Junge Mutter und ambitionierte Aktrice - zwei Dinge, die wunderbar zusammenpassen, findet Lisa Maria Potthoff.
"Ruhe, Muße, eine Tasse Kaffee und ein schönes Gespräch" - mit solch bodenständigen Bedingungen kann man Lisa Maria Potthoff schon ein Strahlen in die blitzenden blauen Augen zaubern. Spätestens 2003 machte die heute 32-Jährige an der Seite von Matthias Schweighöfer in "Soloalbum" auf sich aufmerksam. Im ARD-Krimi "Wolfsfährte" (Samstag, 30. Oktober, 20.15 Uhr) spielt sie eine taffe Ermittlerin mit derben Sprüchen und fliegenden Fäusten. Im Interview verrät die Wahlberlinerin: "Ich freu mich auch, wenn ich die schwachen Momente spielen darf."
Wie eine Schachtel Pralinen? Ja man könnte so manch spröde Metapher zitieren, um ein Gespräch mit Lisa Maria Potthoff zu beschreiben - denn trotz beachtlicher Filmografie findet sich zunächst recht wenig im multimedialen Informationspool über die blonde Schauspielerin. Auch eine eigene Website hat sie nicht - "Mir ist der Sinn noch nicht ganz klar, warum ich mich bemühen sollte, mich so zu präsentieren," bemerkt sie nüchtern. Privates wird löwisch gehütet: "Ich finde es ganz gut, dass ich so unbehelligt leben kann. Wenn ich möchte, habe ich sehr wenige Berührungspunkte mit diesem Beruf. Ich hab noch die Wahl und manche Kollegen haben die nicht mehr." Überraschendes tut sich dann aber doch schnell auf.
So entschied sich Potthoff, die in München aufwuchs und dort die Schauspielschule besuchte, beispielsweise in Sachen Wohnsitz konsequent - das bunte Berlin sollte es sein. "Ich hatte das Gefühl, ich habe alles gesehen. München hat die Kontinuität, Berlin vertritt eher den Wandel." Doch der Bezug zu Bayern blieb. Denn Potthoff brilliert vor allem in den Rollen, in denen sie ihre Münchner Prägung zur Geltung kommen lassen kann. Im "Brandner Kaspar" gab sie das Nannerl, in Markus H. Rosenmüllers "Schwere Jungs" keifte sie als Gerdi in allerliebstem Oberbayerisch, und auch im anstehenden Rosenmüller-Projekt "Sommer der Gaukler" (Arbeitstitel) darf sie wieder mundarteln.
Für die Rolle der Kriminalhauptkommissarin Maria Klee in "Wolfsfährte" kloppte sie sich gekonnt mit Kollege David Scheller: "Und ich muss Ihnen ehrlich sagen, es hat großen Spaß gemacht, einen Mann zusammenzuhauen. Ich war danach so entspannt und gleichzeitig erschöpft, weil ich alle Aggressionen rauslassen konnte," sagt sie nicht ohne Augenzwinkern.
Starke Frauen im TV? Dieses Frauenbild sieht sie mehr als bedient: "Vielleicht brauchen wir sogar wieder mehr schwache Frauen im Film - meinte erst kürzlich eine Kollegin von mir. Als Frau ist man immer so damit beschäftigt, seine Stärken zu finden und dem Manne ebenbürtig zu sein, sodass man sich als Schauspielerin auch mal freut, wenn man einen schwachen Moment spielen darf." Distanziert ist Lisa Maria Potthoff wirklich nicht, vielmehr angenehm besonnen und selbstreflektiert.
In einer Daily Soap wagte Potthoff ihre ersten darstellerischen Gehversuche, 15 Tage lang. Nach dem Abitur 1997 musste eben ein Nebenjob her. Blut geleckt habe sie dort aber nicht. Stattdessen entschied sie sich für eine Schauspielausbildung: "Ich glaube, dass man sich sehr genau überlegen muss, wie man sich sein Handwerk aneignet. Bühnentauglich wird man nicht in einer Daily Soap - dort lernt man nur, wie man schnell und effektiv arbeitet, wie man schnell Texte lernt und diese schnell absondern kann. Es gibt aber so viele Möglichkeiten, in diesen Beruf reinzukommen, und sicher hat alles seine Berechtigung."
Umso schöner ist es da, wenn es nach so viel Diplomatie dann doch plötzlich menschelt und Lisa Maria Potthoff leise einwirft: "Ich bin vor Kurzem Mutter geworden. Meine Tochter ist jetzt eineinhalb." Kurz nach der Geburt heiratete sie auch den Vater ihrer Tochter, einen "ganz unbekannten Mann, der nichts mit der Branche zu tun hat und mit dem ich mich zum Glück nicht nur um meinen Schauspiel-Kosmos drehe".
Das Muttersein relativierte vieles: "Es macht einen stark für den Beruf und gleichzeitig so verletzlich. Ich weiß jetzt erst, was wirkliche Sorgen sind, was eine wirkliche Angreifbarkeit ist - diese unglaubliche Verantwortung. Das haut einen anfangs um!" Heute genießt Potthoff ihre Freiberuflichkeit, ist mal Mutter, mal Karrierefrau. Im Winter spielt sie wieder Theater in Berlin. Und doch ist es schön, "sich auch mal das Nichtstun zu erlauben", lacht sie. Da versteht man es letztlich: Wer ohnehin glücklich ist, der muss eben nicht laut mit dem Finger darauf zeigen.