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Made in Bremen Eine zuckersüße Geschäftsidee

„Chocoholic“, „Blueberry Lemon“ oder „Salted Caramel Cake“ – die Bremer Konditormeisterinnen Kelly Alpers und Mona Warnecke kreieren in ihrem Cafés Torten für besondere Anlässe.
23.01.2022, 00:00 Uhr
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Von Anke Velten

Wer zum ersten Mal vor dem Schaufenster an der Knochenhauerstraße 4 steht, sollte seinen Augen nicht trauen. Der Name, das Design, das englischsprachige Vokabular: Man könnte vermuten, dass es sich hier um die Filiale einer hippen neuen Gastro-Kette handelt. Doch „Vanilla Instinct“ ist ein Original. Dahinter stehen zwei junge Konditormeisterinnen, die sich zusammentaten, um zu backen, wie und was sie wollen. Mit ihrem Konzept möchten sie auch jüngeren Generationen Appetit machen auf den kleinen Luxus der handwerklichen Zuckerbäckerei. Nicht ausgeschlossen, dass „Vanilla Instinct“ irgendwann auch in anderen Städten zum Markenzeichen für junges deutsches Konditorenhandwerk wird. Kelly Alpers und Mona Warnecke sagen: „Man darf ja träumen.“

Das Ambiente ist behaglich auf eine moderne Art, ohne Schnickschnack und Firlefanz. Die Chefinnen, beide 28 Jahre jung, haben nach dem Abitur ihr Handwerk bei guten Adressen von der Pike auf gelernt: Alpers wurde in Schröter´s Chocolaterie und Patisserie im Schnoor ausgebildet, Warneckes Lehrmeister war der Bremer Patissier Peter Hauptmeier. Nach der Gesellenprüfung absolvierten sie direkt die Meisterschule und präsentierten ihre ersten eigenen Kreationen zunächst an einem kleinen Stand in der Markthalle Acht. Ende 2018 eröffneten sie ein niedliches kleines Café in Worpswede. Ein Jahr danach war dann Einweihung in bester Bremer Innenstadtlage. „Ein Glücksfall“, sagt Kelly Alpers – angeboten wurde das freigewordene Lokal vom Worpsweder Vermieter. Aber auch ein wagemutiger Schritt für ein kleines junges Unternehmen. „Wir haben uns das wirklich vorher drei-, vier-, fünfmal überlegt“, sagt Mona Warnecke. „Aber wir konnten die Chance einfach nicht ausschlagen.“

Soweit ging alles schnurstracks voran – bis natürlich das Virus auftauchte und die gesamte Gastronomiebranche schwer beutelte. In normalen Zeiten wären an einem ungemütlichen grauen Tag wie diesem sicherlich alle 45 Sitzplätze besetzt. Zur Kaffeezeit steht nun dafür reichlich Kundschaft vor der Kuchenvitrine, um sich für Zuhause einzudecken. Von Anfang an wird in der Backstube auch „on demand" produziert, und die Quote der Bestellungen sei im Laufe der Pandemie auch deutlich gestiegen, berichtet Warnecke. Geschätzt 70 Prozent der gesamten Produktion landet außer Haus.

Die individuell angefertigten Eventtorten versüßen Geburtstage, Jubiläen und Hochzeiten, aber auch neuzeitliche Feieranlässe wie Junggesellenabschiede, „Gender Reveal Parties" oder „Baby Showers", sagt Warnecke. Um die Entscheidung zu erleichtern, können vorher Probierportiönchen angefordert werden. Die Anfragen kommen aus dem ganzen Land und darüber hinaus. „Wir hatten schon Bestellungen aus Afrika“, erzählt sie. „Wir staunen selbst manchmal. Oft sind es Leute, die zu Besuch nach Bremen kommen und die Gastgeber mit einer Torte überraschen möchten.“    

Schon als Kind habe sie gerne gebacken, erinnert sich Alpers, die im Umland aufgewachsen ist. „Und wenn ich mit meiner Oma zum Einkaufen nach Bremen gefahren bin, gehörte ein Besuch in einer Konditorei immer dazu." Schon damals sei ihr allerdings aufgefallen, dass an den Tischen kaum junge Leute saßen. Die Vanilla-Instinct-Gründerinnen haben sich vorgenommen, die nächste Generation an Kaffeetanten und -onkels heranzuziehen. „Wir wollen einen schönen Mix aus Tradition und Moderne", sagen die Konditormeisterinnen.

