den Kosten müsse man auch die regionalwirtschaftliche Bedeutung sehen. Das Wirtschaftsressort ist entsprechend der Machbarkeitsstudie überzeugt: "Die Horner Spitze lohnt sich für Bremen. Auch wenn die Kosten steigen würden, würden die Vorteile dennoch deutlich überwiegen. Wichtig dafür sind die hohen Arbeitsplatzdichten im Technologiepark."
Geplant seien vor allem hochqualifizierte Jobs in Zukunftsbranchen wie Raumfahrt und Technologie. "Die bringen viel Wertschöpfung und sind eng mit Forschung und Wissenschaft verknüpft. So wird Bremens Technologiecluster gestärkt, neue Entwicklungsmöglichkeiten im Osten der Stadt geschaffen und die Basis für langfristige Einnahmen gelegt", heißt es abschließend aus dem Haus von Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke). Das Ressort bringt auch noch die rund 150 Jobs pro Hektar an. Das sei dreimal so viel wie in normalen Logistikgebiete, weil dort eher Lagerhallen und weniger Büros zu finden sind. Das Aktionsbündnis und der BUND rückt von seinen Berechnungen nicht ab.