Lars Eidinger brüllt, wispert, schmeichelt, schluchzt und tobt. Sein „Hamlet“ und sein „Richard III.“ sind eine Sensation im Theater. Er gibt immer alles. Der 40-Jährige ist ein exzessiver, extrovertierter Schauspieler- und privat ganz anders.
Er gibt immer alles. Lars Eidinger ist ein exzessiver, extrovertierter Schauspieler- und privat ganz anders. Jetzt feiert der Star seinen 40. Geburtstag.
Lars Eidinger brüllt, wispert, schmeichelt, schluchzt und tobt. Sein „Hamlet“ und sein „Richard III.“ sind eine Sensation im Theater. Der gebürtige Berliner überzeugt aber genauso als Gänsehaut erregender „Tatort“-Psychopath. Sein ganzes Können spielt er auch in leisen, subtil angelegten Rollen in Familien- und Beziehungsdramen wie „Alle anderen“, „Was bleibt“ und „Familienfest“ aus. An diesem Donnerstag feiert das Ausnahmetalent seinen 40. Geburtstag – zu Hause mit einer großen Party mit Freunden.
Auf der Theaterbühne und im Film kehrt Eidinger sein Innerstes nach Außen und geht keine Kompromisse ein. Privat meidet der Star rote Teppiche und macht sich durch geschickte Ablenkungsmanöver am liebsten unsichtbar – mit tief ins Gesicht gezogener Mütze, dunkelblau lackierten Fingernägeln und ins Haar geklemmtem Spängchen. Mit dieser Verwandlung schütze er sich, sagt Eidinger. „Dann habe ich das Gefühl: Das bin nicht mehr ich. Ich bin ja maskiert.“
Zum Abschalten hilft Duschen
Wenn er aber auf der Theaterbühne steht, dann genießt Eidinger die Aufmerksamkeit und die Intensität des Erlebens. „Das hat etwas Euphorisches und Rauschhaftes“, erklärt der Schauspieler. „Deshalb arbeite ich wahrscheinlich auch so viel. Das ist wie eine Droge.“
Nach so einem rauschhaften, 165 Minuten langen und ohne Pause gespielten „Hamlet“-Abend zum Beispiel sei es dann gar nicht so einfach, wieder auf Alltag umzuschalten.
„Mir hilft das Duschen im Theater extrem. Das ist wie ein Ritual“, sagt Eidinger. „Man muss natürlich duschen, weil man schwitzt und dreckig ist. Aber ich dusche dann viel länger als man normalerweise duscht. Das hilft, um runterzukommen.“
Mit seiner Paraderolle als Shakespeares „Hamlet“ feierte Eidinger im November ein besonderes Jubiläum: Zum 250. Mal stand er als Dänen-Prinz auf der Bühne - und der Ansturm auf Thomas Ostermeiers Inszenierung, die bereits in Moskau, Paris, Jerusalem und Istanbul gezeigt wurde, ist ungebrochen. Ende Januar fährt Eidinger mit dem Ensemble zu einem Gastspiel nach Teheran. In diesem Jahr wird Eidinger außerdem in drei internationalen Film- und TV-Produktionen zu sehen sein. In Russland stand er für Aleksey Uchitels Drama „Matilda“ als Zar Nikolaus II. vor der Kamera. In der BBC-Thrillerserie „SS-GB“ über die fiktive Besetzung Großbritanniens durch Hitlers Schergen spielt er einen Nazi. Und mit Hollywood-Schauspielerin Kristen Stewart, dem Star der „Twilight“-Reihe, drehte Eidinger gerade den in der Modewelt spielenden Geisterfilm „Personal Shopper“.
In der Spannung entspannen
Reizt Eidinger eine Karriere in Hollywood? „Wen würde das nicht reizen? Das ist immer der Sehnsuchtsort“, sagt er. „Jeder Schauspieler träumt davon, in Hollywood zu spielen und einen Oscar zu gewinnen. Wenn man Schauspielern wie Kristen Stewart begegnet, dann merkt man, dass die eben nicht „auch nur mit Wasser kochen“, sondern mit Pepsi“, meint der deutsche Star. US-amerikanische Schauspieler seien viel disziplinierter, viel besser vorbereitet. „Die kommen mit einer fertig erarbeiteten Figur ans Set“, sagt Eidinger. „Die meisten Schauspieler, die ich kenne, lernen ihren Text gerade einmal im Auto auf dem Weg zum Drehort.“
Eidinger wurde am 21. Januar 1976 im Westteil Berlins geboren. Sein Handwerk lernte er an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin. In Eidingers Schauspielklasse waren damals auch Nina Hoss, Devid Striesow und Fritzi Haberlandt. 1999 kam Eidinger als festes Ensemble-Mitglied an die Berliner Schaubühne - wo er bis heute engagiert ist. Sein Durchbruch auf der Kinoleinwand gelang Eidinger mit Maren Ades Beziehungsdrama „Alle anderen“ an der Seite von Birgit Minichmayr.
Es folgten der Endzeitfilm „Hell“ mit Hannah Herzsprung, das Depressionsdrama „Was bleibt“ mit Corinna Harfouch und „Die Wolken von Sils Maria“ an der Seite von Juliette Binoche. Zusammen mit seiner Frau, der Opernsängerin Ulrike Eidinger, und seiner neunjährigen Tochter lebt der Schauspieler in Berlin. Ein Typ fürs Relaxen ist er nicht. Sein Terminkalender ist prall gefüllt. „Ich kann mich am besten in der Spannung entspannen“, sagt Eidinger.