Ihre Cafés nennen sie „Cake Shop“. Die verführerischen Stars in der Kuchenvitrine heißen „Chocoholic“, „Blueberry Lemon“, „Cookies & Cream“ oder „Salted Caramel Cake“. Die Kundschaft umfasst alle Generationen. „Eigentlich finden hier alle etwas“, sagt Alpers. Ihre persönliche Spezialität – und einer der Bestseller – sind die vielfarbigen Macarons in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen. Warnecke ist für die ebenfalls beliebten Cake Pops zuständig. Schwarzwälder Kirschtorte, Käsesahne- oder Kapuzinertorte wird man hier dagegen nicht finden. Dafür geht man in die Konditorei Stecker ein paar Häuser weiter. Mit dem Traditionsbetrieb pflege man eine freundschaftliche Nachbarschaft, betonen die jungen Konditorinnen. „Wir haben von dort von Anfang an viel Unterstützung und Zuspruch erhalten“, sagt Alpers. „Ich hatte zwar schon öfter richtig Lust, mal eine Schwarzwälder-Kirsch-Torte zu backen. Aber Mona hält mich immer zurück.“

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Mona Warnecke hat von ihrem Au-Pair-Aufenthalt in Großbritannien nicht nur den „High Tea" importiert – immer mittwochs und sonnabends werden bei "Vanilla Instinct" frische Scones mit selbst gemachter Marmelade und Clotted Cream, Sandwiches und englischem Tee serviert. Mitgebracht hat sie auch die angelsächsische Lust an kulinarischer Abwechslung. „Viele Trends starten in den USA oder England. Die trauen sich einfach mehr.“ Die Experimentierfreude habe allerdings ganz klare Grenzen, betont Alpers: „Es geht nicht darum, dass die Torten nur gut aussehen. Es muss gut schmecken. In diesem Sinne sind wir eine wirklich traditionelle deutsche Konditorei.“

Inzwischen beschäftigen die beiden Unternehmerinnen zwei festangestellte Mitarbeiter, mehrere Teilzeitkräfte und bilden zwei angehende Konditorinnen aus. „Zurzeit arbeiten wir sechs bis sieben Tage in der Woche“, sagt Warnecke. „Es wäre eine schöne Vorstellung, sich etwas mehr zurückzulehnen, weil man weiß: Es läuft auch ohne uns.“ Doch das dürfte wohl noch eine Weile dauern. Zurzeit strecken sie ihre Fühler Richtung Schwachhausen aus, verrät Alpers. „Wenn wir dort ein schönes kleines Lokal fänden: Wir würden sofort zuschlagen!“

Zur Sache

Mehr Torte, bitte!

In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Konditoreibetriebe in der Hansestadt deutlich gesunken. Während 1990 noch 32 Betriebe in der Bremer Handwerksrolle eingetragen waren, sind es aktuell nur noch dreizehn. Im Gegensatz zu vielen anderen Handwerksbranchen haben die Konditoreien dafür wenig Probleme, ihre Lehrstellen zu besetzen. Aktuell absolvieren 32 junge Menschen die dreijährige Konditorenausbildung. Mehr als 80 Prozent davon sind Frauen. Vergleichsweise groß sei der Anteil der Abiturientinnen und Abiturienten, die sich dafür entscheiden: „Die Konditorei ist ein kreativer Beruf in einem schönen Umfeld. Bei vielen spielt der Wunsch eine Rolle, sich in einem eigenen Café selbst zu verwirklichen“, erklärt Stefan Schiebe, Geschäftsführer der Bremer Kreishandwerkerschaft. Für die Ausbildung im Fachverkauf Konditorei werde dagegen händeringend Nachwuchs gesucht.

Nach Daten des Deutschen Konditorenbundes besitzen die Bayern im Verhältnis zur Einwohnerzahl die mit Abstand meisten Konditoreien. Es folgen die Rheinland-Pfälzer und Baden-Württemberger. Die nördlichen Bundesländer sind die Schlusslichter. Kein Wunder, sagt Schiebe: „Im Süden gibt es traditionell eine stärkere Kaffeehauskultur.“

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