Der Intendant des Theaters Bremen, Michael Börgerding, ist tot. Wie das Theater und die Kulturbehörde am Montagmorgen mitteilten, starb Börgerding nach schwerer Krankheit am Sonntagmorgen. Er wurde 64 Jahre alt.
Michael Börgerding war seit der Spielzeit 2012/13 Generalintendant des Vierspartenhauses am Goetheplatz; er folgte auf Hans-Joachim Frey, der seinem Nachfolger einen Schuldenberg von 5,2 Millionen Euro hinterließ und 2010 vorzeitig ging. Börgerding und der im vergangenen Jahr verstorbene Geschäftsführer des Theaters, Michael Helmbold, bauten diese Schulden kontinuierlich ab.
Gleichzeitig positionierte Börgerding das Haus am Goetheplatz als Hort für zeitgenössisches Theater und verpflichtete Regisseurinnen und Regisseure wie Benedikt von Peter, Felix Rothenhäusler, Armin Petras, Andreas Kriegenburg, Anne-Sophie Domenz oder Alize Zandwijk. Sie prägten mit ihren unterschiedlichen und durchaus auch kontrovers diskutierten Inszenierungen den Stil des Hauses. Im Tanz setzte Michael Börgerding auf den französischen Choreografen Samir Akika und dessen Compagnie Unusual Symptoms. 2015 war Börgerdings Vertrag vorzeitig von der Kulturbehörde verlängert worden. Das Publikum honorierte seine Arbeit mit regem Zuspruch: 180.000 Zuschauerinnen und Zuschauer waren es in der Saison 2023/24, 11.000 mehr als in der Spielzeit zuvor.
Studium in Göttingen
Michael Börgerding wurde in Lohne bei Oldenburg geboren und studierte in Göttingen Germanistik, Soziologie und Philosophie. Von 1987 bis 1989 erarbeitete er zunächst für das Junge Theater Göttingen Produktionsdramaturgien, danach war er als Dramaturg und Regisseur für das Haus tätig. 1993 ging Michael Börgerding als Dramaturg ans Schauspielhaus Hannover, im Jahr 2000 wurde er Chefdramaturg am Thalia-Theater in Hamburg. 2005 wurde er der erste Direktor der Theaterakademie Hamburg, einer Einrichtung, die die Studiengänge Schauspiel und Regie der Hochschule für Musik und Theater Hamburg umfasst, bevor er nach Bremen wechselte.
Reaktionen von Kollegen und aus der Politik
Seine Kolleginnen und Kollegen am Theater Bremen seien "in tiefer Trauer", heißt es in einer Pressemitteilung. Michael Börgerding sei "ein Chef auf Augenhöhe" gewesen, so Geschäftsführerin Swantje Markus. Er habe das Haus "mit Besonnenheit vorangebracht und nach zwölf Jahren Intendanz immer neue Ideen verfolgt, beispielsweise die Bespielung des Goetheplatzes". Swantje Markus: "Der Austausch mit ihm, seine Klugheit und sein unendlich großes Herz werden mir sehr fehlen."
Auch andere Kolleginnen und Kollegen äußerten sich zum Tod des Intendanten. "Michael und ich kennen einander seit 22 Jahren und sind schon einen langen Weg zusammen gegangen", so Alize Zandwijk, Hausregisseurin im Schauspiel. Für sie sei Michael Börgerding "ein Menschen-Mensch; er liebt die Menschen, das Theater, er ist so treu. Es ist wichtig, dass man Menschen wie ihn in seinem Leben kennenlernt." Schorsch Kamerun, Autor und Regisseur, erklärte: "Sein riesiges Herz ist nicht zu ersetzen. Er hinterlässt in einer Zeit voller dumpfer Vereinfachung eine schreckliche Lücke". Josef Zschornack, der Referent Börgerdings, bedankte sich: "In tiefer Dankbarkeit – vor allem für deine schwer erschütterliche Ruhe".
Andreas Bovenschulte, Bürgermeister und Kultursenator erklärte: "Als Generalintendant des Theaters Bremen hat Michael Börgerding dieses Haus mit außergewöhnlichem Engagement, Weitsicht und tiefem Respekt für die Kunst geleitet. Sein Wirken reichte weit über die Bühnen hinaus. Michael Börgerding hat mit unermüdlicher Leidenschaft und Menschlichkeit Brücken gebaut. Ich habe ihn auch persönlich außerordentlich geschätzt. Bremen verliert mit ihm eine herausragende Persönlichkeit und einen leidenschaftlichen Verfechter der Kunstfreiheit. Sein Einsatz für die Kunst und für die Menschen, die sie schaffen, wird unvergessen bleiben."
"Michael Börgerding war ein Glücksfall für das Theater Bremen", sagte Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz. Es sei ihm gelungen, "unser Flaggschiff der Kultur nach einer schweren Krise in sicheres Fahrwasser zu bringen". Er habe sich selbst nicht so wichtig genommen, "gute Produktionsbedingungen für seine Künstler:innen umso mehr". Sie sei sehr dankbar für die vielen Jahre "konstruktiver und enorm produktiver gemeinsamer Arbeit" und "sehr traurig über seinen Verlust". Emigholz: "Bremen hat ihm viel zu verdanken".
Christoph Heinrich, Mitglied des Musiktheaterensembles, sagte: "'Pass auf dich auf' waren deine letzten persönlichen Worte an mich. Was so leicht daher gesagt scheint, hallt für mich jetzt wie ein Abschied nach. Du hast so viele unzählige besondere, innovative Theaterabende geschaffen. Ich danke dir, dass ich ein Teil davon sein durfte. Ich danke dir für deine Loyalität, deinen Mut und manchmal auch dein Zaudern. Ich danke dir für deine manchmal fast mürrisch anmutende Unaufgeregtheit. Ich danke dir für viele schöne und schwere Auseinandersetzungen, die wir miteinander hatten. Wie gern hätte ich dir nach deinem 'Pass auf dich auf' dafür 'Danke' gesagt. Es blieb bei einem Händedruck."
Christoph Grunenberg, Direktor der Kunsthalle, erklärte: "Mit großem Bedauern und Bestürzung haben wir die Nachricht vom Tod des Intendanten des Theaters Bremen, Michael Börgerding vernommen. Unsere beiden Häusern verbindet nicht nur eine unmittelbare Nachbarschaft sondern auch eine langjährige und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Erst letzten September haben wir gemeinsam mit dem Theater ein ambitioniertes Tanz-Projekt im Museum realisiert. Ich habe Michael Börgerding auch persönlich als äußerst intelligenten und integren Kollegen geschätzt, der viel für die Kultur in Bremen und ihren Ruf darüber hinaus geleistet hat."
Claas Rohmeyer, kulturpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, schreibt über Michael Börgerding: "Unter seiner Leitung wurde das Theater wieder zu einem Ort, der weit über die Stadtgrenzen hinaus strahlte." Henrike Müller, Fraktionsvorsitzende der Grünen in der Bremischen Bürgerschaft lobt: "Sein Theater ist politischer Raum – in der Auseinandersetzung und im wechselseitigen Respekt, in großer Offenheit und Vielfalt." Ole Humpich, kulturpolitischer Sprecher der FDP-Bürgerschaftsfraktion, erklärte: "Michael Börgerding hat mit seinem außergewöhnlichen Engagement unser Theaterleben nachhaltig geprägt. Bremen verliert mit ihm eine zugewandte und einzigartige Persönlichkeit, die nicht nur Theaterfreunde inspiriert hat."