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Ein altersloses Leben Martina Gedeck spielt in "Halbe Hundert" (Mi., 28.03., 20.15 Uhr, ARD)

In der Frauenkomödie "Halbe Hundert" spielt Martina Gedeck eine Ärztin in der Midlife-Crisis. Mit ihrem eigenen 50. Geburtstag hatte die scheue Diva hingegen wenig Probleme.
24.02.2012, 00:00 Uhr
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Von Eric Leimann

In der Frauenkomödie "Halbe Hundert" spielt Martina Gedeck eine Ärztin in der Midlife-Crisis. Mit ihrem eigenen 50. Geburtstag hatte die scheue Diva hingegen wenig Probleme.

Martina Gedeck ("Das Leben der Anderen", "Bella Martha", "Der Baader Meinhof Komplex") gilt als scheue, bisweilen schwierige Interviewpartnerin. Unbestritten eine der besten deutschen Schauspielerinnen ihrer Generation, zieht es die Gedeck vor, das eigene Leben lieber hinter dem ihrer Rollen verschwinden zu lassen. Das Verstecken fällt jedoch schwer, wenn Fiktion und Realität so nah beieinander liegen wie in der melancholischen Frauenkomödie "Halbe Hundert". Darin spielt die in Berlin lebende Schauspielerin an der Seite von Johanna Gastdorf und Leslie Malton eine von drei Freundinnen um die 50. Im vergangenen September wurde Martina Gedeck selbst 50 Jahre alt. Ihre Gedanken zu diesem Ereignis sind allerdings alles andere als von der Stange.

teleschau: Sie sind 2011 50 Jahre alt geworden. Hat die Arbeit an diesem Film Ihren Umgang mit diesem Ereignis beeinflusst?

Martina Gedeck: Nein, gar nicht. Die Rollen beeinflussen mein Leben nicht, sondern mein Leben beeinflusst die Rollen. Das ist immer so bei mir. Und mein Alter? Die Zahl interessiert mich nicht. Das war schon immer so. Ich habe das große Glück, dass ich schon in jungen Jahren immer andere Alter spielen konnte. Als junges Mädchen verkörperte ich gesetzte Frauen. Und mit Mitte vierzig spielte ich 20-Jährige. Das liegt natürlich auch an meiner Physiognomie. Mein Gesicht ist relativ zeitlos.

teleschau: Der 50. Geburtstag hat also keine seltsamen Gefühle bei Ihnen ausgelöst?

Martina Gedeck: Nein, wirklich nicht. Er war nicht anders als der 48. Geburtstag. Ich finde es eher rätselhaft, warum um Geburtstage so viel Aufhebens gemacht wird. Für mich war die Zahl nie relevant. Wichtig ist, was an diesem Punkt des Lebens gerade passiert.

teleschau: Trotzdem ist "Halbe Hundert" ein Film über die "Midlife Crisis". Früher hat man den Begriff auf Männer bezogen, die vor dem Altwerden noch mal ausbrechen wollen. Ist das bei Frauen dieses Alters genauso?

Martina Gedeck: Ich weiß nicht, wann man die "Midlife Crisis" heute ansetzt. Für mich fand die immer eher Mitte, Ende dreißig statt. "Halbe Hundert" ist ein Film über die Freundschaft dreier Frauen, und diese Frauen sind nun mal zufällig um die 50. Natürlich konstruiert der Film auch altersübliche Krisen - alles sehr zugespitzt. Das ist ein Kunstgriff, den die Komödie verlangt. Ich habe vor 20 Jahren einen ähnlichen Film mit drei Frauen um die dreißig gedreht - "Tiger, Löwe, Panther". Da wurden ähnliche Themen behandelt. Die eine hatte einen Freund, die andere hatte sich gerade getrennt, die dritte bekam nie einen ab. Mit 50 hat das Ganze zugegeben noch andere Aspekte. Eine andere Tiefenschärfe.

teleschau: Sie würden also nicht sagen, dass jedes Alter typische Lebensaufgaben mit sich bringt?

