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Autonomes Fahren Wer haftet bei Unfällen, wenn die Maschine selbst fährt?

Wie ist die Rechtsgrundlage für das Autonome Fahren? Ein Experte für Versicherungsrecht erklärt, wer bei Unfällen haftet und ob Fahrzeughalter in Zukunft noch eine Haftpflichtversicherung brauchen.
30.11.2017, 06:00 Uhr
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Wer haftet bei Unfällen, wenn die Maschine selbst fährt?
Von Ina Bullwinkel

Nach dem Wiener Übereinkommen zur weltweiten Standardisierung grundlegender Verkehrsregeln muss jeder Fahrzeugführer „unter allen Umständen sein Fahrzeug beherrschen.“ Was verändert sich für Versicherungen, wenn der Fahrzeugführer eine Maschine ist?

Christian Armbrüster: Artikel 8 des Wiener Übereinkommens wurde novelliert und hat sich damit einen Schritt in Richtung reguliertes autonomes Fahren bewegt. Trotzdem ist autonomes Fahren weiterhin nicht zulässig – automatisierte Systeme müssen jederzeit durch den Fahrer übersteuert und abgeschaltet werden können. Die Verantwortung darf also nicht allein dem Fahrzeug überlassen werden. Für Versicherungen ändert sich selbst durch autonomes Fahren letztlich nichts. Für die Eintrittspflicht der Kfz-Haftpflichtversicherung ist immer noch die Halterhaftung entscheidend. Es haftet der Fahrzeughalter; auf die Haftung dessen, der am Steuer sitzt, kommt es daneben nicht entscheidend an.

Kann es sein, dass Autohersteller bei der Versicherung in Zukunft stärker zur Verantwortung gezogen werden?

Zunächst muss man zwischen dem Kfz-Hersteller und dem Unternehmen unterscheiden, das die Software bereitstellt. Meistens werden Kfz schon mit Software geliefert – dann ist der Kfz-Hersteller für die Software haftbar. Das Problem ist, dass die Produzenten nicht für Entwicklungsrisiken haften, wenn ihr Produkt dem ­aktuellen Stand der Technik entspricht. Der Kfz-Halter trägt die Verantwortung. ­Unfallgeschädigte werden in jedem Fall über die Haftpflichtversicherung des Fahrzeug­halters entschädigt, die dann den Hersteller in Regress nehmen kann, sofern dieser überhaupt haftet. Meine ­Einschätzung ist, dass es deshalb keine Verschiebung von der Kfz-Haftpflichtversicherung der Fahrzeughalter hin zur Produkthaftpflichtversicherung der Hersteller geben wird.

Also glauben Sie, dass Privatleute in 20 Jahren noch Versicherungen für ihr Auto abschließen müssen?

Ja. Wenn allerdings automatisiertes weiter zum autonomen Fahren voranschreitet und ein Eingreifen des Menschen nicht mehr vorgesehen ist, gibt es keine Fahrerhaftung mehr. Der Halter haftet aber weiterhin unabhängig von einem Verschulden. Es ist für einen effektiven Schutz von Unfallopfern sinnvoll, dass der Gesetzgeber dies beibehält. Dem Fahrzeughalter ist die Haftung durchaus zumutbar, da er wegen seiner Haftpflichtversicherung keinen finanziellen Schaden erleidet. Von daher sind wir in Deutschland gut gerüstet für autonomes Fahren. Letztlich ist es aus ökonomischer Sicht übrigens egal, ob der Kfz-Halter oder der Hersteller haftet, da der Halter am Ende zahlt – entweder über einen erhöhten Preis für das Auto oder über die Versicherungsprämie.

Die Fragen stellte Ina Bullwinkel.

Zur Person

Professor Dr. Christian Armbrüster lehrt Gesellschafts- und Privatversicherungsrecht an der Freien Universität Berlin und leitet ein Projekt zu den Auswirkungen der Digitalisierung im Versicherungssektor.

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