Hubertus Hess-Grunewald, wann und wie hat Frank Baumann Ihnen mitgeteilt, dass er seinen im Sommer 2024 auslaufenden Vertrag nicht verlängern möchte?
Wir waren immer eng im Austausch und uns einig, dass wir zeitnah eine Entscheidung brauchen. So ist es jetzt gekommen. Frank hat mir seine Entscheidung in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt. Er hat sich diesen Schritt wirklich nicht leicht gemacht. Es kommt nicht überraschend, aber wir hätten uns es trotzdem anders gewünscht.
Haben Sie versucht, ihn zum Bleiben zu überreden?
Ich habe ihm schon während der ganzen Zeit, und wir haben viele Gespräche geführt, unsere Wertschätzung ausgedrückt. Wir hätten sehr gerne mit ihm weitergearbeitet. Ich habe alles getan, was möglich war – auf der persönlichen und inhaltlichen Ebene. Selbst im letzten Gespräch habe ich es noch einmal versucht. Aber wer Frank kennt, der weiß, dass Frank an einer so wohlüberlegten Entscheidung nichts mehr ändern wird.
Das Arbeitsverhältnis endet am 30. Juni 2024. Wird Frank Baumann so lange bleiben?
Ja, Frank wird seinen Vertrag erfüllen. Darüber sind wir sehr froh, weil wir dadurch weiter handlungsfähig sind. Der Aufsichtsrat wird nun den bereits eingeleiteten Prozess der Nachfolgeregelung weiter intensivieren.
Wie sieht dieser Prozess aus?
Der Aufsichtsrat hat den Markt schon gescannt und wird das auch weiterhin intensiv tun. Welche Kandidaten gibt es, die für diese Position in Betracht kommen? Da sind Kompetenz, Inhalte, Auftreten und der kulturelle Fit zu Werder ganz entscheidend. Man darf nicht vergessen, dass wir auch intern in Clemens Fritz einen geeigneten Kandidaten haben. Ihn haben wir in den letzten Jahren nach und nach in diese Richtung entwickelt, und er hat sich auch in diese Richtung qualifiziert. Wir schauen jetzt, wer am besten dafür geeignet ist, Werder Bremen auf sportlicher Ebene in die Zukunft zu führen.
Wurde Clemens Fritz bereits gefragt, ob er diese Rolle einnehmen will?
Ja, ich habe mit ihm ein entsprechendes Gespräch geführt und ihm mitgeteilt, dass er einer der Kandidaten ist, aber wir als Aufsichtsrat auch die Pflicht haben, uns auf dem Markt umzusehen und die bestmögliche Lösung zu finden. Clemens hat sofort erklärt, dass er sich diese Rolle bei uns vorstellen kann und er auch die Ambitionen hat, hier Geschäftsführer zu werden. Er wird dem Aufsichtsrat demnächst sein Konzept vorstellen. Aber er kann auch verstehen, dass der Aufsichtsrat sich auch mit externen Kandidaten auseinandersetzen wird. Clemens ist bereit, sich auf diesen Auswahlprozess einzulassen.
Angenommen, Sie würden sich für einen externen Kandidaten entscheiden, würde der Weg von Clemens Fritz bei Werder dann enden?
Das ist eine sehr hypothetische Frage. Die müsste sicher auch Clemens beantworten, ob er unter einem anderen Geschäftsführer weiterarbeiten möchte. Davon sind wir aber noch sehr weit weg.
Wann soll der neue Geschäftsführer Fußball feststehen?
Hier geht Sorgfalt vor Geschwindigkeit, wir werden nicht im nächsten Monat eine Lösung präsentieren. Der Aufsichtsrat hat sich das Ziel gesetzt, im ersten Quartal 2024 eine Lösung gefunden zu haben.
Wurden schon Gespräche mit Kandidaten geführt?
Nein, auch keine losen Gespräche mit möglichen externen Kandidaten. Aber ich kann versichern, dass wir den Markt im Blick haben.
Was muss der „neue“ Frank Baumann vor allem mitbringen?
Wir suchen eine Persönlichkeit, die das Potenzial hat, Werder so weiterzuentwickeln, dass wir erstklassigen und erfolgreichen Fußball spielen, um uns weiter in der Bundesliga zu etablieren. Sie muss auch das Thema Scouting, Nachwuchsleistungszentrum und Frauenfußball im Sinne unserer strategischen Ziele im Blick haben. Auch da wollen wir uns weiterentwickeln. Der künftige Geschäftsführer Fußball sollte Werder ganzheitlich verstehen. Der Profifußball der Männer ist Herz und Motor des Vereins, hier werden die größten Umsätze generiert, aber es gibt eben auch viele andere Themen bei Werder Bremen. Die wirtschaftliche Vernunft spielt bei uns auch eine große Rolle.
Wie groß sollte der grün-weiße Background dieser Persönlichkeit sein?
Wir schauen zuallererst auf Fachlichkeit und Inhalt sowie die Persönlichkeit. Wenn dann noch eine Werder-DNA dazukommen würde, wäre das sicherlich gut, aber nicht entscheidend. Wir haben in Cheftrainer Ole Werner, Kaderplaner Johannes Jahns und Ausbildungsleiter Marc Dommer Leute von außen in Schlüsselpositionen bei uns. Das zeigt doch, dass wir nicht nur auf die Werder-DNA schauen.
Zurück zu Frank Baumann: Wie groß ist der Verlust?
Sehr groß. Frank identifiziert sich in außergewöhnlicher Weise mit Werder. Das merkt man nicht nur daran, dass er seit über 20 Jahren hier ist. Er hat immer sehr stark auf das ganze Werder geschaut. Das wird uns fehlen.
Kommt Frank Baumann nochmal wieder?
Ich würde es mir wünschen, weil die Zusammenarbeit immer sehr gut war. Frank ist nicht nur fachlich sehr gut, sondern einfach auch persönlich sehr angenehm. Ein Frank Baumann würde Werder immer guttun. Ich halte es aber für unwahrscheinlich, dass er als Geschäftsführer zurückkehrt, wenn dann eher in anderer Funktion.