Martina Gedeck: Nein. Leben bedeutet ständige Veränderung. Zumindest macht man Filme über Menschen, die Veränderungen durchmachen. Ansonsten wären diese Filme ja langweilig. Ich habe noch nie einen Film gedreht über eine Figur, die sich nicht entwickelt hätte. Doch welche Veränderung das Leben an bestimmten Punkten einfordert, kann doch sehr unterschiedlich sein.

teleschau: Behandelt man eine Beziehungskrise mit 50 anders als mit nicht 30?

Martina Gedeck: Doch, schon. Das meinte ich mit Tiefenschärfe. Zwei unserer Frauen leben in sehr langen Beziehungen - auch wenn die in die Krise geraten sind. Mit 50 wirft man nicht alles sofort über den Haufen, wenn es mal nicht so läuft. Das hat etwas mit Reife zu tun. Auch mit dem Vertrauen und der Nähe, die man in einer sehr langen Beziehung aufgebaut hat. Man setzt doch mehr Energie ein, um beieinander bleiben zu können. Es ist auch eine wichtige Botschaft des Films: Das, was man hat, ist auch etwas wert.

teleschau: Mit höherem Lebensalter besitzt man weniger Optionen, nach dem Schlussstrich unter dem alten Leben etwas völlig Neues anzufangen. Spielt das nicht auch eine Rolle?

Martina Gedeck: Sie meinen, dass man im vorgerückten Alter Angst hat, noch etwas Neues zu beginnen? Jene Frau, die ich im Film spiele, hat diese Angst nicht. Und ich hätte auch keine Angst davor.

teleschau: Würden Sie sagen, dass Sie mit höherem Lebensalter mutiger geworden sind?

Martina Gedeck: Ja, ich bin mutiger geworden. Ich habe vieles, was mich früher vielleicht festgehalten hat, über Bord geworfen: Konventionen, Erwartungen anderer - Dinge, die einem als junger Mensch sehr wichtig sind. Damals orientierte ich mich an dem, was ich vorgefunden habe. So wächst man auf. Jedes Kind, jeder Teenager lernt am Modell. Heute ist mir wichtig, dass die Dinge, die ich tue, Substanz haben. Und dass mein Leben ein lebendiges und eigenständiges ist. Insofern bin ich sicher mutiger geworden.

teleschau: Gibt es Dinge, die Sie am Älterwerden wirklich stören?

Martina Gedeck: Nein. Im Moment nicht. Vielleicht später (lacht). Aber über körperliche Gebrechen kann ich jetzt nicht spekulieren. Und wenn ich 70 bin und unter solchen Gebrechen leiden sollte, werde ich das sicher nicht in Interviews thematisieren.

teleschau: Hat "Halbe Hundert" für Sie eine Botschaft?

Martina Gedeck: Es ist ein Film über Freundschaft. Über Beziehungen. Was sind wir schon ohne die anderen, die bereits einen Großteil der Strecke mit uns gegangen sind? Es mag eine gewisse Melancholie hinter diesem Gedanken stecken. Aber im Grunde genommen ist das eine starke, positive Botschaft. Für mich als Schauspielerin war es wichtig, dass uns dieser Film mit einem Gefühl der Leichtigkeit entlässt. Er soll Spaß machen. Darüber waren sich meine Schauspielerinnenkollegen und ich einig. Und für mich ganz persönlich war es auch klar, denn ich hatte davor eine ganze Menge Rollen gespielt, die eher schwer waren. Da kam mir eine Komödie gerade zur rechten Zeit.

teleschau: Über was haben Sie sich am Set mit Ihren beiden Kolleginnen ausgetauscht? Über Freundschaft? Über Ihr Lebensalter?

