Im „Tatort“ am Sonntag geschah, was in Krimis gar nicht so selten geschieht: Es traf die Polizisten. Ein mutmaßlicher Dealer eröffnete das Feuer. Die junge Streifenpolizistin Sandra starb im Kugelhagel, ein zweiter Uniformierter, der kurz vor seiner Pensionierung stehende Harald Stracke, wurde angeschossen.
Alles nur Fiktion, doch auch in der Realität ist Gewalt gegen Polizisten längst nicht der Ausnahme-, sondern der Normalfall. Und weil das so ist, wurde erst 2017 das einschlägige Gesetz verschärft. Das wiederum hat das Problem nicht gelöst. Zwar stimmten Union und SPD noch in der letzten Legislaturperiode für das neue „Gesetz zur Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften“. Es droht bei Angriffen auf Polizisten, ermittelnde Staatsanwälte, Feldjäger und andere Sicherheitskräfte mit bis zu fünf Jahren Haft. Vorher gab es eine solch besondere Strafandrohung nur für Angriffe bei Vollstreckungshandlungen wie etwa Festnahmen.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Christian Lange (SPD), begründete die Gesetzesinitiative seinerzeit mit der wachsenden Zahl von Attacken. Immer öfter schlügen Polizisten Hass, Beleidigungen und Gewalt entgegen. Immer öfter werde „ihre Arbeit durch einen Mangel an Respekt erschwert, mangelnden Respekt vor dem Gesetz und den Menschen, die es durchsetzen“. Polizisten seien als Repräsentanten des Staates besonders exponiert und „brauchen unseren Schutz“, erklärte er.
Die grüne Innenpolitikerin Irene Mihalic, selbst ausgebildete Polizistin, verwies hingegen auf die Einschätzung von Experten, dass einschlägige Gewalttaten fast immer von stark alkoholisierten oder psychisch auffälligen Personen ausgingen. Diese seien aber durch eine höhere Strafandrohung nicht zu beeinflussen. Die Linke argumentierte ähnlich. FDP und AfD saßen damals nicht im Bundestag.
Nur knapp dem Tod entgangen
Tatsächlich bleibt Gewalt gegen Polizisten an der Tagesordnung. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Oliver Malchow, sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Die Polizeiliche Kriminalstatistik 2018 verzeichnet 11 704 tätliche Angriffe auf Vollstreckungsbeamte und gleichstehende Personen. Den Löwenanteil davon haben meine Kolleginnen und Kollegen zu tragen. Auf einen Tag gerechnet sind das 32 Fälle, sogar 94, wenn man den sogenannten Widerstand gegen die Staatsgewalt dazurechnet.“ Er fügte hinzu: „Die Kollegen leben tagtäglich damit, dass ihnen oft unvermittelt brutale Gewalt entgegenschlägt. Obwohl sie nicht in einer sogenannten Vollzugssituation sind, müssen sie leider damit rechnen, aus dem Hintergrund mit Flaschen oder Steinen beworfen zu werden.“
Überdies gebe es Fälle, in denen Beamte nur knapp dem Tod entgangen seien, als schwere Geräte wie Mikrowellen oder Gehwegplatten neben ihnen aufschlugen. Es seien auch schon Molotowcocktails in Streifenwagen geworfen oder Radmuttern privater Polizeiautos gelockert worden. Beleidigungen und körperlicher Widerstand, so Malchow, seien „nahezu tägliches Diensterlebnis“. Brutal ging es beim G-20-Gipfel 2017 in Hamburg zu, als Linksextremisten für eine Eskalation sorgten.
Weil die Politik das alles verstanden habe, habe sie die Strafen spürbar erhöht, lobte der Gewerkschaftschef. Freilich hätten zahlreiche Angreifer „offensichtlich immer noch nicht verstanden, dass sich hinter der Uniform Mütter, Väter, Töchter, Söhne, Freunde, Nachbarn, also Menschen verbergen – Menschen, die die schwierige Aufgabe übernommen haben, unseren Rechtsstaat zu schützen“.