
Abspracheprobleme zwischen verschiedenen Polizeibehörden und einem niedersächsischen Jugendamt führten dazu, dass die vermeintliche Hochzeitsfeier in Oslebshausen vor rund einem Monat – der WESER-KURIER berichtete – nicht schon vorher unterbunden wurde. Anders als zunächst angenommen, wusste die Bremer Polizei offenbar schon einen Tag vor der Veranstaltung von der geplanten Feier, die von der Polizei aufgelöst werden musste, weil es dort zu gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen war.
Ein weiteres Problem, das Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) jetzt beschäftigt: Die Braut ist offenbar erst 15 Jahre alt. Deshalb hat er jetzt eine Leitlinie herausgegeben, dass Hochzeiten von Minderjährigen in jedem Fall zu unterbinden sind. Laut Aussage der Innenbehörde teilte die niedersächsische Polizei den Beamten in Bremen bereits am 1. Juni, also einen Tag vor der Veranstaltung, mit, dass das Jugendamt in Lehrte Kenntnis von einer Hochzeit zwischen einem 22-jährigen Mann aus Osterholz-Scharmbeck und einem 15-jährigen Mädchen aus Lehrte erlangt hat. Beide Ehepartner seien in Syrien geboren.
„Da die Personalien der Personen feststanden und das Kommissariat Lehrte in Absprache mit dem Jugendamt darauf hinwies, dass die Veranstaltung nicht aufgelöst werden sollte, erfolgten vorerst keine weiteren Maßnahmen“, sagt Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin der Bremer Innenbehörde. Erst im Verlauf der Feier mussten mehr als 100 Polizisten anrücken, weil Hochzeitsgäste aufeinander einschlugen.
Vieles ist in dem Fall allerdings nicht abschließend geklärt. Etwa, ob in Oslebshausen tatsächlich Hochzeit gefeiert wurde, oder ob es sich dabei um eine Verlobung handelte. „Die Auswertung von Videomaterial und die Vernehmung von Zeugen und Betroffenen ist noch nicht abgeschlossen“, so Gerdts-Schiffler. Auch, ob es sich um ein muslimisches Hochzeitsritual handelte, könne bisher nicht bewertet werden. Die Stadt Lehrte will sich mit Verweis auf den Datenschutz nicht zu der Vorgehensweise äußern. Darunter fällt auch die Frage, ob die 15-Jährige vom Jugendamt in Lehrte in Obhut genommen wurde.
So oder so: Der Vorfall am 2. Juni hat in der Innenbehörde Konsequenzen nach sich gezogen. Der Innensenator will Hochzeiten von Minderjährigen in jedem Fall unterbinden, auch wenn anders lautende Absprachen zwischen Jugendämtern und Polizeidienststellen außerhalb Bremens vorliegen. Beteiligte müssen damit rechnen, von der Polizei in Gewahrsam oder vom Jugendamt in Obhut genommen zu werden.
Zugleich appelliert die Behörde an Veranstalter, sich nicht an derartigen Handlungen zu beteiligen. „Wir prüfen gerade rechtliche Schritte, um auch Personen, die solche Hochzeiten ermöglichen, künftig zu sanktionieren“, sagt Gerdts-Schiffler. Jugendliche dürfen in Deutschland nicht heiraten, beide Partner müssen volljährig sein, das gilt seit einem Jahr. War jemand jünger als 16 beim Heiraten (Kinderehe), ist die Ehe unwirksam.
Und wer zwischen 16 und 18 war (Minderjährigenehe), muss mit der Aufhebung der Ehe rechnen. In Bremen versucht man nach Angaben der Sozialbehörde, die Rechtslage in Sprach- und Integrationskursen zu vermitteln. Eine rechtskräftige Eheschließung ist in Deutschland nur vor dem Standesamt möglich. Trotzdem sind nach den neuen Vorschriften auch religiöse oder traditionelle Handlungen zu unterbinden, die darauf abzielen, eine dauerhafte Bindung minderjähriger Personen zu begründen.
Auch wenn der Polizei nur selten Informationen über solche Feiern vorliegen – es ist nicht der erste Fall, in denen Bremer Behörden Kenntnis über die Eheschließungen Minderjähriger haben. In der Regel erfahren die Standesämter davon, wenn Kinder geboren und die Geburt beurkundet werden soll. In Bremen sind seit Juli 2017 fünf Fälle von Minderjährigenehen bekannt geworden. Nicht alle werden automatisch aufgehoben.
Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, etwa, ob die Ehe im Ausland geschlossen wurde. Das Ergebnis einer solchen Prüfung können die Feststellung der Nichtehe, die Aufhebung durch ein Gericht oder die Fortführung sein. Bei zwei der Fälle laufen aktuell Anträge zur Aufhebung. Dabei geht es um eine Hochzeit zwischen bulgarischen Staatsangehörigen, bei denen die Beteiligten bei Eheschließung 16 beziehungsweise 17 Jahre alt waren.
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Und so sehr ich das wünschte, so wenig glaube ich, dass das Verfassungsgericht ...