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"Ein Kind kannst du nicht besitzen" Uschi Glas spielt in der ARD-Produktion "Für immer daheim" (Freitag, 18.11., 20.15 Uhr)

Uschi Glas ist "Für immer daheim" (Freitag, 18.11., 20.15 Uhr, ARD) - warum mit ihr also nicht über die eigenen Familienverhältnisse reden?
04.11.2011, 00:00 Uhr
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Von Christina Zimmermann

Uschi Glas ist "Für immer daheim" (Freitag, 18.11., 20.15 Uhr, ARD) - warum mit ihr also nicht über die eigenen Familienverhältnisse reden?

Vom Schätzchen, über Hautcreme bis hin zu Sohn Ben Tewaag - spontane Assoziationen zu Uschi Glas gibt es viele. Die spielen im Gespräch mit der 67-Jährigen aber keine Rolle, denn es gibt weitaus interessantere Geschichten, die sie zu erzählen weiß. Vom Aufwachsen in Landau an der Isar zum Beispiel oder vom Verhältnis zu ihrem Vater und den drei älteren Geschwistern. Schließlich ist die Schauspielerin nun "Für immer daheim" - zumindest in der gleichnamigen ARD-Degeto-Produktion, die am Freitag, 18.11., 20.15 Uhr, zu sehen ist. In dem modernen Heimatfilm überrascht sie der eigensinnige Vater mit einer Halbschwester, dem Ergebnis eines jahrzehntealten Seitensprungs.

teleschau: Frau Glas, in Ihrer Rolle der Maren Bertram sind Sie jetzt "Für immer daheim". Wie wichtig ist Ihnen selbst das Zuhause?

Uschi Glas: Sehr. Meine Heimat ist natürlich Bayern, weil ich hier die meiste Zeit meines Lebens verbrachte. Allerdings könnte ich mich durchaus auch woanders zu Hause fühlen, wenn ich dort meine eigenen vier Wände hätte und meine Seele spüren könnte.

teleschau: Hätten Sie sich vorstellen können, wieder nach Landau an der Isar zu den Eltern zurückzukehren?

Glas: Leider sind meine Eltern schon tot, weswegen sich mir diese Frage nicht stellt. Sicherlich könnte ich auch auf dem Land leben, aber ich identifiziere mich doch eher mit München als mit Landau an der Isar.

teleschau: Wie war das Aufwachsen dort?

Glas: Landau ist eine wunderschöne Stadt, ein geborgenes Örtchen. Ich hatte eine tolle Kindheit, weil meine Geschwister und ich wild aufwachsen durften. Wir gehörten zur Unteren Stadt und waren natürlich die Feinde der Oberen Stadt. Das war abenteuerlich! Dennoch galten meine Familie und ich dort als Exoten, weil wir evangelisch waren. Das war fast ein Skandal!

teleschau: Ihre Filmfigur Maren Bertram hat ordentlich mit ihrem Vater zu hadern. Wie war das Verhältnis zu Ihrem eigenen Vater?

Glas: Sagen wir es so: Mein Vater hatte es nicht immer leicht mit mir (lacht). Vor allem in meiner Teenagerzeit hatte ich mit ihm schwere Auseinandersetzungen - wie übrigens viele Menschen meiner Altersgruppe. Man wollte damals eben einfach wissen, wie das mit dem Dritten Reich war, ob es stimmte, dass man das nicht mitbekommen hat. Ähnlich ging es uns auch mit unseren Lehrern. Wir konnten einfach nicht fassen, dass man nicht darüber reden wollte, wie so etwas überhaupt möglich war. Als Naseweis, der man als Jugendlicher nun mal ist, weiß man sowieso alles besser und hätte alles anders gemacht. Aber im Laufe der Zeit wird man reflektierter, teilt nicht mehr so aus. Also schlossen mein Vater und ich Frieden und konnten später sogar wirklich gute Gespräche miteinander führen.

teleschau: Sie sind das jüngste von vier Geschwistern. Waren Sie das behütete Nesthäkchen?

Glas: Für meine Geschwister sicherlich, aber ich empfand das überhaupt nicht so. Ich war ein wahnsinnig temperamentvolles Kind, wollte immer und überall dabei sein. Ziemlich oft hieß es: "Passt auf die Uschi auf!" Mein Bruder und meine Schwestern hatten aber natürlich überhaupt keine Lust, mich ständig mitzuschleifen. Sie hatten mit mir ganz schön zu kämpfen (lacht). Andererseits: Wenn ich mal etwas mehr verwöhnt wurde, zahlten sie es mir sofort wieder heim.

teleschau: Sehen Sie sich noch regelmäßig?

Glas: Meine Geschwister leben alle in und um München herum, sodass wir uns tatsächlich sehr häufig sehen können. Außerdem rutscht man im Alter wieder enger zusammen.

teleschau: Sie selbst haben drei Kinder. Wie schwierig ist es, die Familie zusammenzuhalten?

