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Immobilien in Bremen "In Schwachhausen ist Bauen praktisch nicht mehr möglich"

Für seine Bauprojekte in Bremen-Nord bekommt Olaf Mosel viel Lob und jetzt auch einen Unternehmenspreis. Das hindert ihn nicht daran, seinerseits die Bremer Politik zu kritisieren.
09.11.2021, 19:00 Uhr
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Von Christoph Barth

Herr Mosel, Bremen-Nord ist für die Immobilienbranche kein einfaches Terrain. Was macht für Sie den besonderen Reiz aus?

Olaf Mosel: Bremen-Nord ist eine Region mit über 100.000 Einwohnern. Oft wird das über einen Kamm geschert, aber es gibt natürlich – auch was den Immobilienmarkt betrifft – große Unterschiede etwa zwischen St. Magnus und Blumenthal.

Andere Bauträger lassen trotzdem eher ihre Finger davon. Warum?

Wenn man sich anschaut, wer in Bremen-Nord entwickelt und baut, dann sind das immer Firmen, deren Inhaber in Bremen-Nord wohnen. Ein bisschen Lokalpatriotismus gehört also vielleicht dazu. Für den überwiegenden Teil der Bremer Bauträgerschaft ist es kein interessanter Markt, weil die Margen nicht so sind wie in anderen Stadtteilen.

Unter Ihren aktuellen Projekten findet sich aber auch ein neues Wohnquartier im Gete-Viertel. Wird Ihnen Bremen-Nord also doch zu klein?

Wir betätigen uns schon seit Längerem auch in anderen Stadtteilen, im niedersächsischen Umland und in Hamburg. Das ist nur nicht so bekannt. Bremen-Nord ist aber unser Stammland, wo wir den Großteil unseres Geschäfts machen.

Dafür bekommen Sie durchaus viel Lob auch aus der Politik - die Laudatio zur Preisverleihung hält die Wirtschaftssenatorin. Umgekehrt kritisieren Sie die Bremer Politik: Es werde zu viel diskutiert und zu wenig umgesetzt; Planungsverfahren dauerten zu lange. Wie würde Ihre Lobrede auf den rot-grün-roten Senat ausfallen?

Ich glaube, es gibt gute Ansätze; jeder weiß eigentlich, woran wir kranken. Aber man kriegt es nicht in den Griff, Verfahren zu straffen, sich zu entscheiden, was die Prioritäten sind. Wenn man in einem Bauleitverfahren alles und jeden berücksichtigen möchte, kann man das ja tun, aber es braucht eine ordnende Hand, jemanden, der gewichtet und entscheidet, es geht jetzt links oder rechts rum. Und das fehlt mir häufig. Man bekommt keine Entscheidungen, sondern versucht immer, im Konsens alle mitzunehmen. Das funktioniert aber bei Bauprojekten nicht.

Erhalten Anwohnerinitiativen aus Ihrer Sicht also zu breiten Raum in solchen Verfahren?

Ich glaube, man muss sehr klar differenzieren zwischen berechtigten Anwohnerinteressen und der um sich greifenden Not-in-my-backyard-Haltung. Das ist ein großer Unterschied - ob es um berechtigte Kritik geht oder darum, einfach seine Ruhe haben zu wollen. In den begehrten Stadtteilen, sei es in Schwachhausen oder im Viertel, ist Bauen praktisch nicht mehr möglich. In normalen Wohnlagen, Arbeitervierteln und so weiter, versteht dagegen jeder, dass es auch mal laut wird, wenn da gebaut wird.

Das heißt, eine Industriebrache wie die der Norddeutschen Steingut in Grohn lässt sich leichter entwickeln?

Bei einem leergezogenen Produktions- und Logistikstandort wünscht sich natürlich jeder eine Veränderung. Ob sich alle die gleiche wünschen, mag mal dahingestellt bleiben, aber zumindest sagt keiner: Es soll so bleiben, wie es ist. Nehmen Sie etwa den alten Schlachthof in Aumund: Da gab es niemanden, der gegen eine Veränderung dieses städtebaulichen Missstandes war.

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In Glasgow findet gerade die Weltklimakonferenz statt. Wie wird sich der Klimawandel auf das Bauen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten auswirken?

Die Lösung liegt im Bestand und nicht im Neubau. Wir haben in Bremen die erste Klimaschutzsiedlung gebaut, planen zurzeit die dritte. Was den Neubau betrifft, sind wir schon auf einem extrem hohen Level. Aber 99 Prozent der Gebäude sind nun einmal Altbestand, und wenn man beim Bauen etwas für den Klimaschutz tun will, muss man sich dafür eine Strategie überlegen.

Aber muss man beim Neubau jede innerstädtische Lücke füllen, um den Bedarf für Wohnen und Gewerbe nachzukommen - oder muss man in Zukunft auch mal eine grüne Lücke lassen, um dort bei Regen das Wasser versickern und an heißen Tagen den Wind  durchfegen zu lassen?

Das Schönste wäre natürlich, gar keine Lücken mehr zu bebauen und überall Parks anzulegen - aber das wäre unrealistisch. Ich glaube, dass wir bei neuen Quartieren schon eine sehr hohe Grünausstattung bieten, die von der Stadt ja auch eingefordert wird. Nehmen Sie wieder das Gelände der Norddeutschen Steingut: Heute ist es fast vollständig versiegelt - wenn dort ein neues Quartier entsteht, werden Grünflächen gepflanzt, die heute gar nicht vorhanden sind. Über den prozentualen Anteil kann man natürlich immer unterschiedlicher Meinung sein. Aber der Ist-Zustand verbessert sich deutlich.

Also lässt sich das miteinander vereinbaren: klimagerechtes „grünes“ Bauen und innerstädtisches Wohnen?

Das ist möglich, ja. Es ist natürlich immer auch eine Frage der Unterhaltung: Wenn man sich in Bremen öffentliche Grünflächen anguckt, wünscht man sich eigentlich nicht, dass es noch mehr davon gibt. Beim Fordern ist die Stadt ja immer groß, aber beim Liefern...

Das Gespräch führte Christoph Barth.

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Zur Person

Olaf Mosel

ist der geschäftsführende Gesellschafter von M-Projekt, einem Nordbremer Unternehmen zur Entwicklung von Immobilienprojekten.

Zur Sache

Preis für M-Projekt

Seit 2002 verleiht der Wirtschafts- und Strukturrat Bremen-Nord, ein parteiunabhängiger Wirtschaftsverband, jährlich einen Unternehmenspreis. Im vergangenen Jahr musste die Vergabe wegen der Corona-Epidemie ausfallen. In diesem Jahr geht der Preis an M-Projekt, einen Entwickler von Immobilienprojekten mit Sitz in Vegesack. Das Unternehmen mit rund 35 Mitarbeitern ist zurzeit unter anderem an der Entwicklung des ehemaligen Geländes der Norddeutschen Steingut in Grohn, am Projekt Aumund Central und dem Bau einer Klimaschutzsiedlung im Gete-Viertel beteiligt.

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