Die Nahverkehrsunternehmen wollen ein bundesweit geltendes „Klimaticket“ einführen. Das Angebot soll das Neun-Euro-Ticket ersetzen, das es noch bis Ende August gibt. Allerdings sieht der Vorschlag des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) einen höheren Preis für eine Dauerlösung vor. Das Klimaticket soll 69 Euro im Monat kosten.
Auf Basis des heutigen Neun-Euro-Angebots wäre die Umsetzung dieser Idee vertrieblich machbar, sagt Eckhard Spliethoff, Pressesprecher des Verkehrsverbundes Bremen/Niedersachsen (VBN). Vorausgesetzt, die Rahmenbedingungen und vor allem die Finanzierung würden kurzfristig von der Politik sichergestellt. „Wir begrüßen alle Vorschläge, die den ÖPNV in Bremen stärken, verbessern und sichern“, sagt Andreas Holling, Sprecher der Bremer Straßenbahn AG. Entscheidend sei eine langfristige und finanziell unterfütterte Perspektive. Im Vorschlag des VDV ist von zwei Milliarden Euro jährlich ab 2023 die Rede.
Laut VDV-Chef Oliver Wolff hat das Neun-Euro-Ticket eine neue Grundlage geschaffen – erstmals gebe es einen bundesweit geltenden Fahrschein, den fast jeder Zweite im Land gekauft habe. Ein Zurück zur alten Tariflandschaft hält die Branche für unmöglich und hat deshalb die Anschlusslösung entworfen. „Der Signalpreis von neun Euro wird nicht länger als drei Monate finanzierbar sein“, verteidigt Wolff den geplanten höheren Preis. Zumal die Verkehrsunternehmen mit steigenden Kosten für Energie, Personal und Material zurechtkommen müssten.
Die erste Reaktion des Verkehrsministeriums auf diesen Vorschlag fällt verhalten aus. Erst einmal werde alles Weitere zwischen Bund und Ländern besprochen und die Auswertung der Erfahrungen mit dem Neun-Euro-Ticket abgewartet, sagt ein Sprecher. Die fallen für die BSAG positiv aus. „Derzeit sind die Fahrgastzahlen fast wieder auf Vor-Covid-Niveau“, berichtet Andres Holling. Ein so günstiges Ticket sei nur über die Finanzierung durch den Bund zu realisieren. „Und das wäre wohl auch bei einem 69-Euro-Ticket oder anderen Nachfolgemodellen so.“ Ungeachtet dessen müsse es auch weiterhin Angebote für Kunden geben, die weniger fahren, und für die, die Transferleistungen beziehen. Sie zahlen derzeit 25 Euro pro Monat für den ÖPNV in der Stadt Bremen.
Auch VBN-Sprecher Eckhard Spliethoff spricht eine Reihe zu klärender Punkte an. „Wie wird dieses Ticket zum Beispiel zwischen Bund, Ländern und Verbünden abgerechnet und wie erfolgt eine bundesweite Aufteilung der Einnahmen?“ Notwendig wäre auch ein möglichst bundesweit einheitliches Aussehen des Tickets, um eine einfachere Überprüfung in allen Zügen und Bahnen vornehmen zu können. Und auch die Frage, welche Auswirkungen ein dauerhaftes 69-Euro-Ticket auf das übrige Sortiment im VBN hätte, müsste überprüft werden, betont Spliethoff.
Um für Personen, die den ÖPNV nur gelegentlich nutzen, auch weiterhin ein passendes Angebot zu haben, werde der VBN das bestehende Tarifangebot größtenteils auch langfristig aufrechterhalten. „Es ist nicht erforderlich, mit einem tariflichen Billigangebot überhaupt erst Verkehre zu induzieren, wie dieses gegenwärtig durch das Neun-Euro-Ticket teilweise erfolgt.“ Ziel müsse vielmehr sein, den Umstieg vom Individualverkehr auf den ÖPNV attraktiv zu machen. „Und zwar genau dort, wo Verkehre bereits heute stattfinden.“
Ähnlich argumentiert BSAG-Sprecher Holling. Bei der Fahrtentscheidung zwischen ÖPNV und Pkw sei der Ticketpreis nicht das einzige Kriterium. „Schon heute ist das Monatsticket in Bremen meist günstiger als die tagtägliche Fahrt zur Arbeit mit dem eigenen Auto.“ Wichtig sei daher eine Verbesserung des Angebots wie Ausbau und Verlängerung der Linien, Fahrten in engem Takt und umsteigearme, schnelle Verbindungen. „Dazu muss aber mehr Geld in den ÖPNV gesteckt werden. Hier ist Berlin in der Pflicht.“
Niedersachsens Verkehrsminister Bernd Althusmann (CDU) hat sich für eine Verlängerung des Neun-Euro-Tickets ausgesprochen. „Ich bin durchaus dafür, dass wir das Neun-Euro-Ticket verlängern“, sagte Althusmann dem NDR. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hatte zunächst erklärt, er rechne derzeit nicht mit einer Verlängerung, weil es keine Anzeichen für ein weiteres finanzielles Engagement des Bundes gebe.