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Vor 25 Jahren spielte sich im Stuhrer Ratssaal der legendäre Sketch von Hape Kerkeling und Achim Hagemann ab Hurz!

Stuhr. Wir schreiben das Jahr 1991. Zwei dem Publikum noch unbekannte polnische Musiker betreten die Bühne des Stuhrer Rathauses.
12.06.2016, 00:00 Uhr
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Hurz!
Von Eike Wienbarg

Stuhr. Wir schreiben das Jahr 1991. Zwei dem Publikum noch unbekannte polnische Musiker betreten die Bühne des Stuhrer Rathauses. Es sind der Tenor Pjotr Stianek und der Pianist Miroslav Lemm, angeblich auf dem Weg zu einem großen Festival für Neue Musik. Beide sind im Frack gekleidet und mit wilden Frisuren und Bärten ausgestattet. Was folgt, hinterlässt einen Teil der Zuschauer ein wenig verstört. „Der Wolf, das Lamm“, singt Stianek in einer sehr expressiven Weise. Und dann folgt das Wort, das vielen Menschen noch bis heute in den Ohren klingt: Ein lautes „Hurz!“ schallt durch den Rathaussaal.

Was das Stuhrer Publikum damals nicht wusste: Hinter den Masken der beiden Künstler steckten die Comedians Hape Kerkeling und Achim Hagemann. Unfreiwillig waren sie in eine Aufzeichnung der Fernsehsendung „Total Normal“ von Radio Bremen geraten. „Wir suchten einen Saal, wo sowieso ein Konzert stattfand“, erinnert sich Achim Hagemann, der damals am Klavier saß, an die Suche nach einem geeigneten Ort. Und da kam der Konzertabend zum Thema Musik für Europa im Stuhrer Rathaus genau richtig. Dort war der Auftritt eines „kleinen regionalen Ensembles“, geplant, wie Edgar Wöltje, zu der Zeit zuständig für den Kulturbereich der Gemeinde Stuhr, erzählt. Ein Vorteil sei gewesen, dass im Ratssaal ein Flügel vorhanden war, sagt er weiter. „Den haben wir relativ schnell nach dem Bau des Rathauses angeschafft“, freut sich Wöltje über den glücklichen Zufall.

Über die genauen Details des Abends waren Wöltje und sein Team nicht informiert. „Wir wussten nur, dass Radio Bremen eine Veranstaltung aus dem Bereich Klassik brauchte“, berichtet Edgar Wöltje, der am legendären Abend aufgrund seines Geburtstages nicht vor Ort war. Die Präsenz des Fernsehens habe die damalige Veranstaltung schon beeinflusst, sagt er. Vor allem Auf- und Abbau hätten den Zeitplan durcheinander gebracht. Und auch die Anwesenheit von Kameras sei für das Publikum nicht alltäglich gewesen. „Wir haben öfter mit Radio Bremen zusammengearbeitet, aber da ging es vor allem um Tonaufnahmen“, erklärt Edgar Wöltje.

Dieses Problem war auch dem Team rund um Achim Hagemann, der die Idee für den Sketch hatte, bewusst. So wurde der Radio Bremen-Moderator Jürgen Koch engagiert, um die Einleitung zu schaffen. Das sei nötig gewesen, damit sich das Publikum frei zum Reden fühlte, berichtet Hagemann. Denn die eigentlichen Pointen des Sketches schaffte die Diskussion zwischen den vermeintlichen polnischen Künstlern und dem Stuhrer Publikum im Anschluss an die Präsentation. Die Reaktionen reichten von vagen Interpretationsversuchen bis hin zum vollkommenen Unverständnis. „Das war ideal“, sagt Hagemann rückblickend. „So was lässt sich nicht planen“, sagt der Künstler.

Um die passenden Reaktionen zu provozieren, mussten Kerkeling und Hagemann den Ausschnitt aus der angeblichen Oper des Komponisten Sebald Brüsge sechs Mal vorspielen, bevor sich die Zuhörer aus der Deckung trauten. „Das Publikum war sehr höflich“, sagt Achim Hagemann. Erst als einige Gäste genervter wurden, entstanden die Aufnahmen, die später in dem etwa sechsminütigen Beitrag für „Total Normal“ verarbeitet wurden. „Der Abend ist mir als absolut schräg in Erinnerung geblieben“, sagt Achim Hagemann mit einem Schmunzeln.

Dabei drohte der Abend schon vor Beginn zu scheitern. „Es gab eine kleine Panne“, verrät Achim Hagemann. Auf dem Weg nach Stuhr machten Hape Kerkeling und er eine Pause, um sich Schokoriegel zu kaufen. Schon in Verkleidung erkannte sie dabei die Verkäuferin und sagte: „Das ist bestimmt etwas für ,Total Normal‘.“ Da sei ihnen die Befürchtung gekommen, dass der Sketch abgebrochen werden muss, erzählt Hagemann. Trotz des Fauxpas zogen sie ihr Vorhaben durch. Und das mit Erfolg.

Problematisch wurde es allerdings noch einmal, als die Aufnahmen schon im vollen Gange waren. Auf den Bildern ist zu erkennen, dass Hape Kerkeling große Probleme hatte, nicht zu lachen. Auch Hagemann musste dagegen ankämpfen. „Wir haben den Sketch über mehrere Stunden im Proberaum getestet und trainiert, nicht zu lachen“, sagt er. „Das war ein wirklich hartes Training“, fügt Hagemann hinzu. Zu Ruhm gelangte neben dem Sketch, der bis heute noch in zahlreichen Wiederholungen gezeigt wird, aber auch ein anderes Detail des Rathaussaals. Der markante Vorhang vor den Fensterscheiben machte den Ort des Geschehens für viele erst erkenntlich. In der Aufzeichnung sei nie von Stuhr die Rede gewesen, sagt der ehemalige Kulturbeauftragte Edgar Wöltje. Am Vorhang erkannten spätere Gäste dann erst, dass es sich bei dem Saal um den Raum im Rathaus der Gemeinde handelte. Bis vor drei Jahren zierten die blau-karierten Gardinen noch den Rathaussaal. „Mittlerweile sind sie ausgetauscht“, sagt Wöltje schmunzelnd. Der Sketch allerdings hat den Vorhang überlebt.

„Sowas lässt sich nicht planen.“ Achim Hagemann
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