- Was bedeutet der Begriff Triage?
- Triage in der Corona-Pandemie
- Welche Kriterien gelten bei der Triage?
- Was sagen Ärzte zur Lage in Deutschland?
- Was sagt ein Arzt zur Lage in Bremen?
In Zusammenhang mit den ansteigenden Corona-Infektionszahlen und Covid-19-Patienten in den Krankenhäusern wird vor einer drohenden Triage bei der Versorgung von Notfallpatienten gewarnt. Was mit Triage gemeint ist und wie ernst die Situation in Deutschland ist:
Was bedeutet der Begriff Triage?
Der Begriff Triage leitet sich vom französischen Wort "trier" ab, was übersetzt sortieren oder auswählen heißt. Entwickelt wurde das Konzept der Triage während der Napoleonischen Kriege im Jahr 1792 von dem französischen Chirurgen Freiherr Dominique Jean Larrey. Danach wurden jene verletzten Soldaten zuerst behandelt, die die besten Voraussetzungen für eine schnelle Genesung und damit einen schnellen weiteren Einsatz im Krieg hatten. Und nicht die Verletzten, die Hilfe am nötigsten hatten.
Triage in der Corona-Pandemie
Wenn aufgrund steigender Infektionszahlen und Covid-19-Patienten die medizinischen Ressourcen nicht mehr ausreichen, um alle Notfallpatienten zu versorgen, sind schwerwiegende Entscheidungen der Ärztinnen und Ärzte die Folge: Welcher Patient wird an das noch freie Beatmungsgerät angeschlossen, welche Behandlung wird aufgeschoben?
Um das medizinische Personal in dieser Situation nicht allein zu lassen, gibt es in Deutschland klinisch-ethische Empfehlungen. Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) hat diese Empfehlungen unter dem Titel „Entscheidungen über die Zuteilung intensivmedizinischer Ressourcen im Kontext der COVID-19-Pandemie“ bereits im April 2020 zusammengefasst und seitdem aktualisiert.
Welche Kriterien gelten bei der Triage?
Zusammengefasst geht es in den Empfehlungen um die Einschätzung der Überlebenschancen von Patienten bei Intensivbehandlungen sowie um den Willen des Patienten. Grunderkrankungen, Alter und Behinderungen dürfen bei Triage-Entscheidungen kein Kriterium sein, sondern es gilt der Gleichheitsgrundsatz. Die Behandlungs-Entscheidung bei der Triage sollte von einem Team aus mehreren Experten gefällt werden.
Wichtig: Die Empfehlungen der Divi-Fachgesellschaften beziehen sich nicht nur auf Covid-19-Patienten. Die Entscheidung, wer priorisiert behandelt wird, fällt vielmehr zwischen allen Patienten, die eine Intensivbetreuung benötigen.
Solche klinisch-ethischen Empfehlungen gibt es auch in Frankreich, Österreich, der Schweiz und Italien. In Österreich hat sich Lage zugespitzt: Die Salzburger Landeskliniken haben am Dienstag bekannt gegeben, dass ein Triage-Team zusammengestellt werde, weil die Behandlung aller Patienten nach geltenden Standards bald nicht mehr garantiert werden könne.
Was sagen Ärzte zur Lage in Deutschland?
Die Situation in Deutschland und Triage waren im November Themen bei einer Veranstaltung des Science Media Center über „Die Auswirkungen voller Intensivstationen auf die medizinische Grundversorgung in Pandemiezeiten“ in Deutschland.
Der Direktor der Klinik für Intensivmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Stefan Kluge, sprach dabei von einer "latenten Triage" in den Bundesländern mit hohen Inzidenzen wie Bayern, Thüringen und Sachsen.
Dort sei zu beobachten, dass die Notfallversorgung und Intensiv-Versorgung "teilweise nicht mehr gewährleistet" ist, einzelne Krankenhäuser Notfälle nicht mehr versorgen könnten. "Im Norden sind wir etwas besser aufgestellt", führte der Mediziner weiter aus. In Hamburg und Bremen gebe es im Vergleich zu diesen Bundesländern "nur zehn Prozent der Intensivpatienten mit Covid-19". Nach den Daten des Divi-Intensivregisters würden 0,8 Prozent der Covid-19-Infizierten intensivpflichtig. Es komme daher "jetzt eine große Welle auf die deutsche Intensivmedizin zu".
Der Direktor der Klinik I für Innere Medizin am Universitätsklinikum Köln, Michael Hallek, nannte es eine "weiche Triage", wenn zum Beispiel ein Rettungswagen mit einem Herzinfarktpatienten eine Stunde lang auf der Suche nach einem freien Intensivbett herumfahren müsse. Solche Verzögerungen und Verschlechterungen der Versorgung seinen eine Auswirkung der Pandemie – "und die ist jetzt meines Erachtens von den Schilderungen der Kollegen in den südöstlichen Teilen der Bundesrepublik bereits eingetreten", so Hallek in der Veranstaltung des Science Media Center.
Was sagt ein Arzt zur Lage in Bremen?
Von den insgesamt 183 Intensivbetten in Bremer Krankenhäusern seien derzeit 18 mit Covid-19 Patienten belegt, wovon der Großteil ungeimpft sei, erläutert der Leiter der Klinik für Intensivmedizin und Notfallmedizin des Klinikums Bremen Mitte, Rolf Dembinski gegenüber dem WESER-KURIER. Bislang sei die Entwicklung der Zahl der Corona-Intensivpatienten in Bremen im Vergleich zu anderen Bundesländern nicht dramatisch, was auch der hohen Zahl an Geimpften zu verdanken sei.
Im Krisenstab sei bereits darüber gesprochen worden, wann wohl Anfragen zur Übernahme von Intensivpatienten aus den stärker betroffenen Bundesländern kämen. Bisher sei das aber noch nicht der Fall. Aktuell sei Triage in Bremen deshalb kein Thema, aber sollte sich die Lage verschlimmern, "haben wir Konzepte in der Schublade". Denn mit dem Triage-Gedanken habe man sich schon zu Beginn der Pandemie beschäftigt.
Aktuell kämen dennoch alle Kliniken in Bremen mit ihren Ressourcen nur schwer aus, wobei die Intensivmedizin nur eines der Nadelöhre sei. Grund sei der "drastische Pflegemangel". Dembinski: "Es gibt keinen Mangel an Betten und Ärzten. Wir haben keine Pflegekräfte."