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Gastkommentar über die wirtschaftliche Lage Fiskalischer Aktionismus ist fehl am Platz

Die konjunkturelle Eintrübung sollte nicht als Vorwand für übertriebenen fiskalischen Aktionismus dienen. Aktuell sollte der Staat vielmehr die langfristigen Wachstumspotenziale heben, meint Bernd Kempa.
02.11.2019, 06:00 Uhr
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Von Bernd Kempa

Die deutsche Volkswirtschaft befindet sich in einer Schwächephase. Im dritten Quartal wird das Bruttoinlandsprodukt wohl zum zweiten Mal in Folge zurückgehen. Damit befände sich Deutschland zwar formal in einer technischen Rezession, jedoch stellt die Konjunkturabkühlung bislang vor allem eine Normalisierung der vorangegangenen ausgeprägten Hochkonjunktur dar. Die Ursachen der schwächelnden Konjunktur finden sich hauptsächlich im schwierigen weltwirtschaftlichen Umfeld. Der Handelskonflikt zwischen den USA und China, der Brexit sowie die momentanen geopolitischen Unsicherheiten dämpfen den Welthandel zunehmend und belasten die stark vom Export abhängige Industrieproduktion. Die Binnenkonjunktur mit den Bereichen Dienstleistungen und Bauwirtschaft entwickelt sich hingegen nach wie vor robust. Zudem wirkt sich der hohe Beschäftigungsstand und die damit einhergehende positive Lohneinkommensentwicklung stabilisierend auf die privaten Konsumausgaben als wichtiger Pfeiler der binnenwirtschaftlichen Entwicklung aus. Ein stärkerer Abschwung oder gar eine ausgeprägte Rezession sind daher momentan nicht zu erwarten.

Die konjunkturelle Eintrübung sollte nicht als Vorwand für übertriebenen fiskalischen Aktionismus dienen. Umfangreiche Konjunkturpakete müssen Situationen wie von vor zehn Jahren vorbehalten bleiben, als die Weltfinanzkrise zu einem plötzlichen und dramatischen Rückgang der Wirtschaftsaktivität führte. Im aktuellen Umfeld sollte der Staat vielmehr durch strukturelle Maßnahmen versuchen, die langfristigen Wachstumspotenziale der deutschen Volkswirtschaft zu heben. Investitionen in Bildung und Digitalisierung bilden die Grundlage für künftiges Wirtschaftswachstum. Zugleich kann die Innovationskraft der Unternehmen durch eine Entlastung der in Deutschland sehr aufwendigen Bürokratie, besonders bei Unternehmensneugründungen, gestärkt werden.

Sollte der Abschwung wider Erwartungen stärker ausfallen oder längerfristig anhalten, kann die Politik durch beschleunigte Abschreibungsmöglichkeiten und eine Absenkung der Unternehmensbesteuerung kurzfristig gegensteuern. Schließlich sollte der Staat auch eigene Investitionen ankurbeln. Mit einer Modernisierung der öffentlichen Verkehrswege oder zusätzlicher Investitionen in den Klimaschutz bieten sich der Bundesregierung viele Möglichkeiten, neben einer Stabilisierung der Konjunktur zugleich auch eine Stärkung der zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft zu erreichen.

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Unser Gastautor

ist geschäftsführender Direktor des Instituts für Internationale Ökonomie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.

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