Martina Gedeck: Wir haben viel über Schauspielerei gesprochen. Gerade in so einem komödiantischen Ensemblestück geht es doch immer darum: Wie wird das lebendig, wie spielt man das interessant? Dazu haben wir alle eine ähnliche Vergangenheit. Johanna Gastdorf kommt wie ich vom Theater. Auch Leslie Malton hat diesen Hintergrund. Dazu kenne ich sie auch schon sehr lange. Es ist immer schön, wenn man Kollegen trifft, die alle Facetten dieses Berufs kennen. Ansonsten haben wir viel rumgeflachst. Es hat sich tatsächlich auch abseits der Kamera ein Umgang entwickelt, der dem im Film ähnlich ist.

teleschau: Ist es leicht oder schwer, Freundschaft zu spielen?

Martina Gedeck: Ich fand es schön, dass die Freundschaft im Film so unterschiedliche Seiten aufweist. So ist es ja auch im richtigen Leben. Man findet sich auch mal blöd, ärgert sich oder langweilt sich miteinander. Freundschaft bedeutet nicht, dass man sich ständig innerlich um den Hals fällt. Freundschaft bedeutet, dass immer ein Grundvertrauen da ist. Und dass man den anderen nach all diesen Jahren nicht mehr verändern will. Im Film kommt noch ein Aspekt hinzu. Meine Figur, die Erfolgsärztin Anne Kater, ist jemand, die vieles nicht mitbekommt. Aber auch das ist eine Seite von Freundschaft - Dinge nicht mitzubekommen. Insofern würde ich sagen: Wir haben eine realistische Freundschaft gespielt, was natürlich Spaß macht und auch leichter von der Hand geht als etwas Künstliches.

teleschau: Haben Sie selbst ein Talent für Freundschaften?

Martina Gedeck: Ich bin niemand, der ständig sozialisiert und klönt. Ich treffe mich nicht alle drei Tage zum Kaffeeklatsch. Andererseits bin ich sehr treu. Ich pflege sogar noch Freundschaften aus der Kindergartenzeit. Die meisten meiner Freundschaften reichen viele Jahre zurück. Ich halte gern an einmal geknüpften Banden fest. Ich finde es etwas ganz Tolles zu sehen, wie sich jemand über die Jahre verändert und entwickelt. Ich muss nicht viele Freunde haben. Aber - die, die ich habe, sind mir ganz viel wert. Ich wünsche mir, dass sie mich immer begleiten.

teleschau: Sie sagen, dass Ihre Rollen Sie nicht verändern, sondern Ihr Leben die Rollen. Das hört man nicht oft von Schauspielern ...

Martina Gedeck: Meine Rollen verändern mich nicht. Sie sind eher Ausdruck meiner Person, meines Lebens. Und es finden sich in allen Rollen Lebensspuren von mir. Gleichzeitig sind die Rollen auf jeden Fall ein wichtiger Teil meines Lebens. Ich trenne nicht so sehr zwischen Rolle und Leben, weil - die Rolle, das bin ja ich. Eine Rolle ist wie ein transparentes farbiges Papier, das man zwischen sich und den Betrachter schiebt. Mal sieht man eher gelb oder rot oder blau aus. Aber man ist immer dieselbe Person.

teleschau: Welche Rollen haben dennoch auf Sie abgefärbt und warum?

Martina Gedeck: Da gibt es ganz naheliegende Dinge. Mit manchen Sachen hätte man sich nie beschäftigt, wäre da nicht die Rolle gewesen. Ich habe für eine Rolle Klavierspielen gelernt und für eine andere das Segeln. Ich habe mich tief eingelesen in historische Dinge, über die ich ansonsten nie so viel erfahren hätte. Ich habe sogar kochen gelernt wegen einer Rolle - das habe ich vorher nicht gemacht. Ich hatte auch vorher keine Lust zu kochen. Das hat sich durch diese Rolle verändert. Am stärksten hat mich zuletzt meine Rolle in "Die Wand" geprägt. Weil ich mich da ein Jahr lang in der Natur und mit Tieren bewegt habe. Auch das hatte ich in dieser Form so vorher nie erlebt. Insofern haben Filme mein Leben stark geprägt und mich Dinge gelehrt. Sie haben mich als Mensch aber nicht verändert. Das ist ein Unterschied.

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