Glas: Kinder brauchen Freiheit, sie müssen fliegen können. Umso lieber kommen sie zurück. Bei uns gibt es immer ein großes Hallo, und alle freuen sich, wenn die Mama dann was kocht. Familie ist schließlich Heimat. Dazu muss man nicht jeden Tag in einer gemeinsamen Wohnung aufeinandersitzen, sondern einfach zueinanderstehen und Tag und Nacht füreinander da sein.

teleschau: Mit ihrem zweiten Mann Dieter Hermann leben Sie mittlerweile in einer klassischen Patchwork-Familie. Was ist Ihr Geheimnis, dass es funktioniert?

Glas: Ganz einfach: Glück. Die beiden Töchter meines Mannes verstehen sich prima mit meinen Kindern. Sie sprechen die gleiche Sprache, haben den gleichen Humor, sind noch dazu fast im gleichen Alter. Das kann man eben nur mit Glück beschreiben. Und das braucht man, wenn man eine Familie werden will.

teleschau: Wie ist Ihr Verhältnis zu Ihren beiden Stieftöchtern?

Glas: Sehr gut, weil ich mir ganz klar sage, dass ich für sie eine gute Freundin sein kann, aber bestimmt nicht die Mutter. Man sollte sich in Dinge, die zwischen Mutter und Tochter ausgestanden werden, nicht einmischen. Du kannst wie eine Freundin über alle Probleme reden, Ratschläge geben, aber nicht plötzlich die Erziehung in die Hand nehmen. Das steht einem nicht zu.

teleschau: Wie würden Sie sich generell als Mutter beschreiben?

Glas: Ich sagte mir schon immer: Du darfst dein Kind begleiten und betreuen und darfst froh sein, überhaupt eines bekommen zu haben. Aber du hast kein Recht, es zu besitzen.

teleschau: Haben Sie das Gefühl, bei der Erziehung alles richtig gemacht zu haben?

Glas: Oh Gott, wer hat das schon (lacht)! Das bilde ich mir gar nicht erst ein. Man könnte immer alles anders machen, ob nun privat oder beruflich. Man muss sich jeden einzelnen Tag entscheiden, aber das Jetzt zählt. Nicht in die Vergangenheit gehen, sondern nach vorne schauen.

teleschau: War es denn rückblickend leicht, mit drei Kindern Karriere zu machen?

Glas: Kinder wollte ich eigentlich schon immer. Für damalige Verhältnisse war ich jedoch eine Spätgebärende. Ich wollte zunächst ausprobieren, ob ich in meinem Traumberuf erfolgreich sein und mich damit selbst ernähren kann. Ab dem Zeitpunkt, an dem ich merkte, dass ich es mir leisten konnte, auch ein Jahr lang nicht zu arbeiten, fing ich an, mein Privatleben zu ordnen. Ich kann nur von Glück reden, dass ich damals immer meine Mutter an meiner Seite hatte. Und meine Marianne, die mir von Anfang an als Kinderschwester wie meine rechte Hand wie ein Fels in der Brandung war.

teleschau: Wenn Sie vom Traumberuf sprechen, wollten Sie also schon immer zum Film?

Glas: Ja, das war mein Plan. Aber er war gegenüber meinen Eltern natürlich nur sehr schwer durchzusetzen.

teleschau: Sind Sie deswegen mit 20 Jahren nach München gezogen?

Glas: Meine Geschwister waren damals schon alle dort. Nur ich war noch daheim. Die erste Chance, die ich hatte, nach München zu gehen, ergriff ich dann natürlich sofort. Das, was ich mit meinem Leben damals vorhatte, konnte ich in Landau an der Isar schließlich nicht verwirklichen. Aber ich wollte nicht sagen: Das geht nicht. Denn der Ausspruch "geht nicht" geht gar nicht (lacht). Man darf die Hoffnung nie aufgeben und sich nicht schon im Vorfeld Steine in den Weg legen.

teleschau: Bei einer Filmpremiere kamen Sie mit dem Produzenten Horst Wendlandt ins Gespräch, der Ihnen später Ihre erste kleinere Filmrolle verschaffte. Raten Sie jungen Talenten auch zum Smalltalk in Insiderkreisen?

Glas: Bei mir war das eher Zufall, man kann und sollte darauf nicht bauen. Das halte ich für verhängnisvoll. Wenn man einen bestimmten Beruf ausüben will, muss man schauen, wie man dorthin kommt. Ich plädiere stets für eine Ausbildung. Meinen jungen Kollegen rate ich, zunächst einmal Theater in einer Kleinstadt zu spielen, oder auf Tournee zu gehen. Man muss sich den Beruf erarbeiten.

teleschau: Sie sind jetzt 67. Wie alt fühlen Sie sich wirklich?

Glas: Ich weiß nicht, wie man sich mit 18 oder mit 30 fühlen sollte. Deswegen kann ich auch nicht sagen, wie ich mich jetzt fühle. Aber was ich sagen kann: Ich bin glücklich, dass ich gesund bin und will noch viele Sachen machen.

teleschau: An Ruhestand denken Sie also nicht?

Glas: Um Gottes willen! Das ist für mich die Höchststrafe (lacht). Ich arbeite gerne und liebe meinen Beruf. Als Schauspielerin habe ich das Glück, noch so lange zu spielen, wie ich meinen Text noch zusammenbekomme.

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